Garten des Lebens
so viel Geld nehmen sollen?”
“Das weiß ich nicht.”
Ihre Mutter seufzte. “Er hatte ein Händchen für Gelddinge. Er war ein so intelligenter Mann.”
Susannah war im Augenblick nicht in der Stimmung, Lobeshymnen auf ihren Vater anzustimmen. “Es war hinterhältig und grausam … ich hasse Dad dafür.”
“Aber, Susannah …”
Die Verzweiflung in ihrer Stimme schien zu ihrer Mutter durchgedrungen zu sein. Vivian nahm die Beine von ihrem Sessel und beugte sich zu Susannah vor. Sie streckte ihre Hand aus. “Du bist aufgebracht.”
“Ja, ich bin sogar sehr aufgebracht.”
“Aber alles hat sich doch zum Guten gewendet. Du hast Joe geheiratet, und du hast zwei wundervolle Kinder. Du und Joe, ihr seid ein so schönes Paar und seid so gut zurechtgekommen.”
“Ja, das weiß ich, aber ich hätte auch ein schönes Leben mit Jake an meiner Seite haben können. Ich habe ihn geliebt, Mom, und es bringt mich fast um, dass Dad unser Leben so manipuliert hat.” Sie wollte, dass ihre Mutter verstand, worum es ihr ging, warum es ihr so wichtig war. Ja, sie hatte einen Ehemann und eine Familie – einen Ehemann und eine Familie, die sie liebte –, doch sie würde nie erfahren, was sie mit Jake zusammen erlebt hätte. Sie hatte den Weg zu Joe genommen, weil der Weg, den sie hatte nehmen wollen, der Weg zu Jake, für sie geschlossen worden war. Von ihrem Vater.
“Oh, mein Schatz, glaubst du, dass ich damit etwas zu tun hatte?”, fragte Vivian und beantwortete ihre Frage im nächsten Moment selbst. “Ich weiß es nicht … es könnte sein, aber ich muss sagen, dass mir die ganze Angelegenheit überhaupt nicht bekannt vorkommt. Und es ist schon so viele Jahre her.”
Susannah spürte Übelkeit in sich aufsteigen.
“Ich sage dir was, mein Schatz”, fuhr ihre Mutter mit äußerster Ernsthaftigkeit fort. “Ich werde mit deinem Vater sprechen, wenn er das nächste Mal zu mir kommt.”
“Mom …”
“George wird sich bestimmt erinnern. Er hat sich jede Kleinigkeit merken können. Er wird sich erinnern, und wenn er es mir erklärt, werde ich es dich wissen lassen.”
Susannah wollte weinen.
18. KAPITEL
G egen neun Uhr war Chrissie noch immer nicht zurück, und Susannah begann allmählich, sich Sorgen zu machen. Sie rief zu Hause an, doch auch Joe und Brian waren von ihrem Angelausflug noch nicht zurückgekehrt. Nicht, dass Joe irgendetwas hätte tun können, selbst wenn er zu Hause gewesen wäre. Je länger sie im Haus auf und ab lief und sich Sorgen machte, desto wütender wurde sie. Diese Verabredung, zu der Chrissie heute aufgebrochen war, war als Nachmittagsausflug zum See angekündigt worden.
Trotzdem – Chrissie war beinahe erwachsen, und Susannah hatte keine andere Wahl, als sie ihre eigenen Entscheidungen treffen zu lassen. Dennoch hatte Susannah bei dieser Sache ein ungutes Gefühl.
Gegen halb zehn rief sie Carolyn an. Es war nicht nur Chrissie, über die sie sprechen wollte. Es war auch der Brief, den sie an diesem Nachmittag im Schreibtisch ihres Vaters gefunden hatte. Sie brauchte eine Freundin, brauchte jemanden, der ihr zuhörte und sie verstand.
Carolyn war noch vor dem zweiten Klingeln am Apparat.
“Störe ich gerade?”, fragte Susannah.
“Nicht wirklich, wieso?”
“Kannst du mich im
He's Not Here
treffen? Ich muss mit jemandem reden.”
“Sicher.”
Susannah war froh, jemanden zu haben, der, ohne zu zögern, sofort für sie da war, wenn sie Hilfe brauchte. Sie legte den Hörer auf und griff nach ihrer Handtasche und den Wagenschlüsseln. Wenn Chrissie zurückkommen sollte, während sie nicht zu Hause war, fein. Vielleicht wäre es nicht schlecht, wenn sich zur Abwechslung ihre Tochter mal Sorgen um sie machte.
Der Parkplatz vor der Kneipe war fast leer. Susannah setzte sich in eine Nische und bestellte eine Diätcola, während sie auf Carolyn wartete, die nur wenige Minuten nach ihr auftauchte. Sie ließ sich auf den Sitz gegenüber von Susannah fallen.
“Was ist los?”, fragte sie geradeheraus.
Susannah zog den Brief aus ihrer Tasche und erklärte so knapp wie möglich, worum es in dem Papier ging. Schließlich fügte sie hinzu: “Ich bin zu Mom gefahren, um herauszufinden, ob sie etwas darüber weiß.”
“Und?”
Susannah seufzte. “Wenn sie jemals etwas wusste, dann hat sie es mittlerweile vergessen.” Immer mehr wurde Susannah klar, dass Vivian in ihrer eigenen kleinen Welt lebte und zunehmend Schwierigkeiten hatte, Realität und Einbildung zu
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