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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Grotrian. „Um die Tatsachen, die ich erwähnte, anders zu erklären, müßte man ein sehr ungewöhnliches Zusammentreffen von Umständen voraussetzen.“
    „Den Fußboden und die Wände des Satelliten bedeckte doch eine Reifschicht, in der sich unsere Schritte und Berührungen abdrückten“, wandte ich ein. „Wie ist es möglich, daß die rätselhaften Wesen keinerlei Spuren hinterlassen haben? Überdies war, soweit ich es beurteilen konnte, im Innern des Schiffes nichts berührt worden. Ist es nicht klar und verständlich, daß diese Wesen den Wunsch hatten, die Mumien und die Konstruktion des Satelliten gründlich zu untersuchen?“
    „Ich habe auch darüber nachgedacht“, antwortete Grotrian. „Die Wesen brauchten, selbst wenn sie solche Untersuchungen Vornahmen – die Astron spuren scheinen darauf hinzuweisen, daß sie es taten –, keine Spuren zu hinterlassen…“
    Als Grotrian diese Worte aussprach, stieg vor mir ein Bild von unheimlichen Geschöpfen auf, die der Schwerkraft nicht unterliegen, weder den Fußboden noch die Wände berühren und durch die gleichen Gänge, Räume und Winkel geschwebt waren, die wir wenige Stunden zuvor durchschritten hatten. Ein kalter Schauer rieselte mir über den Rücken.
    Der Astrogator sprach weiter: „Was die unberührte Reifschicht betrifft, so müssen wir in Betracht ziehen, daß der künstliche Mond auf einer langgestreckten Ellipse, die einer Kometenbahn ähnelte, um die Proxima kreiste. Näherte sich der Satellit dem roten Zwerg–die Berechnung der Bahnelemente zeigt, daß er im Perihel nur vierzig Millionen Kilometer von ihm entfernt war–, dann begann er, sich zu erwärmen. Der flüssige Sauerstoff in den Behältern verdampfte und verflüchtigte sich durch die undichten Verschlüsse. So entstand der scheinbar von einem Kometen stammende seltsame Gasschweif, durch den wir auf den künstlichen Mond überhaupt erst aufmerksam wurden. Wenn er sich von dem roten Zwerg wieder entfernte und auf seiner Bahn in den Bereich des eisigen Weltraumes geriet, dann gefror das entweichende Gas und bedeckte als Reif alle Gegenstände. Es ist daher denkbar, daß die Spuren früherer Besucher, falls es welche gab, durch neue Reifschichten im Laufe der Zeit verdeckt wurden. Wir haben eine Probe von dem Reif mitgebracht und untersucht, und es stellte sich heraus, daß er tatsächlich bei jeder Annäherung an die Sonne weggetaut und im Aphel von neuem aufgetreten ist. Das hat sich bei jedem Umlauf, das heißt alle zwölf Erdenjahre, regelmäßig wiederholt. Überdies ist es möglich, daß die Wesen durch den geöffneten Bombenschacht in die Bombenkammer gelangt sind. Dies ist sogar ziemlich gewiß, da ja die Panzertür unberührt war. Man kann nicht mit Sicherheit sagen, ob der Verschluß des Schachtes schon vorher von Menschenhand geöffnet worden war oder nicht …“
    „Wie konnten sie, ohne das Schiff betreten zu haben, wissen, wohin sie sich zu wenden hatten und wo der Raum mit den Atombomben lag?“ fragte ich.
    „Es ist möglich, daß sie zuvor das ganze Schiff von außen durchleuchtet haben“, erwiderte Grotrian. „Ich möchte mich aber lieber nicht auf weitere Mutmaßungen einlassen, denn sie beweisen nichts. Eines ist allerdings wahrscheinlich und möglich: Vor uns waren bereits Lebewesen auf dem Satelliten, und zwar hochentwickelte Lebewesen, die sich der Strahlentechnik bedienen, wie die Astronspuren zeigen.“
    „Woher mögen diese Wesen gekommen sein?“ fragte Ter Haar. „Hast du dir darüber Gedanken gemacht?“
    „Nein. Sicherlich sind sie von einem der nächsten Systeme gekommen, also entweder von einem Planeten der Proxima – sie scheinen allerdings unbewohnbar zu seih – oder von dem Planetensystem des Zentauren.“
    „Wissen die anderen Astrogatoren bereits über alles Bescheid, was du uns mitgeteilt hast?“ erkundigte ich mich.
    „Selbstverständlich.“
    „Vielleicht war es doch etwas voreilig gehandelt, den künstlichen Mond zu zerstören“, sagte Ter Haar. „Wir hätten ihn gründlicher untersuchen sollen.“
    „Ich glaube nicht, daß viel mehr herausgesprungen wäre. Nun, das ist jetzt ohne Bedeutung. Es hat keinen Sinn, über Dinge zu sprechen, die nicht zu ändern sind. Das ist alles, was ich euch sagen wollte. Den anderen Gefährten werden wir es später mitteilen, wenn wir mit der Erforschung der Planeten beginnen. Vorerst werden wir uns, wie ihr wißt, dem roten Zwerg so weit wie möglich nähern, und das ist mit einem gewissen,

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