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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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hatte ihm eingeschärft, die Filme bloß nicht herumliegen zu lassen. Nein, so dumm war er nicht.
    Er spulte das Video zurück. Sah sich noch einmal die Todesszene an. Weidete sich noch einmal an dem Schmerz, an der Qual, an dem Blut. Und in der gleichen Intensität, wie sich seine Augen am Bildschirm festsaugten, bearbeiteten seine Hände sein Geschlechtsteil, bis er mit lautem Keuchen zusammenzuckte.
    Als er das Video ausschaltete, blieb ein schales Gefühl zurück. Er fühlte sich seltsam matt und kraftlos. Sein Hirn war leer. Weit entfernt von dem, was man gemeinhin unter Befriedigung verstand. Ein vages Schuldbewusstsein kroch in ihm hoch. Wieder einmal fragte er sich, weshalb er es eigentlich so geil fand, solche Filme anzusehen. Weshalb sie ihm ein derartiges Lustgefühl bescherten wie sonst vielleicht nur seine Computerspiele. Er stand auf und brachte seine Kleidung in Ordnung. Er wollte nicht weiter darüber nachdenken. Wahrscheinlich ging es jedem Menschen so. Es lag nun mal in der menschlichen Natur, sich am Tod anderer zu ergötzen. Früher hatte man öffentliche Hinrichtungen auf dem Marktplatz durchgeführt, Menschen auf Scheiterhaufen verbrannt oder ihnen unter allgemeinem Gejohle die Köpfe abgeschlagen. Und jedermann schaute ungeniert zu. Wer wollte da leugnen, dass das Töten den Menschen im Blut lag?
    Der Unterschied war, dass die einen es zugaben und die anderen eben nicht.

19
    Sie hörte das Klingeln wie durch Wolken hindurch.
    Karim, dachte sie. Endlich.
    Sie erhob sich, schlurfte barfuß und im T-Shirt zur Tür.
    Draußen im Flur stand nicht Karim, sondern irgend so eine Tussi. Dahinter ein Mann. Die beiden rochen verdammt nach Bullen. Sie erkannte es sofort an dem falschen Tonfall in ihrer Stimme. Und an dem Blick in ihren Augen. Die sahen alle gleich aus. Rümpften die Nase und meinten, man würde es nicht sehen.
    Sie sagten irgendwas. Worte, die an Lilly vorbeirauschten.
    Wortlos drehte sie sich um und ging ins Zimmer zurück, ließ sich auf das zerwühlte Bett fallen.
    Die beiden waren ihr gefolgt. Jetzt blieben sie vor ihr stehen und redeten auf sie ein. Das machte sie nervös. Sie richtete sich halb auf und tastete nach ihrem Tabaksbeutel, nahm ein Blättchen heraus und drehte sich eine Zigarette. Alles ganz langsam. Der Mann und die Frau blieben ruhig. Die schienen ja unendlich viel Zeit zu haben.
    Den Blick schräg nach oben gerichtet, zündete sie die Zigarette an, sog gierig daran und blies den Rauch aus den Nasenlöchern. Im gleichen Moment spürte sie den Schmerz. Sie wusste, dass sie nicht rauchen sollte, wenn die Zunge entzündet war. Aber der vertraute Geschmack gab ihr Sicherheit. Etwas, woran sie sich festhalten konnte.
    »Wollen Sie denn nicht wissen, weshalb wir gekommen sind?«
    Lilly sah träge in die Richtung, aus der die Stimme kam, die immer weiterlaberte. Sie öffnete die Augen. Schloss sie wieder. Wie in Zeitlupe. Hob die Schultern. Starrte auf ihre schwarz gefärbten Zehennägel und sagte: »Hier finden Sie nichts.«
    »Wir sind nicht von der Drogenfahndung«, sagte der Mann mit der dümmlichen Goldrandbrille. »Wo waren Sie gestern in der Zeit von zwölf bis sechzehn Uhr?«
    Sie sog an der Zigarette. Spürte wieder den scharfen Schmerz. Gestern. Mittag. Sie versuchte zurückzudenken. Kriegte das nicht auf die Reihe. Was ging es diese Bullen an, wo sie gestern gewesen war?
    »Hier«, sagte sie. »Ich war hier.«
    »Kann das jemand bestätigen?«, wollte die Tussi wissen.
    Bestätigen. Sie versuchte, ihre Gedanken zurückzulenken. Ach Scheiße, sie war den Bullen doch keine Rechenschaft schuldig.
    »Warum ist das denn so wichtig?« Sie blinzelte durch die Rauchfahne hindurch.
    »Sie gehören zu Mario Reschkamps engerem Umfeld.«
    Mario. Ach, es ging um Mario.
    »Und wenn?«, sagte sie.
    »Haben Sie denn nicht verstanden? Mario wurde gestern Nachmittag tot im Andernacher Schlossgarten aufgefunden. Ermordet.«
    Die Worte strömten durch ihr Bewusstsein, ohne sich irgendwo festzusetzen. Die Gesichter der beiden glitten weg. Wurden zu Fratzen, deren Münder sich öffneten und schlossen. Mit ihren Händen vollführten sie blöde Gesten. Voll bescheuert sah das aus.
    Sie spürte, wie das Lachen in ihr hochstieg. Gleichzeitig versuchte sie, sich zusammenzureißen. Sie wiederholte das eine Wort. Dieses kleine Wort mit der Riesenbedeutung.
    »Ermordet?« Sie hob die Brauen. Das Denken gelang nicht, löste sich auf in Nebel, der in der Nase kitzelte und sie lachen machte. Sie

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