Gaunts Geister - Band 1-3
erster Blick auf Schreinziel Primaris war. Darüber hinaus hatte
er keine Ahnung, worum es sich handelte. Um eine Begräbnisstätte, einen Tempel,
eine tote Makropole? Es roch ganz einfach nach Bösem und nach Finsternis. Eine
schändliche Verderbnis sickerte aus jeder Pore der Felswand, aus jeder dunklen
Nische und aus jeder Ritze.
»Das gefällt mir nicht«, sagte
Mkoll kategorisch.
Gaunt lächelte grimmig und zog
seine Datentafel zu Rate.
»Mir auch nicht. Wir wollen uns
dem nicht direkt nähern. Wir müssen es links umgehen und der Tallinie folgen.«
Gaunt richtete den Feldstecher nach links.
Das granitene Bauwerk
erstreckte sich weiter über die Krümmung des Tals hinaus, und mehrere der
Turmreihen zogen sich durch das Farngestrüpp zu ihm hin, als seien sie die
Fühler des gigantischen Schreins. Dahinter und höher konnte er jetzt Türme aus
blauem Granit in den Wolken erkennen: Zinnen, Turmspitzen und Streben. Dies
waren nur die Ausläufer einer uralten Nekropole, einer seit Langem toten Stadt,
die vor dem Beginn der menschlichen Zeitrechnung von nichtmenschlichen Händen
erbaut worden war.
Der Geißblattgeruch in der Luft
wurde zu einem Gestank.
Stimmen in seinem Ohrhörer
verrieten ihm, dass seine Männer langsam von einer vagen, undefinierbaren
Übelkeit erfasst wurden.
»Sie wollen nach links gehen?«,
fragte Mkoll.
»Aber das steht nicht im
Einklang mit dem Marschbefehl.«
»Ich weiß.«
»Der General wird wütend sein,
wenn wir von der befohlenen Marschrichtung abweichen.«
»Ich habe meine eigenen
Befehle«, sagte Gaunt, indem er auf seine Datentafel tippte.
»Und möge der Imperator Sie
wegen Ihrer Loyalität lieben!«
Mkoll schüttelte den Kopf. »Kommissar,
uns wurde befohlen, dieses — diesen Ort direkt anzugreifen.«
»Und das werden wir auch tun,
Mkoll — nur nicht hier.«
Mkoll nickte. »Wie viel
weiter?«
»Ein oder zwei Kilometer. Im
Kristall ist von einer Kuppel die Rede. Finden Sie sie für mich.«
»Gern«, sagte Mkoll.
»Sie wissen, wenn wir unsere
Marschrichtung eigenmächtig verändern, gibt das den Jantiner Hunden nur umso
mehr Grund, auf uns loszugehen.«
»Ich weiß«, sagte Gaunt. Mehr
denn je imponierte ihm die Art, wie seine Offiziere mit den Realitäten dieses
Unternehmens umgingen. Sie wussten, was auf dem Spiel stand und wo die
wirklichen Gefahren lauerten.
Mkoll und Korporal Baru führten
die vorrückenden Geister dicht unterhalb des Bergkamms durch das Tal und an den
bedrohlichen Granitwänden mit ihren Türmen vorbei.
Späher Thark sah sie als
Erster. Er meldete über Kom: eine Kuppel, eine riesige knollenförmige Kuppel,
die förmlich aus der Felswand quoll und absurderweise aus dem Granit gehauen zu
sein schien.
Gaunt rückte vor, um sie sich
mit eigenen Augen anzusehen. Sie sah aus wie eine riesige steinerne Zwiebel mit
einem Durchmesser von tausend Metern, die in die mit Stufen versehene Felswand
eingelassen war, und ihre Oberfläche war mit Milliarden obskurer Sigillen und
Zeichen übersät.
Thark war auch der Erste, der
starb. Ein Geschosshagel aus Autokanonen peitschte den Hang empor,
pulverisierte Farngestrüpp, schleuderte Erde hoch und zerteilte ihn in vier
oder fünf blutige Stücke. Daraufhin eröffneten auch andere Geschützstellungen
in den Nischen der Stufen in der Granitwand das Feuer, und es regnete
Laserstrahlen, Kugeln und Plasmaströme auf die Geister.
Die Erwiderung legte ein
Spinnennetz aus Laserstrahlen, Leuchtspurgeschossen und Flammenstrahlen
zwischen die beiden Seiten des Tals.
Das Sterben begann.
4
Marschall Gohl Sendak, der
sogenannte Verwüster von Symbiont Gamma, hatte seinen Kommando-Leviathan
verlassen, um seine Truppen von der Front zu führen. Er fuhr in einem
Leman-Russ-Kampfpanzer der Borkellid-Regimenter an der Spitze einer schnellen
Panzer-Phalanx, die sich einen Weg durch die felsigen Böschungen unterhalb der
verwitterten Steinbauten von Schreinziel Secundus bahnte.
Im Schutz eines unablässigen
Bombardements durchbrachen sie zwei Linien bröckeliger Schutzmauern und drangen
dann in die unteren Ausläufer des eigentlichen Schreins ein. Breite, mit Geröll
und den Reihen jener infernalischen Türme übersäte Hänge erwarteten sie. Sendak
rief die Oudinot-Infanterie hinter sich über Kom und drängte sie, ihm in den
Schrein zu folgen. Aus den Bogengängen und Alkoven vor ihm schlug ihnen so
starkes Abwehrfeuer entgegen, wie er es noch nie erlebt hatte.
Sendak verspürte ein
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