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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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einem unbekannten Planeten nicht verwenden?“ fragte ein schlanker, junger Mann. „Ich habe gehört, daß wir in diesem Fall von Menschen gelenkte Raketen einsetzen wollen.“
    „Ja, das ist leider notwendig“, antwortete Tembhara. „Du kennst doch die Redensart, daß die Automaten vollkommen und beschränkt, die Menschen unvollkommen, aber nicht beschränkt sind. Das heißt: Das Denken der Automaten hat eine Hauptrichtung, die auf bestimmte Situationen zugeschnitten ist. Jeder Automat ist etwas einseitig, denn er kann sich in einer neuen Lage nicht in jeder beliebigen Denkrichtung bewegen. Nun sind auf einem fremden Planeten Begegnungen mit unbekannten Bewohnern zu erwarten und damit Situationen, die man nicht voraussehen kann. Wenn wir nun Automaten dort hinschicken, dann wäre es leicht möglich, daß sie versagen und enttäuschen. Und das wäre gefährlich.“
    „Wieso? Das verstehe ich nicht.“
    „Ganz einfach: Die Automaten benehmen sich in einer solchen Situation vielleicht wie ein geisteskranker Mensch“, antwortete Tembhara. „Um dir das zu erklären, will ich mich eines Beispiels aus einem alten Lehrbuch für Mechanoeuristik bedienen. Das Buch hat zwar nur noch historischen Wert, illustriert aber gerade das sehr gut, um was es mir geht. Es ist eine ganz kurze Geschichte. In der Wohnung eines Menschen befand sich allerlei überflüssiges Gerümpel. Besonders einige alte Globusse und beschädigte, dickbauchige Krüge und Vasen nahmen unnötig viel Platz weg. Der Mensch befahl dem Automaten, dieses Gerümpel zu beseitigen; er sagte:,Wirf alle kugelförmigen Gegenstände hinaus.‘ Der gehorsame Automat befolgte diesen Befehl genau und gründlich. Er riß nämlich dem Menschen den Kopf ab; denn er hatte ihn als runden Gegenstand angesehen, der beseitigt werden sollte.“
    „Das ist doch Unsinn!“
    „Das ist unmöglich!“
    „Ein Automat kann doch einem Menschen keinen Schaden zufügen!“
    „Natürlich nicht. Jeder Automat hat ja eine Spezialsicherung. Diese Geschichte ist in Wirklichkeit auch nicht passiert. Es handelt sich nur um ein übersteigertes Beispiel für das, was man als ‚Mißverständnis‘ zwischen einem Menschen und einem Automaten bezeichnen kann. Für uns sind die meisten Dinge, ohne daß wir ein Wort darüber verlieren müssen, klar, einleuchtend und verständlich. Für einen Automaten ist nur das begreiflich, was sein Konstrukteur in ihn hineingebaut hat. Unsere Automaten haben Schutzsysteme, die sie vor der Selbstvernichtung schützen, und die bereits erwähnten Sicherungen, die es ihnen unmöglich machen, einem Menschen Schaden zuzufügen. Aber in einer ganz neuen, von ihrem Erbauer nicht vorhergesehenen Situation, unter den Bedingungen, die auf einem anderen Planeten herrschen, richten sie unter Umständen viel Unheil an. Hinzu kommen Bedenken ethischer Natur. Es wäre uns gewiß nicht angenehm, wenn die Bewohner eines anderen Planeten eine Meute von Maschinen auf die Erde schickten und auf uns losließen, damit sie untersuchen, ob es lohnt, zu den Menschen nachbarliche Beziehungen aufzunehmen.“
    Tembhara lächelte.
    „Hast du nicht die ersten Giromaten entworfen, Professor?“ fragte ein Mädchen.
    „Ja, das heißt, ich war an der Projektierung einiger Giromaten beteiligt.“
    „Professor Averroes hat uns bei einer seiner Vorlesungen gesagt, daß ein solcher Giromat ohne Konstruktionspläne gebaut wird. Wie ist das möglich? Kannst du mir das erklären?“
    „Ich will es versuchen.“ Tembhara dachte kurz nach. „Am besten erläutere ich es wohl an einem konkreten Beispiel. Unser Büro hat vor dem Abflug von der Erde die wissenschaftlichen Grundlagen für den größten Astrogiromaten für das Observatorium von Simeidsk als letzten dieser Serie ausgearbeitet. Dieser gigantische Automat hat bestimmte Aufgaben zu lösen. Er ist imstande, mathematische Modelle der Gestirne zu schaffen. Man gibt ihm die Größe des Sternes und alle bei astronomischen Beobachtungen ermittelten Werte an. Nun vermag der Automat das ganze Leben des Sterns von seiner Geburt bis an sein Ende darzustellen. Er rekonstruiert also die Vergangenheit des Sterns und ermittelt seine Form, seine Maße, die Temperatur, alle früheren, gegenwärtigen und künftigen atomaren Prozesse und Umwandlungen, seine Bahn, die Einwirkung auf andere Himmelskörper und umgekehrt ihren Einfluß auf ihn. Mit einem Wort: Der Giromat schildert uns mit der größten Genauigkeit und in kürzester Zeit die Entwicklung jedes

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