Garten des Lebens
geschäftsmäßigeren Ton anzuschlagen, fügte er hinzu: “Ich werde dir gleich morgen früh einen Unfallbericht auf den Schreibtisch legen.”
“Danke.” Carolyn wandte sich ihm zu. “Wenn du Dave siehst, bevor ich ihn treffe, sagst du ihm dann, dass ich gern mit ihm sprechen würde?”
“Na klar!”, erwiderte Jim lächelnd.
Carolyn beschloss, doch noch eine Weile im Büro zu bleiben. Nach dem Vertragsabschluss war Carolyn in Hochstimmung gewesen, aber dieser Unfall hatte sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Gedankenverloren ging sie neben Jim, als er unvermittelt sagte: “Ich habe Dave beobachtet, und ich bewundere seine Arbeitseinstellung.”
“Das tue ich auch.” Carolyn verschwieg, dass ihr eigener Garten seit Jahren nicht mehr so gut und gepflegt ausgesehen hatte.
“Ich habe ihm einen Job angeboten.”
Darüber hatte auch Carolyn bereits nachgedacht. Sie war dankbar, dass Dave so schnell gehandelt und damit Gradys Leben gerettet hatte. Seine Entschlossenheit und sein Einsatz machten ihn zu einem wertvollen Mitarbeiter für ihr Sägewerk. Was auch immer sie in seine Ausbildung investieren müsste – er war es wert.
“Er hat abgelehnt”, fuhr Jim fort, “er hat sich bedankt, aber er sei mit seinem jetzigen Job sehr zufrieden. Ich habe ihm gesagt, wie viel er verdienen würde, und das ist sicher mehr als sein jetziges Einkommen, aber der Mann war nicht interessiert.”
Carolyn wusste nicht, ob sie enttäuscht sein sollte oder dankbar dafür, dass er ihrem Garten erhalten blieb. Auf jeden Fall überraschte es sie, dass er ein Jobangebot, das ihm ein höheres Gehalt sichern würde, so einfach ausschlug.
Sie zuckte die Schultern. “Es ist seine Entscheidung.”
“Ich denke, er zieht viel im Land herum”, sagte Jim. “Ich habe ihn gefragt, woher er kommt, und er erzählte mir, er habe in Kalifornien gelebt. Davor wohnte er in Arizona. Und eine Zeit lang hat er in Yakima Früchte geerntet. Ich kenne Männer wie ihn. Sie lassen sich nirgends nieder, schlagen keine Wurzeln.”
Carolyn nickte und atmete tief durch. Der herbe Duft von Gelbkiefer und Fichte wehte durch die Luft. Als Kind hatte sie den Geruch geliebt, der an den Kleidern ihres Vaters hing. Heute trugen ihre Kleider denselben holzigen Duft. Für sie war dieser Duft verführerischer als jedes noch so ausgefallene Parfum.
Carolyn und Jim bogen gerade um die Ecke, als der Signalton erklang, der das Ende des Arbeitstages verkündete. Um sie herum wurden die Maschinen abgestellt, und innerhalb weniger Minuten leerten sich die Gebäude und der Hof. Dann schlenderten die Arbeiter mit ihren Lunchboxen in der Hand an ihnen vorbei. Sie genoss das Gemurmel und Gelächter der Männer und die Tatsache, dass viele von ihnen ihr zunickten oder winkten.
Carolyn verbrachte noch eine Stunde in der Firma, las ihre E-Mails und telefonierte mit Gloria und dem Krankenhaus, um mehr über Gradys Zustand zu erfahren. Dann schaltete sie den Computer aus und machte sich auf den Weg nach Hause.
Als sie die lange Auffahrt hinauffuhr, sah sie vor ihrem Haus den Truck des Gärtners. Die Ladefläche war mit Rindenmulch gefüllt, den Dave Langevin nun auf den Blumenbeeten verteilte. Carolyn freute sich, ihn zu sehen.
Sie parkte in der Garage, stieg aus dem Wagen und ging zu ihm hinüber.
Dave war ein Mann im besten Alter, dunkelhaarig, mit starken schwieligen Händen und tief liegenden dunklen Augen. Er trug schlichte Arbeitskleidung, und ein großer Strohhut beschattete sein Gesicht. Als sie näher kam, stieß er die Schaufel in die Erde und lehnte sich auf den Stiel.
“Ich wusste gar nicht, dass Sie herkommen wollten”, sagte sie.
Er fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn. “Ihre Haushälterin sagte mir, Sie hätten heute Abend Gäste zum Abendessen, da wollte ich vorher noch schnell die Beete fertig machen.”
Das war wirklich sehr umsichtig von ihm – so viel Einsatz verblüffte Carolyn. “Danke”, sagte sie schlicht und fühlte sich ein bisschen unbehaglich. “Und danke für die Hilfe, die Sie heute Nachmittag im Sägewerk geleistet haben. Jim hat mir erzählt, was Sie getan haben.”
Dave schien beinahe ein bisschen verlegen zu werden. “Das war keine große Sache”, murmelte er.
“Das sieht Grady vermutlich anders. Jim sagte, Sie hätten ihm das Leben gerettet.”
Dave starrte auf den Boden. Dann zog er die Schaufel aus der Erde. “Ich sollte besser weiterarbeiten”, sagte er knapp.
“Das verstehe ich. Aber
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