Gaunts Geister - Band 1-3
und
richtete sie auf Gaunts Kopf.
Gaunt trat zu und brachte Rawne
zu Fall. Er wälzte sich herum, warf sich auf ihn und schlug ihn einmal,
zweimal. Rawnes Mund war blutig.
Er versuchte seinerseits zuzuschlagen,
aber Gaunt war viel größer. Er traf Rawne so hart, dass er schon damit rechnete,
dem anderen das Genick gebrochen zu haben. Der Tanither erschlaffte im Staub.
Gaunt erhob sich und warf einen
Blick auf die Zeitzünder-einstellung. Keine zwei Minuten mehr bis zur
Explosion. Zeit, sich abzusetzen. Gaunt drehte sich um.
Doch in der Tür des Raums
standen die Krieger des Chaos und marschierten auf ihn zu.
Die Explosion sandte eine
Fontäne aus Erde und Feuer in den Himmel, die man aus den Gräben der Armee
entlang der Todeszone deutlich sehen konnte. Sechs Minuten später verstummten
die schweren Geschütze der Verteidiger.
Dann hörten die feindlichen
Linien gänzlich auf zu schießen.
Einheiten der Armee rückten
vor, zunächst vorsichtig. Sie fanden die Kultisten tot in ihren Stellungen vor.
Alle hatten sich gemeinsam das
Leben genommen, wie als Reaktion auf einen großen Verlust. In seinem Bericht
über den Sieg auf Dunkelscherbe mutmaßte General Hadrak, die Chaos-Reliquie
habe der Verteidigung der Kultisten einen Sinn gegeben, und ihre Zerstörung
habe sie des Durchhaltewillens beraubt.
Hadrak vermerkte außerdem die
bedeutsame Rolle, die das neu gegründete 1. Tanith bei diesem Sieg und als
Unterstützung für seine eigenen Truppen gespielt hatte. Zwar beanspruchte er
als Verantwortlicher für den Kriegsschauplatz Dunkelscherbe die Siegerlorbeeren
für sich, war dabei aber so großzügig, die Arbeit von »Gaunts Geistern«
anzuerkennen und empfahl insbesondere deren Verstohlenheit und
Kundschafter-Fähigkeiten.
Kommissar-Oberst Gaunt, an
Bauch und Schulter verwundet, tauchte zwanzig Minuten nach der Explosion aus der
Todeszone auf und wurde von Sanitätern versorgt, bevor er wieder auf seine
Fregatte zurückkehrte.
Vielleicht wäre er schneller
von den feindlichen Linien zurückgekehrt, hätte er nicht noch einen seiner
Offiziere, den bewusstlosen Major Rawne, in Sicherheit getragen.
Steif von drogenbetäubten
Schmerzen stieg Gaunt die Kajütstreppe des Truppentransporters hinab und betrat
den Laderaum. Fast neunhundert Tanither waren hier einquartiert. Sie
unterbrachen ihre Waffenübungen, und Gaunt spürte die Stille auf sich lasten.
»Euer erster Sieg«, sagte er zu
ihnen. »Der erste Sieg für Tanith. Die erste Wunde der Rache. Genießt es.«
Corbec, der neben ihm stand,
fing an zu klatschen. Die Männer nahmen den Rhythmus auf, immer mehr, bis der Laderaum
unter dem Applaus erbebte.
Gaunt musterte die Menge.
Vielleicht gab es hier doch eine Zukunft. Ein Regiment, das es wert war,
geführt zu werden und mit ihm den Weg zum Ruhm zu gehen.
Seine Augen fanden Major Rawne
in der Menge. Ihre Blicke trafen sich. Rawne klatschte nicht.
Darüber musste Gaunt lachen. Er
wandte sich an Milo und zeigte auf den tanithischen Dudelsack in den Händen seines
Adjutanten.
»Jetzt kannst du etwas
spielen«, sagte er.
* * *
Am frühen Morgen schritt Gaunt
die Reihen ab, und der Gestank des Dschungelgrases von Monthax erfüllte seine Sinne
und widerte ihn an. Tanither mit bloßem Oberkörper, die nassen Schlamm
schippten, um Säcke zu füllen, unterbrachen ihre Arbeit, um ihm zuzunicken, ein
paar Worte mit ihm zu wechseln oder zurückhaltende Fragen über den
bevorstehenden Kampf zu stellen.
Gaunt beantwortete sie, so gut
er konnte. Als politischer Offizier, der sich um Moral und Propaganda zu
kümmern hatte, war er ein Meister der hochtrabenden Formulierung. Aber als
Oberst fühlte er sich verpflichtet, seinen Männern die Wahrheit zu sagen. Und
die Wahrheit war, dass er sehr wenig über das wusste, was sie erwartete. Es
würde bitter werden, so viel war klar, obwohl die Kommissarseite in ihm seinen
Männern diesen Gedanken ersparte.
Gaunt sprach von Tapferkeit und
Ruhm im Allgemeinen, in erhebenden Begriffen und leise und entschlossen, wie
sein Mentor, Kommissar-General Oktar es ihn vor vielen Jahren gelehrt hatte,
als er noch ein grüner Kadett bei den Hyrkanern gewesen war.
»Spar dir das Gebrüll und
Geschrei für die Schlacht, Ibram. Bevor es so weit ist, baue ihre Moral mit
freundlicher Ermutigung auf. Lass es so aussehen, als hättest du nicht die
geringste Sorge.«
Gaunt war stolz darauf, nicht
nur jeden seiner Männer namentlich zu kennen, sondern auch noch ein
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