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Gast im Weltraum

Gast im Weltraum

Titel: Gast im Weltraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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höher wuchs. Am nächsten Abend verschlechterte sich der Empfang. Als wir das Gespräch mit der Gea beendet hatten, stellten wir fest, daß der große Reflektor der Antenne an vielen Stellen verbeult und durchlöchert war.
    „Die Arbeit ruht seit drei Tagen, und nun besteht überdies die Gefahr, daß die Verbindung mit der Gea unterbrochen wird“, sagte ich.
    „Die Automaten werden die Antenne instand setzen.“
    „Bist du überzeugt, daß sie kommen?“
    „Ja.“
    Zorin trat an das Steuerpult und rief die Automaten an. Es war Nacht, der Meteorfall war gering. Zorin horchte eine Weile, dann schaltete er das Mikrophon aus.
    „Kommen sie?“ fragte ich.
    Zorin stand breitbeinig, wie ein Ringkämpfer, der mit zusammengekniffenen Augen seinen Gegner beobachtet, in der Mitte der Kabine und schwieg. „Was sollen wir nun machen?“ sagte ich ziemlich ratlos.
    „Überlegen. Aber erst wollen wir mal ein Lied singen.“
    Wir sangen eine ganze Stunde lang. Immer wieder fielen uns neue Lieder ein. In einer kurzen Pause bemerkte Zorin beiläufig: „Weißt du, daß man die Selbsterhaltungssicherung abschalten kann?“
    „Ja, aber nicht von hier aus“, antwortete ich.
    Wir sangen weiter. Von Zeit zu Zeit hob Zorin den Kopf und lauschte. Schließlich stand er auf und sah sich nach dem Skaphander um.
    „Willst du etwa in den Bunker gehen?“
    Er nickte und stieg in die obere Öffnung des Raumanzuges. Ungeduldig zerrte er an dem silbrigschimmernden Stoff, streifte ihn endlich über, schloß die Halskrause und knurrte: „Ein Glück, daß wir keine Sicherungen haben.“ „Wir wollen noch warten“, schlug ich vor.
    „Nein. Die Arbeit kann ruhen; aber die Antenne muß repariert werden.“ Zorin sprach ganz leise. Hinter seiner Ruhe verbarg sich Unwille. Er untersuchte die Verschlüsse an den Schultern, hob den Helm vom Fußboden auf, nahm ihn unter den Arm und schritt auf die Tür zu.
    Als wäre ich gar nicht vorhanden, dachte ich. Das Gefühl der Überraschung und der Ratlosigkeit war mit einemmal verschwunden. Zorn, gepaart mit kalter Überlegung, ergriff mich. Ich bin ihm doch ein wenig ähnlich, dachte ich und schlüpfte rasch in den zweiten Skaphander. Als ich in die Ausgangs schleuse trat, stand Zorin an den Verschlußkurbeln. Beim Klang meiner Schritte wandte er sich um. Seine Hand ruhte reglos auf der Radspeiche. Ich tat, als sähe ich das nicht, schloß sorgfältig die innere Tür, schob die Riegel vor und stellte mich neben ihn.
    „Was soll das heißen?“ fragte er.
    „Ich gehe mit.“
    „Das ist Unsinn.“
    „Ich glaube nicht.“
    „Was willst du denn tun, Mensch?“
    „Und du?“
    Zorin war eine Sekunde lang starr, dann lachte er lautlos und ergriff meine Hand. Ich sträubte mich, denn ich wußte, daß er mich überzeugen wollte. „Höre mich an“, sagte er mit gedämpfter Stimme. „Du weißt doch, weshalb wir hier auf diesem Felsstück sind?“
    „Natürlich weiß ich das.“
    „Es ist möglich, daß die Gea nicht zurückkehrt.“
    „Ich weiß.“
    „Jemand muß hier sein, der die Station baut.“
    „Einverstanden. Weshalb sollst du gehen und nicht ich?“
    „Weil ich ein besserer Mechanoeurist bin als du.“
    Er hatte recht. Wieder packte er die Radspeiche und wandte sich noch einmal mir zu. „Du gehst, wenn es mir nicht gelingen sollte, nicht wahr?“
    „Ja“, antwortete ich, verwundert, wie einfach, wie selbstverständlich diese Frage entschieden worden war. „Ich werde die Funkverbindung mit dir aufrechterhalten“, fügte er hinzu.
    Ohne ein weiteres Wort drehte Zorin an den Kurbeln. Zischend strömte die Luft aus der Schleuse. Der Zeiger des Manometers sank langsam auf den Nullpunkt, bewegte sich noch ein paarmal leicht hin und her, schlug an den Rand der Skala und rührte sich nicht mehr. Zorin schob die starken Riegel der Ausgangsluke zurück. Sie öffnete sich nicht. Er brummte etwas Unverständliches und stemmte sich mit aller Kraft gegen die Stahlplatte. Sie bewegte sich etwas, gab aber nicht nach. Ich griff zu. Allmählich, Zentimeter um Zentimeter, öffnete sie sich. Durch den Spalt rieselte lockerer Sand auf unsere Füße.
    Endlich hatten wir es geschafft. Vor dem Ausgang gähnte ein tiefer Trichter. Steile Sandwälle umgaben die Stahlwände der Druckkammer. Die Felsenwüste mit ihren wie aus Kohle und Silber geformten Gebilden war still und tot. Das kalte Licht der Sonne des Zentauren überflutete sie. Zorin hob lässig die Hand, sagte „auf Wiedersehen“ und entschwand so

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