Gaunts Geister - Band 1-3

Thoren.
    »Wir haben es mit schlammigen
Tunnels zu tun. Die Tanither sind leichte Infanterie, Ihre Leute sind gepanzert
und schwer. Lassen Sie uns vorangehen, und dann folgen Sie uns, wenn wir einen
Brückenkopf gesichert haben. Und bringen Sie ein paar schwere Waffen mit.«
    Thoren nickte. »In Ordnung,
Kommissar-Oberst.«
    Gaunt und Corbec gingen zu
ihren Männern.
    »Dies wird der erste
Kampfeinsatz für dieses Regiment, für das Erste und Einzige Tanith«, begann
Gaunt.
    »Für Gaunts Geister«, murmelte jemand.
    Der Irre Larkin, war Corbec
überzeugt.
    Gaunt lächelte. »Für Gaunts
Geister. Enttäuscht mich nicht.«
    Sie brauchten keine
zusätzlichen Anweisungen. Auf Corbecs Geste eilten sie paarweise vorwärts,
hüllten sich in ihre Tarnumhänge wie in einen Schleier und hielten die Laserwaffen
locker bereit. Das Mischgewebe der Kapuzenumhänge verschwamm und passte sich
dem grauen Matsch des Kammlinienwegs an, und alle blieben kurz stehen, um sich
nassen Schlamm auf Stirn und Wangen zu reiben, bevor sie über das Schanzwerk
glitten.
    Thoren sah den letzten Krieger
verschwinden und schwenkte dann das Makro-Periskop des Grabens herum. Er
schaute in die Todeszone, aber von den über sechzig Männern, die ihn soeben
passiert hatten, war nichts zu sehen.
    »Wo im Namen Solans sind sie
geblieben?«, hauchte er.
     
    Gaunt staunte.
    Er hatte sie in den Laderäumen
der großen Transporter üben sehen, aber hier und jetzt, in der Wildnis einer
richtigen Todeszone, verblüfften ihn ihre Fähigkeiten. In dem stinkenden Morast
waren sie praktisch unsichtbar, nicht mehr als winzige verschwommene Bewegungen
zwischen Trümmerhaufen und auf Erdhügeln in Richtung der eingefallenen, aber
massiven Wälle der Zitadelle.
    Er hüllte sich ebenfalls in
seinen tanithischen Tarnumhang. Das war Teil seiner Vereinbarung mit Corbec: Er
bestand darauf, sie anzuführen, um ihre Loyalität zu gewährleisten, sie
bestanden darauf, dass er ihre Position nicht verriet.
    Die kleine Perle des Interkoms
in seinem Ohr kribbelte. Es war Corbec. »Die ersten Einheiten sind jetzt an den
Tunneln. Paarweise aufrücken.«
    Gaunt berührte sein
Kehlkopfmikro. »Feinde?«, fragte er.
    »Ein wenig leichte
Messerarbeit«, ertönte knisternd die Antwort.
    Ein paar Augenblicke später
betrat er die tropfende Einmündung des dunklen Feldsteintunnels. Fünf Chaos-Krieger
in den orangen Gewändern ihres Kults lagen tot da. Vor ihm formierten sich die
Tanither. Corbec wischte Blut von der Klinge seines langen, silbernen Messers.
    »Also los«, sagte Gaunt.
     
    Der Elektor von Tanith, seine
Seele möge in Frieden ruhen, hatte in keinem Punkt gelogen, befand Gaunt. Beim
Überqueren der offenen Einöde der Todeszone hatten die Geister ihre Schläue und
Verstohlenheit unter Beweis gestellt, und er hatte keine Ahnung, wie sie sich
im verrückten, lichtlosen Labyrinth der Tunnel so sicher zurechtfanden. »Sie
verirren sich nicht«, hatte der Elektor geprahlt, und es stimmte. Der Feind war
wohl davon ausgegangen, dass nichts, was größer als eine Schabe war, jemals
einen Weg durch diese halb eingestürzte Todesfalle von einem Tunnelgewirr finden
würde.
    Doch Corbecs Männer hatten
genau das getan, mühelos und binnen weniger Minuten. Innerhalb der
Festungswälle der Stadt waren sie lautlos aus Tunnelenden gestiegen, hatten
lange silberne tanithische Messer über blasse, fleckige Kehlen gezogen und sich
einen Weg durch die Hintertür des Feindes gebahnt. Jetzt bewies das Erste und
Einzige Tanith, dass es kämpfen konnte, wie der Elektor gesagt hatte.
    Gaunt stand in der Deckung
eines zerschmetterten Pfeilers, sprengte mit seiner Boltpistole zwei Kultisten
in Stücke und zerstörte eine Tür. Ringsum heizten die vorrückenden Tanither die
Luft mit präzisen Schüssen aus fünf Dutzend Lasergewehren auf.
    Nicht weit von Gaunt holte ein
scharfgesichtiger älterer Tanither, den die Männer Larkin nannten, Kultisten
von den nächsten Balkonen. Sein Auge war gewaltig. Etwas weiter weg hatte ein
massiger Mann, ein freundlicher Riese namens Bragg, den schweren Bolter
angelegt und brachte Mauern und Säulen zum Einsturz. Die schwere Waffe war ursprünglich
auf dem drehbaren Zapfen eines Schlittens montiert gewesen, doch Bragg hatte
sie abgebrochen und wie ein Gewehr geschultert. Gaunt hatte noch nie zuvor gesehen,
dass ein ungerüsteter Mann einen schweren Bolter getragen hatte.
    Die Tanither nannten Bragg
»Gleich Nochmal«-Bragg. Er war zugegebenermaßen ein furchtbar