Gatling Girl
nicht leisten, vom Weg abzukommen. Ich möchte jedenfalls nicht in den Fuchsbau greifen, wenn der Fuchs drin ist. Es ist ja kein Haufen von einem halben Dutzend, sondern das Vierfache.«
»Davor dürfte 'sich ein ehemaliger Pin kerton-Agent doch eigentlich nicht fürchten.«
»Ich fürchte mich auch nicht, ich mei ne nur - schauen Sie mal, dort!« Michael Hopkins deutete auf eine lichte Stelle im Unterholz. Das Rauschen des Flusses war jetzt ganz nah, und wie es aussah, war der Wald am anderen Ende des Flusses zu Ende. Das musste nicht heißen, dass da auch der Sumpf abnahm, aber vielleicht würden sie dort ein Plätzchen finden, an dem sie übernachten konnten.
»Wie es aussieht, ist da mit der grü nen Hölle Schluss.«
»Wird auch Zeit, sonst habe ich kei nen Tropfen Blut mehr in den Adern«, entgegnete Sally, während sie erneut nach einem Moskito schlug, der sich gerade auf ihrer Wange festsaugen wollte.
»Wenn wir im Wasser sind, wird es besser«, meinte Michael Hopkins und lenkte seinen Braunen auf den Fluss zu. Er und auch Sally hatten sich darauf eingerichtet, schwimmen zu müssen, doch an dieser Stelle war der White River seicht, sodass sie auf den Pferderücken bleiben konnten.
Zunächst wäre es Sally allerdings lie ber gewesen, angesichts der Moskitos untertauchen zu können, doch als sie im nächsten Moment etwas Schwarzes durch das Wasser gleiten sah, verging ihr das. Instinktiv riss sie die Füße hoch und hoffte nur, dass die Schlange ihr Pferd verschonen würde.
»Die tut Ihnen nichts«, meinte Mi chael Hopkins im nächsten Moment und lachte auf. »Das ist nur ne kleine Wasserschlange, sie und Ihr Pferd sind ihr zu groß fürs Abendbrot.«
»Sehr witzig, Mr. Hopkins«, schnaub te Sally und trieb dann ihr Pferd weiter.
Wieder an Land, ritten sie noch eine Weile durch den Morast und erreichten schließlich festen Boden.
Sally stieg aus dem Sattel und versuchte, sich zu orientieren. Wenn sie nicht alles täuschte, befanden sie sich südwestlich von Big Spring, und wenn sie den Weg weiterritten, würden sie in gut zwei Wochen in Corpus Christi sein. Unterwegs kamen sie noch an etlichen Orten vorbei, und sofern diese keine Geisterstädte waren, würde sie beim nächstbesten Telegrafenamt Washington die Nachricht über Santiagos Pläne aufgeben.
»Ich glaube, hier können wir unser Lager aufschlagen«, meinte Michael Hopkins, während er seinen Schlafsack vom Sattel losmachte. »Hoffentlich hat diese Bande nicht dieselbe Idee.«
»Glaube ich nicht«, entgegnete Sally, während auch sie ihr Bettzeug ausrollte. »Santiago bevorzugt eine komfortablere Unterkunft. Mindestens ein Saloon oder so was. Und bis er diesen nicht erreicht hat, macht er auch nicht Halt. Dafür bleibt er dann ein paar Tage dort und lässt die Puppen tanzen.«
»Sie scheinen den Kerl ja wirklich gut zu kennen.«
»Ich habe ihn kennen gelernt. Nur zur gut.«
»Tut mir Leid, so meinte ich es nicht«, fügte Hopkins hinzu und hätte sich im nächsten Moment ohrfeigen können. Nur knapp war sie diesem Santiago entgan gen, außerdem hegte er keinen Zweifel an ihrer Geschichte, dass der Kerl sie vergewaltigt hatte. »Wollen Sie noch was zu beißen?«, fragte er schließlich und sah, dass die junge Frau ihm seine Worte nicht übel genommen zu haben schien.
»Nen Salamander?«, entgegnete Sal ly grinsend. »Der wäre mir jedenfalls lieber als das trockene Brot.«
»Dann muss ich Ihnen einen fangen gehen.«
»Nein, nein, machen sie sich keine Mü he. Das Brot tut's auch. Und morgen kommen wir sowieso in eine Stadt, da bin ich mir sicher.« Mit diesen Worten holte sich Sally ihre Ration und wickelte sich dann in den Schlafsack ein.
Michael Hopkins beobachtete sie da bei und spürte, wie die Sehnsucht nach ihr immer größer wurde. Auch in den Männersachen sah sie verdammt hübsch aus, und nur zu gern hätte er die Nacht mit ihr in einem Schlafsack verbracht - nackt, wie Gott sie geschaffen hatte. Aber daraus würde es nichts werden. Sicher würde sie ihm allein schon bei dem Versuch, sich ihr zu nähern, die Augen auskratzen - und die brauchte er noch, um das Geld zu sehen, dass sie im Lager der Banditen finden und als Kopfgeld erhalten würden.
Also drehte legte er sich aufs Ohr, nachdem er sein Brot mit dem Wasser aus seiner Feldflasche runtergespült hat te, und nahm sich vor, lediglich zu ruhen, denn ganz traute er dem Frieden nicht. Und für den Fall, dass der Zufall die Banditen herführte, wollte er gerüstet
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