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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Handfläche? Meine Zunge auf seine Handfläche?«
    »Nur, wenn du willst, daß es funktioniert. Fahre die Linien der Handfläche nach, dann jeden Finger hoch, einen nach dem anderen, langsam, aber mit Autorität. Sieh ihm dabei in die Augen. Außerdem« - er tippte an die entsprechende Stelle - »lecke ihn hinter dem Ohr. Er wird heulen wie ein. Schakal.«
    »Die Sorte Filme habt ihr noch nie ausgeliehen, hm?«
    »Mein Ehrenwort.«
    Seraphinas Blick schweifte zurück zu den Steinartefakten. »Du hast nicht zufällig ein altes kurdisches Liebesamulett, wie? Nur so zur zusätzlichen Absicherung?«
    »Ah! Einen Moment!« Marshall Ali stand von seiner Koje auf und ging eine andere Kassette öffnen. »Das Wichtigste zuerst«, sagte er und warf Seraphina einen perforierten Streifen von kleinen flachen Alupäckchen zu. »Der weise Krieger trägt immer seine Rüstung. Wenn er sich sträubt oder anfängt, von Gummiregenmänteln zu reden, mußt du ihn mit Maulschellen traktieren, bis seine Vernunft sich wieder einstellt. Jetzt wollen wir mal... ja. Hier ist es.«
    Seraphina hätte einen Anhänger oder ein Armband erwartet, aber das Liebesamulett, das Marshall Ali ihr gab, war nur ein Stück Papier mit einer farbigen Zeichnung darauf: ein buntes Blumensträußchen.
    »Das ist kurdisch?« fragte Seraphina. »Sieht nicht besonders alt aus.«
    »Es ist ein Tattoo«, erklärte Marshall Ali. »Es ist das Tattoo auf der Gesäßbacke von Cher Sarkisian Bono. Eine Reproduktion«, fügte er hastig hinzu.
    »Soll ich das vielleicht auf mich draufzeichnen?«
    »Falte das Papier zusammen. Stecke es in deine Gesäßtasche -ich habe Jeans mit Schlag, die leihe ich dir. Dann, wenn du die
    Zunge auf die Handfläche applizierst, wenn du ihn hinter dem Ohr leckst - visualisiere das Tattoo. Es kann nur ein Resultat geben.«
    Seraphina wägte die Alupäckchen in der offenen Hand. Sie brauchte nicht lang, um zu entscheiden, was zu tun sei; ganz und gar nicht lang.
    »Na dann«, sagte sie, »wo ist er?«
Harry auf dem Wasser
    Das Fracht-Hovercraft glitt in der Morgendämmerung hinaus auf die Bucht, auf der sich der Müll im orangefarbenen Sonnenlicht gut sichtbar abhob. Das Hovercraft hatte in etwa dieselbe Form wie die flachen Patrouillenbarkassen der Abwässerbehörde, aber es war viel größer und schwebte auf einem Luftkissen, das silbriggrüne Fächer übelriechender Gischt aufsprühen ließ. Harry Gant, Vanna Domingo und Whitey Caspian konferierten im Bug, während das Fahrzeug in einem Bogen auf Liberty Island zuhielt.
    »Es ist bloß, daß eine kleine Vorwarnung nicht schlecht gewesen wäre«, beklagte sich Vanna gerade. »Ein bißchen mehr Zeit für Vorbereitungen.«
    » Je nun, Vanna, aber Sie waren gestern nicht greifbar, als Whitey mich aufgesucht hat«, sagte Gant. »Wir haben's versucht, aber Sie waren einfach unauffindbar. Abgesehen davon, denke ich, daß das Büro des Bürgermeisters die Angelegenheit hervorragend für uns geregelt hat. Es besteht wirklich überhaupt kein Grund zur Nervosität.«
    »Das Militär sollte an der Sache beteiligt sein«, beharrte Vanna. »Der Hafen sollte gestopft voll mit Zerstörern und Schnellbooten sein. Und dieser Kahn sollte mit Marineinfanteristen bemannt sein, nicht -«
    »Wir haben darüber mit dem Bürgermeister diskutiert«, erklärte ihr Whitey. »Seine Entscheidung, das Pentagon aus der Angelegenheit herauszuhalten, hatte mehrere Gründe, darunter auch die Tatsache, daß wir noch immer nicht hundertprozentig sicher sind, daß sich der U-Boot-Stützpunkt überhaupt da befindet. Wenn er sich da befindet, und wenn die Piraten da drin sind, dann haben sie wahrscheinlich eine Wache postiert, und es ist fraglich, ob ein Marinegeschwader, das in der Bucht auffährt, ihrer Aufmerksamkeit entgangen wäre. Wir wollen nicht zu früh losschlagen, sonst könnten sie uns entwischen, mit oder ohne Boot. Und wenn es tatsächlich auf eine gewaltsame Konfrontation hinauslaufen sollte, würde der Bürgermeister die Sache lieber der Polizei überlassen; ein regelrechtes Seegefecht führt zu einer unnötigen Vermehrung der eingesetzten Feuerkraft, und das Risiko irgendwelcher baulicher Neben ~«
    »Sie haben noch immer den Verstand einer Mohrrübe«, sagte Vanna Domingo. »U-Jagdwaffen beschädigen keine Immobilien. Es gibt keine Apartmenthäuser unter Wasser.«
    »Der Bürgermeister meint jedenfalls -«
    »Der Bürgermeister hat politische Ambitionen«, sagte Vanna. »Deswegen sitzt er mit denen hinten im Heck.

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