Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
wusste nicht, warum. Aber sie musste einfach lachen. Über den beschissenen Gesichtsausdruck der beiden. Wie sie dastanden. Wie zwei bedröppelte Idioten.
»Er wurde erstochen. Verstehen Sie nicht? Er ist tot. Tot.« Die Stimme des Mannes war laut und klang furchtbar ernst. Beides passte nicht zusammen. Diese Ernsthaftigkeit und das Gesicht mit dieser komischen Goldrandbrille. Das lief auseinander. Die Goldrandbrille verbog sich. Sie musste noch mehr lachen.
»Das hat keinen Sinn. Die ist doch total zugedröhnt«, sagte die Frau.
»Halt bloß den Rand!« Jetzt wurde Lilly böse. Unbeeindruckt von ihren Worten ging die Frau durch den Raum. Machte sich an ihrem Regal zu schaffen.
»Hey!« Die darf das nicht. »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«, hörte sich Lilly sagen. Im Fernsehen sagten die so was immer. Die Polizei durfte nicht einfach in ihren Sachen wühlen. Das bekam sie noch auf die Reihe.
»Komm, Franca, das hat wirklich keinen Sinn.« Der Bulle wandte sich zum Gehen. »So, wie die drauf ist.«
»Morgen früh um neun Uhr sind Sie vorgeladen. Polizeipräsidium Koblenz. Ohne Dröhnung, damit das klar ist.« Die Bullen-Tussi drückte ihr ein Kärtchen in die Hand.
»Und was soll ich da?«
»Das bekommen Sie dann schon mitgeteilt.«
In der Tür stießen die Bullen mit Karim zusammen.
Karim war doch noch gekommen. Sie hat gewusst, dass er sie nicht im Stich lässt.
»Was ist denn hier los?«, sagte Karim und baute sich vor den beiden Polizisten auf.
»Kripo Koblenz. Und mit wem haben wir das Vergnügen?«
Auch ihn fragten sie nach Mario. Da waren sie bei Karim gerade an der richtigen Adresse. Lilly bemühte sich, dem Gespräch zu folgen.
Karim ging zur Stereoanlage und drehte sie voll auf. Die vertrauten Rhythmen von Slipknot durchströmten den Raum. Ein Hämmern und Stampfen. Das war Musik, die ins Blut ging. Musik, die einen alles vergessen ließ. Lilly senkte die Lider, klopfte den Rhythmus mit ihren Fingern. Aus halb geschlossenen Augen beobachtete sie, wie die beiden Bullen dastanden. Ratlos. Und genervt.
Die wussten doch sonst immer alles und taten so intelligent. Der lange Arm des Staates. Kamen sich ganz toll vor. Dabei verstanden die überhaupt nichts. Null.
»Marios Tod scheint Sie beide nicht sonderlich zu beeindrucken.«
Karim grinste und bewegte sich zu den harten Klängen.
»Der Tod ist ein Freund«, sagte er mit übertriebener Mimik. »Er macht keinen Unterschied. Egal, ob du ’ne Uniform trägst oder zerrissene Jeans. Früher oder später lädt er uns alle ein. Und uns bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.«
Lilly bewunderte Karim für diese Aussage.
»Es war doch nur ein Mensch. Oder?«
Die Worte standen im Raum. Vermischten sich mit dem Stampfen der Musik. Ihr Echo hallte in Lillys Ohren.
20
»Mann, was macht mir mein Beruf wieder Spaß«, sagte Hinterhuber. Die Gereiztheit in seiner Stimme war unverkennbar. Franca trat hinter ihm aus dem muffig riechenden Flur auf die Straße, wo sie erst einmal tief einatmete. Die frische Luft tat gut, obwohl sie von Autoabgasen durchsetzt war.
»Wie kann man sich nur so eine Musik reinziehen? Dieses furchtbare Gedröhne macht einen ja ganz krank. Und dann immer diese wunderhübschen Beispiele von ›Schöner Wohnen‹.« Mit dem Fuß kickte er eine leere Zigarettenschachtel aus dem Weg. »Täglich mit so ’nem Gesocks, und ich häng mich auf. Die war ja so was von breit, die hat überhaupt nicht mehr durch die Tür gepasst. Und dieser Typ erst.«
»Meinst du, die ist morgen anders drauf?«, zweifelte Franca. »Wir können nur hoffen, dass sie überhaupt erscheint.«
»Wenn nicht, dann hol ich die eigenhändig ab.«
»Und was nützt uns das? Du weißt so gut wie ich, dass Aussagen nicht verwertbar sind, die unter Drogeneinfluss gemacht werden.« Sie blieben an einer roten Fußgängerampel stehen.
»Was hältst du davon, wenn wir erst mal in Ruhe einen Kaffee trinken gehen?«, fragte Franca, froh, dass er sein Schweigen ihr gegenüber aufgegeben hatte. Trotzdem, das war nicht der Hubi, den sie kannte und den so schnell nichts aus der Ruhe brachte.
»Gute Idee. Ich hab noch nicht gefrühstückt heute Morgen.«
»Ich auch nicht. Na, da schauen wir doch mal, was Andernach zu bieten hat.«
Sie fanden ein nettes, kleines Café, das direkt an die Stadtmauer gebaut war. Alt und modern war hier auf harmonische Weise miteinander kombiniert. Neben dem Café befand sich eine Galerie, die Namen der ausgestellten Künstler
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