Gast im Weltraum
die Ergebnisse warten und nannte es deshalb „Dummkopf“. Dieser Spitzname hatte manchmal einen beinahe zärtlichen Klang.
Einige Abende hindurch hatte Zorin, da er mit der Überprüfung der Baufortschritte beschäftigt war, die Analyse der Astroradardaten, die uns über alles unterrichteten, was im Weltraum rings um unser Felsstück geschah, aufgeschoben. Als er sich an diese Arbeit machte, verfinsterte sich sein Gesicht. Er übertrug dem „Dummkopf“ eine Reihe von Berechnungen.
Da der Automat wie gewöhnlich längere Zeit brauchte, wartete Zorin die Ergebnisse nicht ab. Wir legten uns schlafen. In der Nacht stand Zorin auf und ging zu dem Automaten. Als er zurückkam, pfiff er, was bei ihm ein Zeichen schlechtester Laune war. Ich fragte ihn nicht, denn ich wußte, daß jeder Gedanke in ihm reifen mußte, bevor er ihn aussprach.
„Weißt du“, sagte er endlich, „ich glaube, wir geraten in einen ganz eklen Brei.“
Brei bedeutet in der Pilotensprache Meteoritenschwarm. Diese Nachricht beunruhigte mich nicht allzusehr. „Na und, was ist dabei?“ antwortete ich. „Unser Haus, der Atommeiler und der Bunker der Automaten sind mit den erforderlichen Sicherheitskoeffizienten konstruiert. Schlimmstenfalls müssen wir uns ein paar Stunden in acht nehmen. Sonderbar ist allerdings, daß sich die Astrogatoren geirrt haben sollen…“
Zorin erwiderte nichts. Es war inzwischen Tag geworden, und er bereitete sich vor, die Baustellen aufzusuchen. An der Tür wandte er sich um und sagte: „Das sind keine gewöhnlichen Meteore, weißt du, sondern Meteore, die aus dem Weltraum kommen…“
Ich blieb allein. Zorin beabsichtigte, die Automaten zu kontrollieren, die am weitesten entfernt von uns arbeiteten. Ich hatte daher beinahe eine Stunde Zeit, über seine Worte nachzudenken. Bekanntlich werden Planeten von zweierlei Meteoren heimgesucht. Eine Sorte gehört dem Planetensystem an, das heißt, es sind systemeigene Meteore, die in geschlossenen Bahnen kreisen. Ihre Geschwindigkeit war im Verhältnis zu unserem Planetoiden nicht größer als einige Kilometer in der Sekunde. „Fremde“ Meteore hingegen, eine Herde steinerner und eiserner Blöcke, die sich in Parabeln bewegen, können im Vergleich zu den Himmelskörpern eines Sonnensystems Geschwindigkeiten entwickeln, die hundert Kilometer in der Sekunde erreichen. Unser Radar hatte anscheinend den Schatten eines solchen Meteorschwarms erfaßt. In den nächsten beiden Tagen sprachen wir nicht über diese Sache. Nur Zorin saß jede Nacht länger vor den Filmen des Radaroskops.
Wir trafen alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen. Die Automaten sicherten unser Haus und die Decke des Atommeilers mit weiteren Panzerplatten. Der Atommeiler, ein großer, zu drei Viertel in den Felsen eingelassener Metallzylinder, war einen halben Kilometer von unserem Haus entfernt.
Die Vermutung Zorins wurde Gewißheit. Die fotografischen Aufnahmen zeigten in einem Quadranten des Himmels einen kleinen Nebel, als wäre ein Fleck auf dem Film. Von dort bewegte sich eine Wolke auf uns zu, die so kleine Körper enthielt, daß sie nur als Ganzes ein Bild ergaben. Das Licht der Sterne leuchtete durch sie hindurch. Sie waren also keine homogene Masse, sondern ein Schwarm kleiner Bruchstücke.
„Vielleicht ist es nur eine Staubwolke“, meinte Zorin, als wir überlegten, ob wir die Gea benachrichtigen sollten.
Wir beschlossen, es nicht zu tun, da sich unsere Gefährten nur um uns sorgen würden; helfen konnten sie doch nicht. Am anderen Tage schritten die Arbeiten wie gewöhnlich voran. Die Ausschachtungen für das Fundament des Atommeilers waren beinahe fertig, der Bunker der Automaten war mit einem zusätzlichen Panzer versehen worden. Nur die provisorische Antenne unserer Funkstation, die sich 45 Meter hoch über die Ebene erhob und mit Stahlseilen am Boden verankert war, konnten wir nicht sichern.
In der Nacht riß mich ein gewaltiges Dröhnen aus dem Schlaf, als wäre unmittelbar über mir eine eiserne Glocke zersprungen. Mein Bett schwankte, als hätte jemand darangestoßen. Wie betäubt blieb ich eine Weile regungslos liegen und lauschte in die rauschende Stille. Allmählich verklang in meinen Ohren das Getöse. Ich richtete mich auf. Als ich mit bloßen Füßen den Boden berührte, spürte ich ein leichtes Vibrieren. In meiner Schlaftrunkenheit schoß mir der verrückte Gedanke durch den Kopf, in dem Planetoiden lebe ein Ungeheuer, das erwacht sei, sich bewege und die Felsenkruste
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