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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Eigentum der Städtischen Verkehrsbetriebe, das vor Wandalen geschützt werden mußte. Mit anderen Worten: Geh schleunigst rein; vergeude keine Zeit damit, Hilfe zu holen. Während er einen verstellbaren Dietrich in das Schloß einpaßte, versuchte Powell, mit seinem eingebauten Funkgerät die Sicherheitskoor-dinatorin zu erreichen, um sie wissen zu lassen, daß er im Begriff stand, einen abgesperrten Bereich zu betreten. Er empfing nur atmosphärische Störungen, also ging er allein durch die Gittertür - trotz des Rostes ließ sie sich mühelos öffnen - und schloß sie wieder hinter sich ab.
    Der abschüssige Gang, in dem er sich jetzt befand, war unbeleuchtet, aber das stellte für Powell 617, der noch bei fast völliger Dunkelheit sehen konnte und zusätzlich über ein Hochfre-quenzsonar verfügte, überhaupt kein Problem dar. Das Sonar erfaßte den davonkrabbelnden Alligator, obwohl Powell, als er seine Augen auf Infrarot umschaltete, keinerlei Wärmestrahlung empfing. Dies schien darauf hinzudeuten, daß Grosse Ratte / Entlaufenes Haustier entweder Tot, Gefroren oder Künstlich war, und Powell, nicht auf den Kopf gefallen, tippte sofort auf die dritte Möglichkeit. »Na komm!« rief er dem Tier hinterher. »Miez, Miez, komm ... Bist du Elektro? Na komm schon, schalt dich aus!«
    Der Gang mündete in eine stillgelegte Bahnsteighalle. Auf dem diesseitigen Gleis stand ein einzelner U-Bahn-Waggon mit offenen Türen; ohne sich um Powells Ruf zu kümmern, wischte der Alligator hinein und verschwand in der Dunkelheit. Powell folgte ihm. Kaum war er eingestiegen, ereigneten sich eine Reihe von Dingen.
    Sein Sonar meldete ihm die Anwesenheit mehrerer men-schenförmiger Gestalten in dem Wagen, obwohl sein Infrarot-auge weiterhin keine warmen Körper erfaßte. Bevor er auf diese neuen Daten reagieren konnte, ertönte ein Stück weiter zu seiner Rechten ein barsches Peng!, und ein scharfes Metallgeschoß bohrte sich seitlich in seinen Hals. Seine Arme und sein Rumpf erstarrten augenblicklich; seine Beine blieben noch hinlänglich flexibel, um ihn im Gleichgewicht zu halten, aber es war ihm nicht mehr möglich, die Füße zu bewegen und einen Schritt vor oder zurück zu machen. Als er versuchte, einen Notruf abzuschicken, gab's in seinem Walkie-Talkie einen Kurzen, und aus seinem rechten Ohr quoll ein Rauchfaden hervor.
    Eine Stimme sagte in der Dunkelheit: »Erwischt.«
    »Affengeiler Schuß, eh, Mufti«, fügte eine zweite Stimme hinzu.
    Im Waggon ging die Beleuchtung an. Zwei Automatische Diener in billigen braunen Anzügen und Melonen standen gegenüber der Tür, durch die Powell eingetreten war; runde Pla-stikschildchen wiesen den auf der linken Seite als Arnos und den auf der rechten als Andy aus, ohne irgendwelche Zahlen. Etwas weiter den Gang hinunter stand der Mufti mit einer dicken verchromten Pistole in der Hand und neben ihm ein vierter Diener, ein Zwerg in einem weißen Frisörskittel, auf dessen Brust der Name »Shorty« prangte. Zwischen diesen beiden saß der Alligator. Ein ziemlicher Knirps übrigens: nicht länger als eins zwanzig von der Nase bis zur Schwanzspitze, mit einem schwarzen Kästchen, das ihm wie eine Geschwulst aus dem Kopf sproß. Das Kästchen war Elektro, aber der Alligator selbst war lebendig, kaltblütig und uralt, der einzige Uberlebende von Teddy Mays Kanalisationssafari von 1935. Powell hielt ihn noch immer für eine Künstliche grosse Ratte.
    »Verzeihung«, sagte er, an Alligator wie Elektro-Neger gewandt, »in meiner motorischen Selbstkontrolle scheint eine Fehlfunktion aufgetreten zu sein. Bitte begeben Sie sich zum nächsten Fernsprecher, wählen Sie die 911 und melden Sie meinen derzeitigen Standort.«
    Die Neger lachten. Verwirrt, wiederholte Powell: »Wählen Sie die 911, bitte.«
    »Hörst das, Andy?« sagte der Mufti. »Wähl die 911.«
    »Wählen Sie die 911«, sagte Powell.
    »Hör ich«, sagte Andy. »Ich würd sagen, wir schicken Shorty los.«
    »Klar«, sagte Shorty, »ich ka-ka-kann w-w-wählen ... Du k-k-kannst mich sch-sch-schicken ... i-i-ich ruf... I-i-ich geh u-u-und hol... I-i-ich ruf d-d-die ... Klar, ja.«
    »Wählen Sie die 911«, sagte Powell.
    »Gibt's'n Echo in dem Zug hier, eh?« fragte Arnos.
    »Eh, gibt's'n Echo in dem Zug hier?« wollte Andy wissen.
    Draußen auf dem Bahnsteig ertönten Schritte, und abrupt verstummten die Neger. Sie neigten respektvoll den Kopf, als ein weißer Mann den U-Bahn-Wagen betrat. Ein Elektro-Weißer. Er hatte angeklatschtes

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