Gast im Weltraum
Zerstörung des künstlichen Mondes zu beobachten. Auch wir fuhren hinauf. Zehn Minuten später meldeten die Mechanoautomaten, daß die Sprengeinrichtung angebracht war. Eine Rakete startete, um die Automaten abzuholen. Als sie zurückgekehrt war, vernahmen wir die ruhige Stimme Ter Akonians aus dem Lautsprecher: „Achtung! Vier Minuten… drei Minuten… eine Minute… vierzig Sekunden… fünf Sekunden…“
Unsere Herzen begannen rascher zu schlagen. Schweigend starrten wir in das Dunkel, wo der künstliche Mond der Atlantiden als blaßleuchtender Ring flimmerte.
„Achtung! Null…“ Ein Bündel von grellen Blitzen zerriß die Finsternis. Eine blendendhelle Kugel dehnte sich in Sekundenschnelle aus, löschte das Licht der Sterne, wurde größer und blasser. Vor unseren Augen zuckten noch immer glühende Flecke, als sich, sechshundert Kilometer von der Gea entfernt, die leuchtende Kugel in schmutzigweiße Rauchballen auflöste.
Ich nahm an, daß die unheimliche Begegnung im Weltraum damit ihren Abschluß gefunden habe. Wie sehr irrte ich mich! Bereits am Abend desselben Tages lud mich Grotrian in seine Wohnung ein. Dort traf ich alle, die auf dem künstlichen Satelliten gewesen waren.
Nach der Rückkehr zur Gea hatten wir die Skaphander in einem eigens dafür frei gemachten Raum abgelegt; sie wurden einer sorgfältigen bakteriologischen Überprüfung unterzogen. Grotrian teilte uns mit, die Analyse habe ein negatives Resultat ergeben. Als er geendet hatte, blickte er uns eine Weile prüfend an, als wüßte er nicht, ob er weitersprechen sollte.
„Ich möchte euch über eine sehr sonderbare Angelegenheit unterrichten“, sagte er schließlich. „Ich habe, wie ihr euch vielleicht erinnern könnt, als einziger die Atombombe, die wir durchleuchtet haben, berührt. Die mikrotechnische Analyse hat gezeigt, daß an meinem Handschuh eine winzige Spur von Astron haftengeblieben ist.“
Da Grotrian von unseren Mienen abzulesen schien, daß wir die Bedeutung seiner Mitteilung nicht erkannten, fügte er leise hinzu: „Bevor der Automat den Röntgenapparat einschaltete, zeichnete sich auf dem Bildschirm, allerdings als kaum sichtbarer Schatten, die Konstruktion der Bombe ab. Das machte mich stutzig. Dieser schwache Schatten konnte nicht von der Strahlung des Urans 235 herrühren, das sich in der Bombe befand; denn es sendet keine so harten Strahlen aus, die die Stahlhülle durchdringen. Daher vermutete ich, daß die Bombe schon früher mit einem Element bestäubt wurde, das Gammastrahlen aussendet. Ich kratzte mit dem Handschuh etwas Staub von dem Stahlmantel ab. Bei der Analyse wurden Spuren von Astron nachgewiesen… Da der künstliche Mond zweifellos Ende des zwanzigsten Jahrhunderts gebaut wurde, als die Menschen das Astron weder kannten noch synthetisch herzustellen vermochten, konnten die Atlantiden diesen Stoff nicht an Bord ihres Schiffes haben. Übrigens wäre Astron, selbst wenn sich Vorräte in dem Satelliten befunden hätten, in den tausend Jahren, die das Schiff im Weltall kreiste, längst zerfallen und nicht mehr nachweisbar, da seine Lebensdauer nur wenige Jahrzehnte beträgt. Im leeren Raum kommt Astron ebenfalls nicht vor. Der Staub muß sich also vor nicht allzulanger Zeit, das heißt vor höchstens sechzig Jahren, auf dem Stahlmantel der Bombe festgesetzt haben.“
Wir starrten den Astrogator mit angehaltenem Atem an. Grotrian wischte sich mit der Hand über die Stirn und fuhr, jedes Wort abwägend, fort: „So öffnet sich hier ein weites Feld für Hypothesen, die vorderhand nicht überprüfbar und schwer zu umreißen sind. Die einfachste und zugleich natürlichste logische Schlußfolgerung ist aber die, die ich angedeutet habe. Auf die Frage, weshalb die Oberfläche der Atombombe mit Astron bestäubt wurde, können wir nur antworten: Astron, das harte Gammastrahlen aussendet, vermag mit gutem Erfolg Röntgenstrahlen zu ersetzen. Auf die zweite Frage, wie das Astron auf den künstlichen Satelliten der Atlantiden gekommen ist, drängt sich als Antwort die Vermutung auf, daß Wesen es dorthin gebracht haben, die die innere Konstruktion der Atombomben kennenlernen wollten… Da vor uns kein lebender Mensch in diesen Teil des Milchstraßensystems gelangt ist, waren die Wesen, die diese Untersuchungen Vornahmen, keine Menschen…“
„Also war vor uns schon jemand auf dem Satelliten“, warf Ameta ein, der ebenso erregt war wie wir.
„Sicher ist es nicht, aber sehr wahrscheinlich“, entgegnete
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