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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Abwässerbehörde - wenn auch aus anderen Gründen. Nach der Madison-Avenue-Asthetik rangierten Amputationen in derselben Kategorie wie Damenbart und Bierbauch; die Vorstellung, jemand würde eine solche Verunstaltung durch Verzicht auf eine Prothese offen zur Schau tragen, war nach den Kriterien der Öffentlichen Meinung schlicht pervers. Außerdem hatten die älteren Mitbürger, die in Werbespots zu sehen waren, nie auch nur annähernd so viele Runzeln oder eine so ledrige Haut wie diese komische alte Eule mit Knobelbechern an den Füßen und Kichererbsenbrei an der Unterlippe. Köpfe wandten sich bei ihrem Anblick ab und erzeugten kleine Strudel im gleichmäßigen Strom von Werbegerede.
    Der Abfall im Geräuschpegel ließ Vanna Domingo, die den Cortex mittels eines auf ihrem Schreibtisch aufgestellten holographischen Goldfischglases beaufsichtigte, aufmerken. Sie erspähte Joan Fine und stürzte gefechtsbereit aus ihrem Büro, um den Eindringling zu stellen.
    »Sie!« zischte sie Joan an, einen Laserstift dolchgleich in der geballten Faust. » Raus hier, augenblicklich! Der Sicherheitsdienst wird Sie in der ersten Wolken-Lobby in Empfang nehmen und aus dem Gebäude begleiten. Und wenn Sie auch nur den Versuch unternehmen ...«
    Aber Harry Gant stand bereits hinter ihr. »Es ist schon gut, Vanna«, sagte er. »Ich habe Joan gebeten vorbeizuschauen.«
    Offenen Mundes brach Vanna mitten in der Tirade ab. Sie sah ihren Chef an. »Sie haben was?«
    »Joan ist der persönliche Termin, den ich für heute vorgemerkt hatte«, erklärte er. »Kein Grund zur Aufregung, wir werden nur ein bißchen plaudern.«
    Vanna wußte nicht, was sie dazu sagen sollte, also funkelte sie statt dessen ihren Stab von Meinungsmachern an. Sie hörten auf zu gaffen und machten sich wieder an die Arbeit.
    »Hi, Harry«, sagte Joan.
    Gant lächelte. »Joan.«
    »Harry, das ist meine Freundin und neue Partnerin, Iüte Ed-monds. Kite, Harry Gant.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte Gant, während er Kite die Hand schüttelte, ohne die Augen von Joan abzuwenden. Amüsiert sagte Kite: »Das merk ich«, was Harry indes nicht mitbekam.
    »Also«, sagte Gant, zu Joan gewandt, »wollen wir reingehen und uns ein wenig unterhalten?«
    Vanna knirschte mit den Zähnen.
Kite und Vanna teilen sich ne Kippe
    »Hier wird nicht geraucht«, sagte Vanna, nachdem Joan in Gants Büro verschwunden war. Kite setzte ihr Beleidigte-Groß-mutter-Gesicht auf - auf Vannas Schreibtisch stand, nicht zu übersehen, ein Aschenbecher -, steckte sich aber keine an.
    »Wie's scheint, kennst du mich nicht mehr«, sagte sie und schob Tabaksbeutel und Blättchen wieder in ihre Manteltasche.
    »Woher sollte ich Sie kennen?«
    »Grand Central Station.«
    Vanna war sofort auf dem Quivive. »Was ist mit Grand Central Station?«
    »Schau mich nicht so an, als war ich ne Erpresserin, Schätzchen. Ich hab früher in den Tunnels geschlafen, genau wie du. Wir lagen direkt nebeneinander, in dieser Nacht, als die Ratten rausgekommen sind und sich den alten Sarge Kilpatrick geschnappt haben. Und wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hab ich einen Nager umgenietet, der sich dein Gesicht als Abendessen ausgesucht hatte.«
    Vanna nickte, noch immer auf der Hut. »Ich erinnere mich«, sagte sie. Dann: »Na schön, rauch ruhig, wenn du willst.«
    »Ich wußte doch, daß du auch höflich sein kannst.«
    Als die Zigarette gerollt und angezündet war und einen dünnen weißen Rauchfaden in die Luft steigen ließ, fragte Vanna: »Was will die Fine von Harry?«
    »Informationen«, sagte Kite.
    »Es geht um den Teaneck-Mord, nicht? Sie will wegen dem verschwundenen Diener Stunk machen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Weil diese Zeitungsschmiererin aus Brooklyn sie gestern im Krankenhaus besucht hat und jemand, ohne dazu autorisiert zu sein, meine Datenbank nach Hinweisen auf Amberson Teaneclc durchsucht hat. Es ist nicht schwer, sich den Rest zusammenzureimen.«
    »Naja, und was ist schon dabei? Meinst du nicht, die Öffentlichkeit sollte gewarnt werden, wenn jemand deine Roboter als Killer einsetzt?«
    »Ich bin nicht der Ansicht, daß man die Öffentlichkeit dazu verleiten sollte, Spekulationen über das Unmögliche anzustellen.«
    »Und was, wenn es nicht unmöglich wäre?«
    »Meine Loyalität gilt zuerst und ausschließlich diesem Unternehmen.«
    Kite nickte. »Du bewachst noch immer beim Essen deinen Teller, wie?« sagte sie. »Beugst dich drüber, daß ihn dir ja keiner unter der Nase

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