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Gartengeschichten

Gartengeschichten

Titel: Gartengeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Demski
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zum Beispiel hat die dicksten Hortensien. Das sind so disziplinierte Blumen, deswegen dürfen sie fast als einzige in die öffentlichen Vorgärten. Hortensien und Rhododendren – beide brauchen nur eine eigene Wasserleitung.
    Banken stellen auch gern irgendein teures Kunstwerk in ihre Vorgärten, das gibt einen guten Fotohintergrund. Manchmal – ich weiß nicht, ob das bewußt geschieht – verwandeln öffentliche Institutionen ihre Vorgärten in eine Art Privatarmee: Buchs, Liguster, Taxus und was sich sonst noch gut in Form schneiden läßt, marschiert bodyguardgleich in Männleinform auf, dicht bei dicht. Wenn das schon sein muß, ein Rat: Am militantesten wirkt der kleinnadelige Taxus adpressa, wegen seiner Farbe. Seine Nadeln, die nur etwa einen Zentimeter lang werden, bilden eine ganz dichte Oberfläche. Das gibt ihm etwas Unüberwindliches.
    Natürlich sind Gärten Moden unterworfen, und es stellt sich heraus, daß das Strenge, Grade, Geometrische von Stadtgestaltern nicht nur in der Vertikalen geliebt, ja, als einzig akzeptable ästhetische Lösung geduldet wird. Haben Sie schon mal das Gesicht eines Architekten gesehen, dem man sagt, man finde ein Hundertwasserhaus hübsch? Auch Vorgärten sollen sich nicht als Tröster und Milderer der scharfen Linien aufspielen dürfen. Und so werden von den Baumschulen Bäume angeboten, die den bei Modellen benutzten Architektenbäumchen aufs Blatt gleichen. Platanen sind zum Beispiel prima. Weil man sie alljährlich zum Krüppel schneiden darf, geraten sie schön kugelig. Hortensie, Buchs und Platane. Kugel und Quader. Damit kann ästhetisch nichtsschiefgehen, nichts Unvorhergesehenes verstört die Blicke. Am allersichersten ist es, wenn man den ganzen Eingangsbereich öffentlicher Gebäude mit Travertinplatten sichert und nur ab und zu eine wegläßt. Was dann da rauskommt, wächst zwangsläufig viereckig.
    Es wäre schön, wenn die Vorgärten öffentlicher Gebäude so gestaltet würden, daß sie dem Besucher vermitteln, es werde drinnen schon alles nicht so schlimm werden. Wenn ihnen Gärtner zugestanden würden, die ihre Phantasie spielen lassen dürften. Ein Mohnfeld, prachtvoll rot, rosa und weiß vor dem Polizeipräsidium – wäre das nicht ein Traum?
    Private Vorgärten kann man lesen – nicht wie Bücher oder Zeitungen, Vorgärten sind kurze Mitteilungen, etwa wie Postkarten. Es steht doch mehr drauf als auf der eingangs erwähnten Visitenkarte. Manchmal sind auf kleinstem Raum ziemlich viele Informationen über den dahinterwohnenden Gärtner oder die Gärtnerin zu finden. Vor allem dann, wenn die Häuser einander so ähnlich sind, wie es die Architekten der Zwanziger gewollt und alle anderen ihnen dann nachgemacht haben. In diesen Gegenden ist es spannender, Vorgärten zu studieren als in den Villenvororten, in denen ein geübter Blick den beauftragten Gartenarchitekten an Pflanzenauswahl und Aufteilung erkennt.
    Zwei Häuserreihen in einer mittleren Wohngegend, es sind kleine Häuser, kleine Gärten, eine schmale Straße trennt sie. Drei der fugenlos aneinandergebauten Häuschen verstecken sich hinter buschigen Hecken, wie Männer hinter Vollbärten. Zwei haben keinen Zaun, sie scheinen jeden einzuladen, die Miniaturwiese zu betreten und den Busch in der Mitte zu bewundern. Eins hat einen Rosenbusch, das andere so ein asiatisch frisiertes Gewächs, das wie das Atomium aussieht, grüne Knubbel, die durch dünne Äste verbunden sind. Es istmutig und zeugt von Freundlichkeit gegen Mensch und Tier, den Garten so offen zu lassen. Die Rose ist eine schön gezogene Säule mit Hunderten kleiner rosaweißen Blüten, eine Rambler, sie heißt Blushing Bride. Das bizarre Bäumchen sieht nach Urlaubsmitbringsel aus, es kann natürlich auch hier gekauft und dann geduldig-sehnsüchtig auf thailändisch getrimmt worden sein. Die beiden Gärten liegen nicht nebeneinander, und dadurch, daß die jeweils fehlenden Zaunstücke nur sehr kurz sind, hat man erst den Eindruck, da sei ein Auto reingefahren. Daß eine wohlüberlegte Entscheidung dahintersteht, aus der Reihe der Geschützten heraus sich lieber schutzlos zeigen zu wollen, erschließt sich erst bei näherem Hinschauen. Die Grenze zwischen Gehsteig und Vorgarten ist bei dem einen durch Alyssum gemildert, das sich wie ein Pelzkrägelchen zwischen Stein und Erde gelegt hat. Bei dem thailändisch inspirierten Vorgarten übernimmt ein weißgeränderter Efeu die Rolle. Ein anderes dieser Schaufenstergärtchen müßte man im

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