Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
entdeckt. Aber nicht die von Mario Reschkamp. Die Länge und Beschaffenheit der Schneide könnten zwar in etwa hinkommen, aber dass er mit diesem Ding erstochen wurde, kannst du vergessen.«
Frankenstein war dafür bekannt, dass er sehr gewissenhaft arbeitete. Manchmal dauerte es seine Zeit, bis er ein Ergebnis herausgab, aber dann konnte man sich hundertprozentig darauf verlassen, dass es seine Richtigkeit damit hatte.
Das Merkwürdige war, dass Franca nicht sagen konnte, ob sie enttäuscht oder erleichtert war über sein Resultat.
»Ich glaube, das Blut ist ihr eigenes«, sagte sie nachdenklich. »Sie hat sich geritzt. Höchstwahrscheinlich mit dieser Athame.«
»Tja, wenn das so ist.« Er sah sie mit einem schrägen Seitenblick an, als ob er sagen wollte: »Und warum lässt du uns dann die ganze Arbeit tun?«
»Danke für das schnelle Ergebnis«, sagte sie.
Zurück im Büro griff sie nach dem Telefon. »Wie geht’s Davina?«
»Nicht wirklich gut. Aber besser«, antwortete Marie Kirschbaum. »Ich glaube, sie kann heute noch entlassen werden.« Sie seufzte. »Ich fürchte allerdings, dass wir uns noch ein bisschen um sie kümmern müssen.«
»Das fürchte ich auch«, meinte Franca. »War ihre Großmutter inzwischen bei ihr?«
»Nein. Ich glaube auch nicht, dass Davina darauf Wert gelegt hätte. Sie hat mir einiges erzählt. Das Verhältnis zwischen Großmutter und Enkelin scheint katastrophal zu sein.«
Franca nickte. Sie holte tief Luft. »Ich habe in Davinas Zimmer etwas gefunden, das ich dir gern zeigen möchte. Am besten jetzt gleich.«
Franca spürte, wie Marie zögerte.
»Ich weiß, es ist schon spät. Aber es ist wirklich wichtig.«
»Dann komm zu mir nach Hause«, sagte sie. »Ich wohne direkt unten am Rhein.«
»Was hältst du davon?« Sie legte den Geldbeutel auf den Tisch, öffnete ihn und nahm die Kreditkarte und den Ausweis von Patricia Kayner heraus.
Marie sah Franca mit großen Augen an. »Wo hast du das her?«
»Das lag in einer Kiste unter Davinas Bett.«
»Das heißt, es ist immer wahrscheinlicher, dass sie nicht mehr lebt.« Marie schluckte.
»Sieht ganz danach aus.« Franca nickte. »Es sind nicht nur der Geldbeutel und die Papiere. Auch Patricias Auto wurde offenbar nach ihrem Verschwinden nicht mehr bewegt. Es steht nach wie vor an seinem Platz im Schuppen der Kayners.« Ihre Blicke trafen sich. »Ist das Kind damals befragt worden? Hat sie was mitbekommen in der Nacht, als ihre Mutter verschwand? In den Akten steht nichts davon. Zumindest habe ich nichts gesehen.«
Marie hob die Schultern und sagte lange Zeit nichts. Sie hielt den Kopf gesenkt und starrte vor sich hin, als ob sie nachdächte. Plötzlich sah sie auf. »Mann, bin ich unhöflich. Ich hab dir noch nicht mal was zu trinken angeboten. Wie wär’s mit einem Gläschen Wein? Ich hab einen Leutesdorfer Riesling im Kühlschrank.« Ohne Francas Antwort abzuwarten, stand sie auf und ging in die angrenzende Küche.
Franca sah sich in dem kleinen Wohnzimmer um. Es war mit hellen Möbeln gemütlich eingerichtet. Auf dem karamellfarbenen Alpakasofa waren bunte Kissen verteilt. Die Wohnung lag im vierten Stock. Vom Fenster aus konnte man auf den nächtlichen Rhein blicken, in dem sich Lichter spiegelten.
Mit zwei Gläsern und der Flasche in der Hand kam Marie zurück. Sie schenkte ein, und die beiden Frauen prosteten sich zu.
»Vielleicht wollte Davina einfach nicht wahrhaben, was längst Tatsache ist. Diese Kiste unter ihrem Bett ist ein wahrer Reliquienschrein. Und auch der Altar mit dem Foto der Mutter. Man kriegt regelrecht Gänsehaut, wenn man das sieht.« Franca schluckte.
»Was muss das Mädchen durchgemacht haben? Und dann mit einer Großmutter, die ihr eigenes Kind totgeschwiegen hat. Zehn lange Jahre.« Marie setzte sich aufrecht hin. »Dass sie magische Rituale durchführt, hat sie mir erzählt.«
»Und, was hältst du davon?«
»Ich kann es nachvollziehen«, sagte Marie. »Sie suchte nach Erklärungen für Dinge, die sie nicht verstand. Diese Hinwendung zum Okkulten hat ihr einen gewissen Halt gegeben.«
Franca verzog das Gesicht. »Für so was fehlt mir völlig das Verständnis. Vielleicht bin ich aber auch viel zu sehr Realistin.«
»Das habe ich vermutet.« Marie lächelte. »Aber dein Horoskop liest du schon, oder?«
Franca trank einen Schluck Wein. »Der ist lecker«, sagte sie anerkennend. »Um auf das Horoskop zurückzukommen: Klar lese ich das ab und an. Wenn’s gut ist, glaub ich daran,
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