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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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das ist mein Kollege Bernhard Hinterhuber.« Franca bemühte sich um einen verbindlichen Tonfall.
    Die Kleine wurde zunehmend unsicher. »Kripo?« Ihr Lidschlag flatterte. Francas Blick huschte über ihre dürre Gestalt. Die Jeans saßen knapp auf ihren Hüften und waren zerschlissen und durchlöchert, wie es modern war. Das T-Shirt bedeckte kaum den Bauchnabel.
    »Dürften wir jetzt reinkommen?« Franca steckte ihren Ausweis wieder weg.
    »Ich weiß nicht.« Das Mädchen blieb unschlüssig in der Tür stehen und drehte kurz den Kopf nach hinten.
    »Es geht um Ihren Bruder.«
    »Mario?« Sie zog die dunklen Brauen zusammen. »Hat er was ausgefressen? Oder was …« Sie stoppte, als ob sie Angst hätte, weiterzureden.
    »Das würden wir gern drinnen besprechen.«
    »Nein. Ich lass niemand rein«, sagte sie bestimmt. Aber der Zwiespalt, in dem sie sich offensichtlich befand, spiegelte sich in ihrem Gesicht. »Es geht wirklich nicht«, wiederholte sie nachdrücklich.
    »Dann sagen Sie uns, wo wir Ihre Eltern finden.«
    »Sie können ruhig du zu mir sagen. Ich bin erst sechzehn.« Sie trat von einem Bein auf das andere. »Eltern hab ich keine. Nur eine Mutter. Die arbeitet bei einer Reinigungsfirma. Ich glaube, jetzt gerade sind sie bei Bergemann. Ein Bürogebäude unten am Hafen.«
    »Sagst du uns deinen Namen?«
    »Gianna«, sagte das Mädchen.
    Franca hörte den italienischen Tonfall und horchte auf. »Wie Gianna Nannini?«
    Das Mädchen sah sie missbilligend an. »Mein Vater war Italiener«, sagte sie mit zusammengekniffenen Augen. »Viel mehr als diesen blöden Namen hat er mir nicht hinterlassen.«
    Diesmal gelang es ihr, die Tür zuzuknallen.
    »Na, das ist doch wohl …« Hinterhuber ging einen Schritt vor und hämmerte an die Tür. »So ein freches Luder.«
    »Komm, lass mal«, lenkte Franca ein. »Sie hat uns doch gesagt, was wir wissen wollten.«
     

7
    Es ist dunkel, und sie haben ein Feuer gemacht. Das Mädchen liebt Lagerfeuer, und es mag es, wenn die verbrennenden Zweige knacken und Funken sprühen. Mutter legt die Hand auf den Arm des Mannes neben ihr und fordert ihn auf, Gitarre zu spielen.
    »Nur wenn du dazu singst, Patti«, sagt er. »Aber erst muss Davinas Würstchen fertig werden.« Wie ein Cowboy im Film hat der Mann ein Würstchen auf einen Haselnusszweig gespießt, den er ins Feuer hält und stetig dreht. Davina mag den Mann nicht. Er ist groß und bullig und hat nur wenige Stoppelhaare. Sie findet ihn hässlich.
    Mama hat ihren Kopf an die breite Schulter des hässlichen Mannes gelegt. Der Widerschein des Feuers beleuchtet ihr Gesicht. Davina hätte lieber allein mit ihr hier am Lagerfeuer gesessen.
    »So. Ein Würstchen für die Zigeunerprinzessin.«
    Davina zuckt zusammen. Was bildet der sich bloß ein? Zigeunerprinzessin. So darf nur Mama sie nennen.
    »Na, was ist? Willst du es nicht nehmen?« Der Mann hält Davina den Haselnusszweig hin.
    Sie nimmt ihn entgegen und lässt ihn sofort mitsamt dem Würstchen fallen. »Upps«, sagte sie und sieht den Mann mit bedauernder Miene an. »Das Würstchen ist mir runtergefallen.«
    »Du bist aber auch ungeschickt«, schimpft der Mann. Das Gesicht, das er dabei macht, lässt ihn noch hässlicher wirken.
    »Was regst du dich auf, Heiner«, sagt ihre Mutter mit leicht belegter Stimme und streicht mit fahrigen Bewegungen ihre Locken zurück. »Du kannst ihr doch ein neues braten.« Dann lacht sie giggelnd. So lacht sie, wenn sie getrunken hat. Vielleicht kommt es auch von den Tabletten, die sie in ihrem Nachtschränkchen hortet. Davina hat ein paar Mal beobachtet, wie sie ins Schlafzimmer ging und ins Nachtschränkchen griff. Dorthin, wo die Tabletten lagen.
    »Ich hab keinen Hunger«, sagt Davina.
    »Du hast doch noch gar nichts gegessen«, erwidert ihre Mutter und spießt mit unsicherer Hand erneut ein Würstchen auf einen Stecken, den sie ins Feuer hält. »Du musst essen, damit du groß und stark wirst.«
    »So wie deine Mama.« Der Mann lacht. Es ist ein falsches Lachen. Davina hört es genau.
    Fett trieft und läuft zischend ins Feuer. Es dauert nicht lang, und das Würstchen hat eine braune, fast schwarz verbrannte Kruste. »Nun iss schon.«
    Gehorsam nimmt Davina das Würstchen entgegen und beißt ein Stück ab. Es ist so heiß, dass sie sich die Zunge daran verbrennt.
    Der Mann nimmt die Gitarre und spielt ein Lied. Mama beginnt zu singen. Sie werfen sich Blicke zu und achten nicht mehr auf Davina, die neben ihnen sitzt und ins Feuer starrt.

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