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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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sich ein Junge in der Ausbildung und mit einem – nun, sagen wir mal – sozial schwachen familiären Hintergrund so was leisten kann. Hast du da eine Erklärung?«
    »Auf seine Kleidung hat er immer großen Wert gelegt. Woher er das Geld hatte, darüber kann man natürlich spekulieren.«
    Oliver kam mit einem Tablett zurück, auf dem gefüllte Tassen sowie Milch und Zucker standen. »Ich hab noch einen Früchtetee-Beutel gefunden, wenn’s recht ist«, sagte er zu Hinterhuber.
    »Danke, das ist nett.« Hinterhuber nahm die Tasse mit dem Teebeutel vom Tablett.
    Franca rührte ein wenig Milch in ihren Kaffee und nahm einen Schluck. Der Kaffee war stark. Genau das, was sie jetzt brauchte.
    »Und Dealen mit Heroin würdest du Mario zutrauen?«, nahm Franca das Gespräch wieder auf.
    Marie zuckte die Schultern. »Die Pac in seinen Socken sprechen doch dafür, oder?«
    »Es gibt noch einen Aspekt, den wir angedacht haben«, sagte Hinterhuber. »Könnte Mario was mit der Homosexuellenszene zu tun haben?«
    Marie lachte laut auf. »Also, bei dem Schlag, den der bei den Mädchen hatte, halte ich das für sehr unwahrscheinlich. Die Girls hingen ihm förmlich an den Lippen, wenn er seine starken Sprüche über Magie und die Macht der Liebe losließ. So, wie ich ihn einschätze, hat er genau gewusst, was er damit erreicht, und er war wahrhaftig kein Kostverächter. Er hat etliche Mädchenherzen gebrochen. Aber er war auch ziemlich sensibel. Ich glaube, ich sage nichts Verkehrtes, wenn ich meine, dass ihm das Leben, wie er es führte, nicht so recht gefallen hat. Dass die Mädchen ihn so offensichtlich angehimmelt haben, ging ihm reichlich auf den Keks. Er hat sich nach etwas anderem gesehnt, nach dem großen Kick. Das tolle Erlebnis, das ihn den schnöden Alltag vergessen lässt.«
    »Suchen das nicht alle Jugendlichen?«, fragte Hinterhuber mit müder Stimme. »Wir waren doch auch nicht anders. Aber das Leben hat uns wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.«
    Marie Kirschbaum lachte leise. »Da hast du sicher recht.«
    »Weißt du zufällig, was diese Zeichen bedeuten?« Franca zeigte auf das T-Shirt des Jungen auf dem Polaroid-Foto.
    »Das sind chinesische Schriftzeichen. Sie stehen für Leben und Tod «, sagte Marie und tippte auf das größere der beiden Symbole. »Das hier ist das Zeichen für Tod.«

11
    Schon lange hatte sie keine Nacht mehr durchgeschlafen. Dabei sehnte sie so sehr den Schlaf herbei. Es gab nichts Schlimmeres, als nächtens wachzuliegen und unguten Gedanken nachzugrübeln.
    Ein Geräusch hatte sie aufgeschreckt. Das Federbett fest um ihren fülligen Körper gehüllt, lag sie da und lauschte in die Dunkelheit. Da war es wieder. Das Schlurren und Schleifen. Das Knispern und Trippeln in den Wänden und über der Decke. Die Gartenschläfer waren aktiv.
    Normalerweise hielten sie Winterschlaf bis Mai oder Juni. Doch in diesem Jahr war sowieso alles anders. Die Natur spielte verrückt. Und die Bilche dort oben auf dem Dachboden hatten offenbar ihren Winterschlaf unterbrochen.
    Gartenschläfer, das waren menschenscheue Geschöpfe, zierliche, graufellige Kobolde mit Knopfaugen und buschigen Schwänzen, die selten zu sehen, aber umso öfter zu hören waren, wenn sie sich erst einmal in einem Gebäude eingenistet hatten. Um die Augen trugen sie eine dunkle Maske, die sie wie kleine Banditen aussehen ließ. Um eine Eigenschaft hatte Helene sie immer beneidet: Eingerollt kauerten sie sich im Herbst zusammen und verschliefen während des Winters alles Leid dieser Welt, um danach ohne Sorgen zu erwachen. Ihre einzige Aufgabe bestand darin, Futter zu finden, satt zu werden und möglichst viele Nachkommen zu zeugen, um ihre Art zu erhalten. Ihre Jungen hielten sie frühzeitig zum Kämpfen und Beißen an. Ansonsten waren sie egozentrisch und nur auf ihr eigenes Wohl bedacht.
    Solange Helene denken konnte, waren Gartenschläfer ihre Mitbewohner in diesem Haus. Sie dachte an ihre zahlreichen vergeblichen Versuche, die Tierchen auszuquartieren. Vergiften kam nicht in Frage, ihre Art war geschützt. Mehrere Lebendfallen hatte sie auf dem Dachboden aufgestellt, Äpfel und Käse als Lockmittel hineingetan. Tatsächlich waren die Fallen zugeschnappt, und sie hatte sich die kleinen grauen Wesen, die sich wie toll gebärdeten, genauer ansehen können. Wie sie in dem engen Käfig hin und her flitzten und dabei hohe Laute ausstießen. Jederzeit bereit, zuzubeißen und ihr kleines Leben zu verteidigen.
    In einer der

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