Garten des Lebens
so schlecht behandelt hatte.
“Nein. Ich will dich nur an eines erinnern”, sagte Carolyn, lehnte sich zurück und nahm einen Schluck von ihrem Wein. “Erinnere dich an die Zeit in Frankreich.”
“Wie sollte ich das je vergessen? In dem Jahr änderte sich mein Leben.”
“Ich weiß noch, wie du auf einen Brief von Jake gewartet hast – jeden Tag. Wochenlang hast du ihn verteidigt und Erklärungen gesucht, warum er nicht geschrieben hat. Nach einer Weile hast du nicht mehr von ihm gesprochen. Es schien, als sei es dir egal.”
“Natürlich war er mir immer noch wichtig. Aber ich war mit anderen Dingen beschäftigt.”
Carolyn nickte. “Doug.”
“Ich hatte meinen Bruder verloren, und nichts von Jake zu hören war in dem Moment nicht mehr so wichtig. Doch als ich nach Hause zurückkehrte, habe ich mich nach ihm erkundigt. Ohne Erfolg. Jetzt weiß ich auch, warum.”
Carolyn schwieg wieder. Mit einem Mal schüttelte sie den Kopf, als wolle sie unliebsame Erinnerungen verscheuchen. “Wir stehen immer noch unter dem Einfluss der Unterhaltung, die wir neulich mit Sandy, Yvette und Lisa hatten.”
“Beide?” Susannah hob die Augenbrauen.
“Ich … ich habe mich entschieden, meine Blumenbeete zu Hause ein bisschen zu vergrößern.” Ihre Freundin errötete, als sie sprach.
“Und du hast diesen einen besonderen Gärtner dafür im Auge”, endete Susannah.
Carolyn starrte in ihr Weinglas. “Er kommt morgen Nachmittag vorbei und gibt mir einen Kostenvoranschlag. Ich weiß, dass es zu offensichtlich ist, Susannah, aber ich kann einfach an nichts anderes mehr denken als an ihn. Es fing alles mit einer dummen kleinen Unterhaltung an, und jetzt frage ich mich, wo das alles enden wird – für dich
und
für mich.”
Auch Susannah stellte sich diese Frage. “Ich weiß nur, dass Jake schon meine Gedanken beherrschte, bevor ich wusste, was Dad getan hat. Ich bin entschlossen, ihn zu finden, nur … nur …”
“Was?”
Susannah seufzte. “Ich habe keinen Computer hier.”
“Aber ich”, erwiderte Carolyn, als sei es selbstverständlich, dass sie half. “Fahr mit mir nach Hause. Ich werde ein paar Suchmaschinen anwählen, und dann sehen wir mal, wie weit wir kommen.”
Eine Welle der Hoffnung und der Kraft durchflutete Susannah. In der letzten Nacht hatte sie nicht besonders gut geschlafen. Die Geschichte mit ihrem Vater, das Gespräch mit ihrer Mutter an diesem Nachmittag hatten sie ausgelaugt. Und ihre Sorge um Chrissie erleichterte die Situation nicht gerade.
“Du willst das jetzt tun?”
“Ich wüsste nicht, warum wir warten sollten”, entgegnete Carolyn. “Ich bin sowieso eher ein Nachtmensch.”
Sie zahlten ihre Getränke und gingen zum Parkplatz. Susannah folgte Carolyn die schmale Straße zu ihrem Haus hinunter. Die Nacht war dunkel, Mond und Sterne lagen hinter dichten Wolken verborgen. Die Verandalampe verströmte ein warmes, einladendes Licht.
Als sie vor dem Haus der Freundin standen, öffnete Carolyn die Tür und schaltete die Alarmanlage ab. Sie führte Susannah hinein und brachte sie zu einem der hinteren Räume, in dem sie ein Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Sobald sie das Licht angeschaltet hatte, setzte sie sich auf ihren Bürostuhl und schaltete den Rechner an. Nach wenigen Minuten war sie im Internet und benutzte die Suchmaschinen mit einer Routine, die deutlich machte, dass Carolyn regelmäßig mit Computern arbeitete.
Obwohl Susannah in der Schule ebenfalls Zugang zu einem Computer hatte, war sie selten online. Zu Hause hatten sie nur einen Rechner, und den benutzte meistens Brian. Für Susannah war der Computer ein Arbeitsgerät, und sie hatte weder Zeit noch Muße, um sich mit seinen zahllosen technischen Möglichkeiten auseinanderzusetzen.
Susannah zog einen zweiten Stuhl an den Schreibtisch und setzte sich neben Carolyn. Sie war mehr als froh, dass ihre Freundin die Arbeit übernahm.
Nach ein paar Minuten lehnte Carolyn sich mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen zurück. “Bingo.”
“Hast du ihn gefunden?” War es wirklich so einfach, jemanden aufzuspüren?
“Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber sagtest du nicht, dass sein Vater Allan hieß?”
Susannah nickte.
“Hier habe ich einen Jacob Allan Presley gefunden. Das klingt doch vielversprechend, oder?”
“Sehr vielversprechend.” Susannah konnte sich nicht mehr an Jakes zweiten Vornamen erinnern, aber es schien logisch, dass er den Namen seines Vaters trug.
Carolyns Lächeln
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