Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
Schnapsflaschen und Zigarettenstummel.«
Franca fixierte sie, mit einem Mal hellwach. »Und Mario gehörte zu dieser Gruppe?«
Marie Kirschbaum wiegte den Kopf. »Wir haben es vermutet. Aber wir konnten ihm nichts wirklich nachweisen. Ich habe mich ziemlich oft mit ihm unterhalten. Zum Okkultismus hat er eine gewisse Affinität eingeräumt, aber mit diesen schwarzen Messen wollte er nicht in Verbindung gebracht werden.« Sie hob die Schultern. »Ehrlich gesagt, ich habe ihm geglaubt.«
»Worin bestand denn seine Affinität zum Satanismus?« Oliver kniff die Augen zusammen. »Fand er es gut, dass man Babys abschlachtet und opfert?«
Marie Kirschbaum lachte leise. »Ich sagte Okkultismus und nicht Satanismus. Du musst schon genau zuhören, Oliver.« Sie streifte ihren Kollegen mit einem kurzen, offenen Blick. »Mario war kein Dummer. Er ging aufs Gymnasium, und ich schätze mal, er hätte sicher Abitur gemacht, wenn er sich ein bisschen kooperativer verhalten hätte, anstatt sich immer mit seinen Lehrern anzulegen. Dass er eine Automechanikerlehre begonnen hat, war eine Notlösung. Soweit ich mitbekommen habe, hat ihn seine Mutter dazu gedrängt.«
Franca nickte. »Das hat sie so ähnlich ausgedrückt.«
»Er wusste ziemlich viel, aber wenig von dem, was Lehrern imponiert hätte. So hat er beispielsweise ständig mit Zitaten aus der ›Satanischen Bibel‹ genervt. Dabei stand er gerade dem Satanismus nicht unbedarft gegenüber, sondern ziemlich kritisch, wenn man sich die Zeit nahm, sich mit ihm darüber zu unterhalten. Er hat sich viele Gedanken gemacht. Auch wirre Gedanken, das gebe ich zu.«
»Und was macht dich so sicher, dass er nicht doch zu diesen Typen gehörte?«, fragte Franca. »Vielleicht fühlte er sich als eine Art Messias, der anderen zeigen will, wo es langgeht.«
»Diese Friedhofsrandalierer, das ist eine ganz andere Klientel. Die sind wesentlich simpler gestrickt. Mario hat nicht zu denen gepasst.«
»Ja, so ist unsere Marie. Glaubt immer an das Gute im Menschen. Egal, wie schlecht er auch ist.«
Marie warf Oliver einen ärgerlichen Blick zu. »Ich denke schon, dass ich mich auf meine Menschenkenntnis verlassen kann«, sagte sie scharf. »Und ich stelle meine Vermutungen weiß Gott nicht aus dem hohlen Bauch heraus an.« Zu den anderen gewandt, fuhr sie mit gemäßigter Stimme fort: »Einmal haben wir welche erwischt. Das waren Nachahmer, halbe Kinder noch, die sich wenig mit dem auseinandergesetzt haben, was sie da taten. Hauptsache, es war Action. Denen ging es nur darum, mit nächtlichem Brimborium Eindruck zu schinden und ›Tanz der Vampire‹ zu spielen. Dass sie dabei tranken und kifften, erhöhte nur das tolle Gefühl, was Verbotenes zu tun.«
»Und das soll harmlos sein?«, warf Oliver ein.
»Das habe ich doch überhaupt nicht gesagt.« Ihre Verärgerung war deutlich zu spüren. »Natürlich ist das eine Störung der Totenruhe, die in keinem Fall geduldet werden kann. Das haben wir den Jugendlichen sehr deutlich zu verstehen gegeben.« Sie schob sich eine widerspenstige Strähne hinters Ohr, die immer wieder vorrutschte. »Wir wissen doch alle, dass die Pubertät eine Phase ist, in der die Hormone verrückt spielen und man nicht weiß, wohin mit seinen Kräften. Da braucht man ein Ventil. Ein anderes Leben halt, das mit dem der Erwachsenen nur wenig zu tun hat.«
Franca dachte bei sich, dass dies ein merkwürdiges Gespräch war, eher ein Kräftemessen zwischen Oliver und Marie als eine echte Auseinandersetzung. Ob sie sich mit Hinterhuber auch bisweilen auf solches Terrain begab? Vielleicht fielen einem solche Feinheiten nur bei anderen auf, und man selbst merkte das gar nicht so deutlich.
»Sind die Jugendlichen identifiziert worden?«, fragte sie.
Marie nickte. »Ich kann euch gern eine Liste geben. Allerdings ist das Ganze schon eine Weile her. Vielleicht haben sie ja aus unseren Auflagen gelernt. Es ist jedenfalls schon länger nichts Derartiges mehr vorgefallen.«
Oliver stand auf. »Ich glaube, ich spendiere uns mal eine Runde Kaffee, einverstanden?«
»Das klingt sehr gut!«, rief Franca begeistert. Anerkennend nickte sie Oliver zu. Normalerweise waren es die Frauen, die auf eine solche Idee kamen.
»Könnte ich bitte Tee haben?«, rief Hinterhuber Oliver hinterher.
»Oh, da muss ich schauen, ob was da ist. Wir trinken alle Kaffee.« Er zog die Tür hinter sich zu.
»Mario trug teure Markenkleidung«, sagte Franca und sah Marie an. »Wir fragen uns natürlich, wie
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