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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Verbindlichkeiten des Konzerns unter seine Kontrolle brachte. Selbst mit den ganzen Gewinnen aus dem Automatischen Diener und dem Transrapid schafft Harry es, dank immer neuer Projekte konstant in den roten Zahlen zu bleiben; statt auf seine Ausgaben zu achten, läßt er Clayton Bryce und die Kreative Buchhaltung einfach die vierteljährlichen Geschäftsberichte in reinstem Wirtschaftssanskrit abfassen, so daß niemand merkt, wie tief er in den Miesen steckt.«
    »Aber Amberson Teaneck verstand Sanskrit.«
    »Wie seine Muttersprache.«
    Zu seinem Unglück - jedenfalls nach Lexa Thatchers Theorie - hatte Amberson Teaneck niemandem bei Drexel Burnham Salomon an den Ergebnissen seiner Sanskritlektüre teilhaben lassen, ebensowenig hatte er sich irgendwelche handschriftlichen oder elektronischen Notizen gemacht. Solche Geheimniskrämerei war in der Halsabschneiderwelt der Firmenaufkäufer, in der Ideendiebstahl zu den gängigsten Geschäftspraktiken gehörte, nicht weiter ungewöhnlich, aber in diesem speziellen Fall hatte sie möglicherweise fatale Folgen gehabt. Der einzige noch verbleibende Hinweis auf den Übernahmeplan war ein Memo, das Teaneck an seinen urlaubenden Stellvertreter geschickt hatte, in dem er behauptete, eine Methode ausbaldowert zu haben, den Investoren »Gant Industries wie einen weißen
    Wal auf Toast zu servieren«. Nichts Konkreteres. Teaneck hatte das Memo letzten Donnerstagvormittag nach einem Ferienort in Patagonien gefaxt. Bis der Stellvertreter von einer Bergbesteigung zurückgekehrt war und die Botschaft dechiffriert hatte, war Teaneck bereits tot.
    Kurz nach Absendung des Faxes hatte Teaneck Hester Monte-santo angerufen, eine Wertpapierhändlerin von Morgan Stanley, und sich mit ihr zum Abendessen verabredet. Sie hatten offenbar mehr vorgehabt, als nur über Geschäfte zu reden, denn Teaneck hatte auch einen Oberoberbonzen vom »Birth Control Teleshopping Network« angerufen und eine Zehnerpackung Kondome für fünfzigtausend Dollar bestellt. Geliefert wurden diese Meilensteine des Prestigekonsums einzeln in luftdichten, von dressierten mandschurischen Seidenraupen gesponnenen Kokons eingeschweißt, in Beutelchen aus feinster peruanischer Vikunjawolle versiegelt und in einem Kästchen verpackt, das von einem supraarmen Stamm von eingeborenen Schreinern aus Zentralborneo aus seltenen Harthölzern von Hand gefertigt wurde. Das gesamte Verpackungsmaterial war natürlich zum Wegwerfen bestimmt. Die Kondome selbst waren gleitmittelbeschichtet., koloriert, parfümiert, aromatisiert, gerippt, genoppt und ausreichend reißfest, um einen Pfeil im Flug aufzuhalten. Der Name der Firma, die sie herstellte, wurde niemandem verraten, der nicht nachweislich wenigstens hundert Millionen Dollar sein eigen nannte.
    Die Kondome wurden um 17:52 Uhr in Teanecks Penthouse im Riverside Arcadia abgeliefert; Teaneck war zu dem Zeitpunkt noch im Büro. Er kam um sieben nach Haus, trug die kostspieligen Pariser von seiner Privateingangshalle in sein Schlafzimmer, erteilte seinem Auto-Diener François 360 den Auftrag, das Dinner vorzubereiten, zog sich aus, rasierte sich und nahm eine Dusche. Als Hester Montesanto fünfundvierzig Minuten später das Penthouse betrat, mußte sie feststellen, daß das Dinner angebrannt, François unauffindbar und Teaneck unschön verstorben war.
    Er war eben aus der Duschkabine herausgekommen, als es geschah. Gerade als er sich ein Siebzigtausenddollarbadetuch um die Hüften schlingen wollte, mußte er etwas gesehen oder gehört haben, was ihn veranlaßte, seine Pistole (die unechte) aus einer Schublade zu holen und den Knopf für ein unhörbares Alarmsignal (außer Kraft gesetzt) zu betätigen. Sein Mörder erwartete ihn an der Schlafzimmertür. Die Polizei ging davon aus, Teaneck habe die Pistole, sobald er merkte, daß sie sich nicht abfeuern ließ, als Schlagwaffe zu benutzen versucht und dabei den Griff beschädigt.
    »Kein Blut am Griff?«
    »Kein Blut, keine Hautfetzen.«
    »Weiß die Polizei, was aus der echten Pistole geworden ist?«
    »Sie lag in der Kondomschachtel, in einem Seidenkokon versiegelt. Geladen mit panzerbrechenden Geschossen. Teaneck hätte nur zu erraten brauchen, daß sie da drin war. Mit dieser Munition hätte er einen Bus zum Stehen bringen können.
    Der Verhütungsmittelhersteller behauptet steif und fest, die Polizei müsse sich bezüglich des Fundorts der Waffe geirrt haben. Er meint, es sei völlig undenkbar, daß eine gestohlene Waffe versehentlich

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