Garp und wie er die Welt sah
Stück weiter, so dass Bennys Hintern ins Spülbecken hing; das Spülbecken
war voller Gläser, und das Wasser spritzte auf.
»Ich muss Sie bitten, sich nicht
auf die Bar zu setzen, Sir«, sagte der Barkeeper zu Benny.
»Sie Trottel, sehen Sie denn
nicht, dass der Kerl gewalttätig ist!«, sagte Benny. Garp war bereits auf dem
Weg nach draußen und überließ es dem Barkeeper, Benny Potter aus dem Spülbecken
zu hieven und ihm von der Bar herunterzuhelfen. »Dieser Hurensohn, mein Arsch
ist klatschnass!«, schrie Benny.
»Würden Sie sich bitte mäßigen,
Sir!«, sagte der Barkeeper.
»Meine Scheißbrieftasche ist
völlig aufgeweicht!«, quäkte Benny und hielt, während er sich den Hosenboden
auswrang, dem Barkeeper seine Brieftasche hin. »Garp!«, brüllte Benny, aber
Garp war weg. »Du hattest noch nie Sinn für Humor, Garp!«
Zugegeben, Garp war insbesondere
während seiner Zeit auf der Steering School ziemlich humorlos und vertrug,
zumindest was das Ringen und das Schreiben anging – seinen
Lieblingszeitvertreib und seine künftige Karriere – keinen Spaß.
»Woher weißt du, dass du
Schriftsteller wirst?«, fragte Cushie Percy ihn einmal.
Es war in Garps letztem Jahr, und
sie spazierten am Steering River entlang zu einer »Stelle«, die Cushie
angeblich [138] gut kannte. Sie war übers Wochenende aus Dibbs nach Hause
gekommen. Die Dibbs School war das fünfte Mädcheninternat, das Cushie besuchte;
angefangen hatte sie in Talbot, in Helens Klasse, wo sie jedoch wegen Verstößen
gegen die Schulordnung der Schule verwiesen worden war. Die Verstöße gegen die
Schulordnung hatten sich an drei anderen Schulen wiederholt. Bei den Jungen der
Steering School war die Dibbs School berühmt und beliebt wegen ihrer
undisziplinierten Mädchen.
Es war Flut, und Garp sah einen
Rennachter über das Wasser des Steering River gleiten; eine Seemöwe folgte ihm.
Cushie Percy nahm Garps Hand. Cushie hatte viele ausgeklügelte Methoden, um die
Zuneigung eines Jungen für sie zu testen. Viele Jungen von der Steering School
hätten sich gern mit Cushie eingelassen, aber die meisten von ihnen wollten
nicht gern dabei gesehen werden, wie sie ihr Zuneigung bewiesen. Garp, stellte
Cushie fest, war diesbezüglich unkompliziert. Er hielt ihre Hand richtig fest;
sicher, sie waren zusammen aufgewachsen, aber gute oder enge Freunde waren sie
deswegen noch lange nicht. Sofern Garp das Gleiche wollte wie alle anderen
Jungen, dachte Cushie, war es ihm wenigstens nicht peinlich, dabei gesehen zu
werden, und das rechnete ihm Cushie hoch an.
»Ich dachte, du wolltest Ringer
werden«, sagte Cushie zu Garp.
»Ich bin Ringer«, sagte Garp. »Ich will Schriftsteller werden.«
»Und du willst Helen Holm
heiraten«, neckte ihn Cushie.
»Schon möglich«, sagte Garp;
seine Hand erschlaffte. [139] Cushie wusste, dass dies – Helen Holm – ein weiteres
Thema war, bei dem er keinen Spaß verstand, und dass sie sich in Acht nehmen
musste.
Ein paar Jungen von Steering
kamen ihnen auf dem Uferweg entgegen; als sie vorbei waren, rief einer ihnen
hinterher: »Pass bloß auf, Garp!«
Cushie drückte seine Hand.
»Kümmer dich nicht um sie«, sagte sie.
»Tu ich auch nicht«, sagte Garp.
»Und worüber willst du
schreiben?«, fragte ihn Cushie.
»Ich weiß nicht«, sagte Garp.
Er wusste nicht einmal, ob er
aufs College gehen wollte. Einige Colleges im Mittelwesten hatten sich wegen
seines Ringens für ihn interessiert, und Ernie Holm hatte mehrere Briefe
geschrieben. Zwei hatten den Wunsch geäußert, ihn zu sehen, und Garp war
hingefahren. In ihren Ringerräumen war er sich weniger deklassiert als deplatziert vorgekommen. Die Ringer dort schienen ihn
unbedingt schlagen zu wollen, was er von sich nicht behaupten konnte. Aber ein
College hatte ihm ein vorsichtiges Angebot gemacht – ein bisschen Geld und
keine Versprechungen über das erste Jahr hinaus. Ziemlich fair gegenüber
jemandem, der aus Neuengland kam. Aber das hatte Ernie Holm ihm schon erzählt.
»Mit dem Sport ist es da draußen etwas anderes, mein Junge. Ich meine, du hast
die Fähigkeit – und du hast auch die Ausbildung gehabt, wenn ich das sagen
darf. Was du nicht gehabt hast, ist Konkurrenz. Und darauf musst du richtig
scharf sein, Garp. Du musst das wirklich wollen, verstehst du?«
Als Garp Tinch gefragt hatte,
welches College er ihm [140] wegen des Schreibens empfehlen würde, schien Tinch völlig ratlos. »Auf ein g-g-gutes College, nehme
ich an«, sagte er. »Aber
Weitere Kostenlose Bücher