Garten des Lebens
Familie passierte. Sie ließ den Ring durch ihre Finger gleiten. Es schien, als würde sich die Ehe ihrer Eltern vor ihren Augen auflösen. Schon in dem Moment, als sie vom College nach Hause zurückkehrte, hatte sie gespürt, dass es zwischen ihrer Mom und ihrem Dad nicht besonders gut lief.
Und nun war ihre Mutter offenbar besessen von diesem Typen, den sie von der Schule kannte. Jake beherrschte von morgens bis abends ununterbrochen ihre Gedanken. Das war offensichtlich. In den letzten Tagen war im Haus nichts mehr passiert, weil ihre Mutter zu beschäftigt damit war, ihren Highschool-Freund zu finden. Und ständig telefonierte sie deswegen mit dieser Carolyn Soundso – die Chrissie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte.
Dabei konnte Chrissie sich nicht andauernd Sorgen um ihre Eltern machen – sie hatte selbst genügend Probleme. Troy war aufregend und amüsant und, wie sie sich eingestehen musste, gefährlich. Beinahe jeden Nachmittag fuhr sie mit ihm nach Spokane, weil er dort irgendwelche Geschäfte zu erledigen hatte. Zwar fragte sie ihn nicht, worum es bei diesen Dingen ging, aber sie hatte eine Ahnung. Er ließ sie im Auto zurück, während er in das “Haus eines Freundes” ging. Diese Besuche dauerten nie länger als fünf Minuten, und dann fuhren sie zurück nach Colville. Manchmal hielten sie beim Loon Lake an, um schwimmen zu gehen. Und einmal hatte er ihr in einer Eisdiele neben einer Videothek ein Eis spendiert.
In Colville verbrachten sie ihre Zeit meistens bei seinen Kumpeln. Diese Typen waren nicht die Menschen, die ein College besuchten. Wenn ihre Mutter über Troys Freunde Bescheid wüsste, würde sie durchdrehen.
Chrissies Miene erhellte sich, als sie seinen alten Truck die Straße hinaufkommen hörte. Sie verließ die Veranda und wartete am Bordstein, als er seinen Wagen zum Stehen brachte.
“Hi.” Er lehnte sich, auf seinen Ellbogen gestützt, aus dem Fenster und schenkte ihr ein Lächeln. “Na, wie geht's?”
Chrissie zuckte die Schultern. “Ganz okay.”
“Hast du Lust auf einen Ausflug?”, fragte er, sicher, dass sie Ja sagen würde.
“Klar.” Sie ging um den Truck herum und stieg ein.
“Willst du nicht deine Tasche holen?”
“Werde ich sie denn brauchen?”
“Nein, aber ich habe noch nie eine Frau gesehen, die ohne ihre Handtasche irgendwo hingegangen wäre.”
Das Problem war, dass Chrissie nicht ins Haus zurückkehren wollte. Wenn ihre Mutter sie mit Troy sah, würde sie wissen wollen, wohin sie fahren und wann sie zurück sein würden. Chrissie konnte auf diese Art von Ausfragerei gut und gerne verzichten.
“Ich brauche sie nicht. Lass uns losfahren.”
Troy antwortete mit einem heiseren Lachen und legte seine Hand auf den nackten Oberschenkel ihres linken Beines, wobei er seine Finger unter den Saum ihrer Shorts schob. Sie hielt ihn nicht zurück.
“Fahren wir nach Spokane?”, fragte sie.
“Heute nicht.”
“Wohin dann?”
“Warst du schon mal in Northport?”
“Nein.” Chrissie hatte schon von der kleinen Stadt nahe der kanadischen Grenze gehört. Nun würde sie sie sehen.
“Das wird ein Spaß.”
Chrissie lehnte ihren Kopf an seine Schulter. “Mit dir macht doch alles Spaß.”
Troy nahm seine Hand von ihrem Bein, legte den Gang ein, und sie fuhren los. Normalerweise drehte er den Lautstärkeregler seiner Anlage voll auf. Doch an diesem Nachmittag schien er Chrissies Stimmung zu spüren und stellte die Musik etwas leiser.
“Was ist los?”, fragte Troy, als sie die Stadt hinter sich gelassen hatten. “Nervt dich deine Mutter schon wieder meinetwegen?”
Chrissie schüttelte den Kopf. “Was würdest du davon halten, wenn ich nach Colville zöge?”, fragte sie und blickte ihn lauernd an. Sie konnte sich nicht vorstellen, nach diesem Sommer einfach wieder zum College zurückzukehren. Sie wollte Jason nicht begegnen, und zum Studieren hatte sie auch keine Lust. Hierherzuziehen wäre sinnvoll. Ihre Großmutter brauchte sie, und außerdem würden sie dann nicht den Druck haben, das Haus innerhalb von wenigen Wochen leer räumen zu müssen. Sie könnte hier leben und sich um alles kümmern.
Außerdem hatte sie nie zuvor eine Beziehung wie diese gehabt. Mit Troy zusammen war das Leben eine einzige Party, und sie genoss jede Sekunde.
“Willst du mit mir zusammenwohnen?”, fragte er.
Das würde ihre Eltern definitiv auf die Palme bringen. “Ich werde darüber nachdenken”, sagte sie, war sich jedoch jetzt schon sicher, dass ihre
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