Gast im Weltraum
Bild seiner Heimstätte Wiedererstehen läßt, die einmal alles für ihn bedeutete. Vielleicht war seine Erzählung gerade deshalb so ergreifend… Ich überliefere sie euch nicht in der lückenhaften Form, wie ich sie aus Pjotrs Mund vernahm, sondern ergänzt durch die Nachrichten von der Erde.
Pjotr verbrachte seine frühe Jugend ähnlich wie viele andere Kinder. Bis zu seinem siebenten Lebensjahr wohnte er bei seinen Großeltern in einem ausgedehnten Naturschutzgebiet, dem Eurasischen Naturpark in den Vorbergen des Pamir. Nur zwei Monate im Jahr verlebte er in dem alten Haus seiner Eltern an der Weichsel. In der Schulzeit unternahm er zahlreiche Reisen über die Meere und Kontinente der Erde; es waren Exkursionen im Rahmen des Unterrichts in Geographie, Geologie und Geschichte, verbunden mit dem Besuch der Museen und Sammlungen. Bergwanderungen, Sommerfahrten auf den Flüssen, erste Raketenflüge mit den Erziehern und Schulfreunden, selbständige physikalische und chemische Experimente, die Besichtigung des Planetariums im Park der Kinder zwischen Erde und Mond und schließlich ein zweiwöchiger Aufenthalt im Observatorium auf der sechsten kosmischen Station gestalteten die ersten Schuljahre abwechslungsreich.
Zugleich war dies die Zeit, in der er von Entdeckungen, von unerhörten Abenteuern, von Kämpfen mit gefährlichen Kräften und Mächten in fernen Ländern und auf noch ferneren Planeten träumte. Mit zunehmendem Alter wandelte sich sein Interesse für die Erscheinungen der Welt in Kenntnis. Alles wurde begreiflich und verständlich, die Kinderträume von einst entwichen in irreale Sphären. Bereits damals beschäftigte er sich mit den Grundlagen allgemeinen Wissens und gewann immer mehr die Überzeugung, daß Geheimnisse, falls es überhaupt welche gab, nur in den entlegensten Teilen des Weltalls verborgen sein könnten. Als er sein siebzehntes Lebensjahr vollendet hatte, besuchte er verschiedene technische Hochschulen, Institute, Laboratorien und andere Forschungsstätten, um sich einen Überblick über das riesige Gebiet menschlicher Tätigkeit zu verschaffen und um jenes Teilgebiet zu finden, dem er sich für immer widmen wollte. Er entschloß sich zum Studium der Astronomie. Dann sattelte er um und trat in das Institut für allgemeine und experimentelle Astronautik ein. Nach drei Jahren hatte er den Vorbereitungslehrgang beendet. Nun begann die vier Jahre lange Etappe selbständiger Forschungen. Damals erlebte er seinen ersten Triumph – und seine erste Niederlage. Professor Dyaadik erklärte nach der Überprüfung der Arbeitsergebnisse seiner Schüler, daß Pjotrs Arbeit zu großen Hoffnungen berechtigte. Diese Freude wurde ihm bald darauf vergällt: Er unterlag im Kampf gegen eine unbekannte Macht, die er nicht auf einem fernen Himmelskörper, sondern in sich selbst entdeckte.
Er lernte ein gleichaltriges Mädchen kennen, eine Studentin. Die gleichen Interessen, Wünsche und Hoffnungen verbanden die beiden jungen Menschen. Nach einem Jahr waren sie Freunde, sie kamen sich immer näher. Ihre Gedanken, so stellten sie oft lachend fest, bewegten sich auf gleichlaufenden Bahnen; die Empfindungen, die durch Musik oder das Betrachten eines Kunstwerkes in einem von ihnen wachgerufen wurden, fanden ihre Ergänzung in dem anderen. In dieser Zeit arbeitete Pjotr eifriger denn je. Früher hatte er die Schwierigkeiten, auf die er stieß, niemals so siegesgewiß, so hartnäckig und leidenschaftlich angegriffen und bewältigt. Die endgültige Lösung eines Problems brachte ihm aber statt befriedigter Erleichterung neue Unruhe. Unaufhörlich suchte er zusätzliche Beschäftigung, neue Probleme, neue Themen. Dann spürte er plötzlich den unüberwindlichen Drang nach Einsamkeit. Er unternahm allein einige kühne, ja sogar waghalsige Bergbesteigungen.
Eines Abends, als er mit dem Mädchen allein im Laboratorium war und ihre leichten und doch kräftigen Bewegungen sah, mit denen sie sich an den Apparaturen beschäftigte, da begriff er so unerwartet, daß sein Herzschlag auszusetzen drohte: das Ringen, die Leidenschaft, die Flucht in die Einsamkeit, das unbegreifliche, gedankenlose Vorsichhinstarren–all das ist mit einem einzigen Wort erklärt: Liebe.
Anfangs verbarg er vor ihr seine Gefühle; doch eines Tages kam die entscheidende Aussprache, und sie bedeutete das Ende seiner Hoffnungen. Das Mädchen schätzte und achtete ihn, aber sie liebte ihn nicht. Monatelang sah er sie nicht, und – sonderbar – er
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