Garnet Lacey 05 - Das bisschen Flitterwochen
mir einen so scharfen Kerl zu angeln.
Und er schien mich wirklich zu lieben. Meistens jedenfalls.
Unser Streit war doch eigentlich albern gewesen, oder nicht? Da ich diejenige war, die jetzt im Krankenbett lag, konnte ich nun wirklich nicht leugnen, dass ich die Quittung für meinen Anteil am Drama bekommen hatte - falls es bei dem Streit überhaupt darum gegangen war.
Sebastian hatte natürlich recht, wenn er sagte, dass ich niemals nach unten zum Swimmingpool gegangen wäre, hätte Lilith nicht das Mobiliar zertrümmert. Dann wäre ich nicht allein am Pool gewesen, und keines der anschließenden Geschehnisse hätte sich jemals ereignet. Mehr denn je war ich der Meinung, dass Athena recht hatte: Ich musste Lilith loswerden.
Nur wie?
Vielleicht half ja eine kreative Visualisierung. Ich kam zu dem Schluss, dass ich meditieren musste. Als ich zu Sebastian sah, stellte ich fest, dass mein vampirischer Beschützer in einen leichten Schlaf gefallen war. Welche Ironie. Mein liebster Vampir war erschöpft, weil er die ganze Nacht kein Auge zugetan hatte.
Ich wusste, er schlief nicht allzu tief, da sein Körper nicht die Haltung eingenommen hatte, in der er gestorben war. Wenn es dazu kam, würde er wahrscheinlich vom Stuhl fallen und aufwachen.
Mit etwas Glück würde der Arzt bald zu mir kommen, um mich zu entlassen. Allerdings war es noch nicht mal sieben Uhr, und ich vermutete, dass ich noch einige Zeit warten musste, bis der Schichtwechsel beim Personal erfolgt war.
Das schien mir der richtige Zeitpunkt zu sein, um mich mit ein wenig leichter Magie zu befassen. Normalerweise ist es nicht empfehlenswert, Zauber zu wirken, wenn man krank oder verletzt ist, aber ich dachte mir nur: Was soll’s? War ich jemals vorsichtig, wenn es um Magie ging? Außerdem wollte ich ja bloß ein bisschen meditieren.
Athena hatte gesagt - na ja, eigentlich hatte sie es gefordert -, dass ich ihr ein Opfer schuldig sei. Sie wollte, dass ich Lilith loswurde.
Ich hielt das immer noch für eine gute Idee, doch ... tja, Lilith war schon so lange bei mir. Auf jeden Fall so lange, wie ich Sebastian kannte. Alles in allem hatte das Positive, Lilith in mir zu haben, stets schwerer gewogen als das Negative, SIE nicht zu haben. Das war eigentlich genau das Problem. Ich hatte bislang nie eine andere göttliche Option gehabt. Die Wahl war immer die gewesen, Lilith in mir zu tragen oder niemanden.
Athena stellte diese bislang fehlende Alternative dar. Ich musste also nicht völlig verzichten. Ich konnte die Königin der Hölle loswerden und doch immer noch auf eine Göttin zurückgreifen. Und diese Alternative fiel auch noch in die Abteilung »gut«.
Das größte Hindernis bestand also darin, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich eine Göttin vor die Tür setzen konnte, die ich nie richtig hereingebeten hatte. Musste ich einfach dreimal hintereinander singen: »Ich breche mit dir, ich breche mit dir, ich breche mit dir«?
Irgendwie hatte ich meine Zweifel, dass es so einfach sein würde. Vor allem weil Lilith und ich allmählich zusammenwuchsen, wenn man den Worten eines diebischen Gottes der amerikanischen Ureinwohner Glauben schenken wollte. Andererseits war er derselbe Kerl, der mir erzählt hatte, ich sei jetzt unsterblich, und das hatte ich ihm ebenfalls abgekauft. Das war auch noch so ein Problem: Was würde es für mich bedeuten, von Lilith getrennt zu sein? Würde ich damit meine Unsterblichkeit aufgeben? Oder sofort sterben?
Vielleicht sollte ich versuchen, Lilith auf der Astralebene zu erreichen, um SIE darum zu bitten, mich zu verlassen.
Hm, auch nicht so toll, weil ich verdammt schlecht darin war, mich von Leuten zu verabschieden.
Dennoch fand ich, es war einen Versuch wert.
Da ich weder Kerzen noch Weihrauch zur Hand hatte, um mich in die richtige Stimmung zu versetzen, konzentrierte ich mich auf einen kleinen Riss in der gegenüberliegenden Wand. Wenn ich meine Fantasie ein wenig spielen ließ, konnte ich sehen, dass er an eine Gebirgskette erinnerte. Ich atmete tief und gleichmäßig ein und aus, entspannte meine Schultern und ließ dann die Anspannung Stück für Stück aus meinem Körper weichen, bis ich an den Zehenspitzen angekommen war.
Vor meinem geistigen Auge nahm das schattenhafte Bild einer Gebirgsregion Gestalt an. Vielleicht lag es am momentanen Wetter, auf jeden Fall stellte ich mir vor, an einem heißen,
trockenen Ort zu stehen. Lilith war zuerst eine sumerische Göttin geworden, die dann von den Juden
Weitere Kostenlose Bücher