Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
Vom Netzwerk:
gemütlich.
    »Weiter so, Gris! Gut gemacht, Aube!«, murmelte er zufrieden, schloss die Augen und begann zu dösen.
    »Das ist ein Schaf!«, blökte Sir Ritchfield erleichtert.
    Die anderen trauten ihren Augen nicht.
    Und dann brach plötzlich noch etwas aus dem Wald, hoch und aufrecht, mit wirren Haaren und blitzenden Augen.
    »Ich glaub, mein Schwein pfeift!«, sagte Rebecca.
     
    Die Schafe waren zu erleichtert, um nach Rebeccas Schwein Ausschau zu halten. Oder sich darüber zu empören, dass Rebecca in der kurzen Zeit ohne sie schon ein Schwein angeschafft hatte. Ausgerechnet ein Schwein!
    Rebeccas Haare standen wild in alle Richtungen, ihre Wangen waren rot wie Apfel, und sie schimpfte nicht. Schweigend half sie Cloud aus der Schlinge, und schweigend packte sie Othello an den Hörnern. Niemand sonst hätte Othello an den Hörnern packen dürfen, nicht einmal der alte George. Aber Rebecca durfte. Dann ging es wieder durch den Wald, voran die Schäferin und Othello, die Herde im Schlepptau. Zurück, vermuteten die Schafe. Aber irgendwie kam ihnen das gar nicht so schlimm vor. Auf ihrer Weide gab es Kraftfutter und freien Himmel, den Heuschuppen und den Schäferwagen. Alles gute Dinge. Das Schwein würden sie schon wieder irgendwie loswerden. Und der Garou? Er war weit weg, irgendwo jenseits des schmalen Stegs, und die Schafe begannen, ihn sich als kleines, buntes Huhn vorzustellen.
    »Ein wunderbarer Ausflug!«, blökte Sir Ritchfield, und die meisten Schafe gaben ihm Recht.
    Nur Miss Maple machte keinen besonders zufriedenen Eindruck.
    »Woher kam die Schlinge?«, fragte sie Willow, die neben ihr trabte.
    »Und warum ist uns der fremde Widder gefolgt? Und wo ist Rebeccas Mütze? Und was wollte der Ziegenhirt? Und wo ist Zach?«
    Willow, das zweitschweigsamste Schaf der Herde, schwieg.
     

7
     
    Die Sonne stand hoch am Himmel, der Schnee glitzerte, und die Schafe warfen kurze, dicke Schatten - vor allem Mopple the Whale. Das angekündigte Schwein hatte sich bisher nicht blicken lassen, und auch vom Tierarzt war nichts zu sehen.
    Sie waren überrascht, wie friedlich ihnen ihre Weide nach der lauernden Stille des Waldes vorkam - selbst wenn noch immer irgendwo der Garou herumschlich. Selbst wenn Rebecca drinnen im Schäferwagen kreischte. Sogar die Ziegen schienen vernünftiger und das Wintergras weniger fade. Sie wünschten sich nur, Rebecca würde das Schäferwagenfenster schließen oder endlich ein bisschen Ruhe geben.
    »Krank!«, schimpfte Rebecca. »Das ist doch vollkommen krank! Was soll das denn? Was soll das? Kann mir bitte jemand sagen, was das soll?«
    Dann stand sie auf den Stufen des Schäferwagens, mit rotem Gesicht und etwas, das aussah wie ein Haufen roter Fetzen, in den Händen. Sie öffnete die Hände, und Rot regnete herab.
    »Da!«
    Rebecca starrte mit tränenglitzernden Augen auf die Fetzen im Schnee. Es sah beunruhigend so aus wie das, was der Garou mit dem Reh angestellt hatte.
    Mama steckte hinter Rebecca ihren Kopf aus der Schäferwagentür, seltsame bunte Röllchen im Haar.
    »Aber ich sage dir doch, ich war es nicht! Warum sollte denn ich... Denk doch mal nach! Zum Teufel, ich war doch gar nicht da!«
    »Wer soll es denn sonst gewesen sein?«, fauchte Rebecca.
    »Das...«, sagte Mama und zündete sich eine Zigarette an, »... das ist die Frage.«
    Sie zeigte mit der rauchenden Zigarettenhand in den Schnee. »Heb das auf, Kind. Das sieht vielleicht aus wie ein Haufen Lumpen, aber es sind Beweise. Und ob es das richtige Futter für deine Schafe ist, weiß ich auch nicht.«
    Die Schafe sahen böse zu ihr herüber. Futterfragen sollte die alte Frau gefälligst ihnen überlassen. Mopple hatte gerade den ersten Stofffetzen zwischen den Zähnen, und abgesehen von der Textur, die vielleicht ein bisschen zäh war, kam er ihm ganz vielversprechend vor.
    »Oh, shit!«, sagte Rebecca und hopste mit weiten Scheuchbewegungen von den Schäferwagenstufen. Mopple entkam mit einem zweiten Stoffstück im Maul, und die Schäferin machte sich daran, das Rot wieder aus dem Schnee zu lesen.
    Draußen am Weidezaun stapfte der Gärtner vorbei und sah neugierig zu ihnen herüber. Und als er das viele Rot sah, sah er wieder weg.
    »Da!« Wieder zeigte die rauchende Zigarettenhand, diesmal hinüber zu Schloss, Hof und Stallungen. »Dort musst du suchen. Ich wette meine Chaneltasche darauf, dass es einer von denen war!«
    »Wer?«, murmelte Rebecca. »Warum denn bloß? Und wann? Wann warst du denn

Weitere Kostenlose Bücher