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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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glaube, ich würde diesen Film gern sehen.«
    »Wirst du. Du kannst mir helfen, ihn zu machen.« Lexa tat einen Zug aus der Zigarette, verzog das Gesicht und drückte sie aus. »Gott, schmeckt ja entsetzlich! Wie kannst du dir das bloß antun?«
    »Genau so wie du dir ne Tasse Kaffee mit acht Tütchen Zucker antun kannst.«
    »Das ist was anderes«, sagte Lexa. »Ich bin Halbmarokkanerin, das gehört zu meinem kulturellen Erbe.«
    »Und rauchen Marokkaner etwa nicht?«
    »Das ist die Hälfte, die ich nicht geerbt hab.«
    »Seh ich ein. Aber sag mal, was zum Teufel studierst du eigentlich, daß du auf eine solche Idee gekommen bist? Theaterwissenschaft?«
    »Enthüllungsjournalismus. Die künftigen publizistischen Schlammwühler dieser Welt. Das ist mein langfristiges Ziel: Wenn der Film genügend Geld einspielt, möchte ich die Gewinne nehmen und damit meine eigene Zeitung gründen - eine von der altmodischen Sorte, die man richtig lesen kann. Ohne Nachrichtenkonzentrate auf der ersten Seite, ohne kommerzielle Anzeigen zwischen den Spalten des Leitartikels. Und unter dem Titel wird als Motto stehen: >Aus Lust auf Wahrheit«.«
    Lexa Thatchers Nouvelle Wollust wurde über die Weihnachtsferien gedreht. Der Etat betrug messerscharf kalkulierte 60 000 Dollar und wurde mit Hilfe eines geschlossenen Kreislaufs von erbettelten und geborgten Kreditkarten finanziert, und zwar dergestalt, daß der Sollbetrag rechtzeitig vor dem jeweiligen Abschlußtag von einem Konto aufs nächste geschoben wurde. Während der Vorproduktion, im November und Dezember, arbeitete Joan nebenher als Lexas Assistentin, wobei sie die dazu benötigte Zeit von ihren politischen Aktivitäten abzwackte. Penny Dellaporta war davon überzeugt, Joan habe den Verstand verloren. Tatsächlich war Joan erst Produktionsassistentin geworden, nachdem sie Lexas erstes Angebot - eine Rolle in dem Film zu übernehmen - abgelehnt hatte; obwohl die Versuchung stark gewesen war, hatte Joans Wunsch, alle Hemmungen fallen-zulassen und einmal etwas wirklich Wagemutiges zu tun, gegen einen Alptraum, in dem der Erzbischof von Philadelphia ihre Mutter mit einem Satz i8-mal-24-Hochglanzbildern konfrontierte, den kürzeren gezogen. (Sehen Sie, sehen Sie, genau das ist der Grund, warum wir Frauen die Priesterweihe verweigern ...) Statt dessen erledigte sie Botengänge, koordinierte Vorsprechproben und schickte Blumen an die Inkassoabteilungen von Mastercard und Visa.
    Am Montag vor Thanksgiving, während des allerletzten Besetzungstermins, sah Joan im Obergeschoß der Cambridger Lagerhalle, wo die Vorsprechproben abgehalten wurden, einen Mann in Bikinihöschen herumschlendern und entbrannte augenblicklich in Lust. Sein Haar war eine rotbraune Matte, unter der unschuldige blaue Augen leuchteten, und er hatte Körperbau und Statur eines Tagelöhners, etwa von der Art, wie man sie, mit Vorschlaghammer bewaffnet, in einem Steinbruch antreffen könnte. Seine Brust war glatt und makellos, seine Haut noch vom Sommer her leicht gebräunt, und da die Filmleuchten die Lagerhalle in einen Brutofen verwandelten, war er vom bloßen Herumstehen ganz in Schweiß gebadet; die Vertiefung unter seinem Adamsapfel glänzte einladend. Der einzige Makel war das Bikinihöschen: Anstatt, wie vermutlich beabsichtigt, sexy zu wirken, sah es tatsächlich nur albern aus - aber selbst das war okay, da diese Unvollkommenheit ihn irgendwie zugänglicher erscheinen ließ und daher sogar noch attraktiver machte. Mit einer Sparsamkeit der Bewegung, die bei den Nonnen in ihrer alten Schule mit Sicherheit Beifall gefunden hätte, schlug Joan ihre Beine übereinander und lockte Lexa mit einer einfachen Krümmung des Zeigefingers zu sich.
    »Mal sehen«, sagte Lexa und blätterte einen Stoß Bewerbungsunterlagen durch. »Er heißt Gant. Plarry Dennis Gant. Er ist einundzwanzig und wohnt in einer Pension im North End. Kein Student. Hmmm ... >Grund, warum Sie in diesem Film mitspielen möchten: ,Ich brauche das Geld, um eine Erfindung patentieren zu lassen, die etwas mit Video und James Dean zu tun hat. Darf leider nichts Konkreteres sagen.'<« Ohne zu ahnen, daß er beobachtet wurde, war Gant zu einem Korb voll Sexspielzeug geschlendert und versuchte gerade, sich über den
    Zweck eines zweiköpfigen Dildos Klarheit zu verschaffen. »Na ja, den Forscherdrang eines Erfinders scheint er durchaus zu haben.«
    »Hast du vor, ihn zu engagieren?« fragte Joan, ganz beiläufig, wie sie glaubte.
    »Trägst du dich mit dem

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