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Gaunts Geister - Band 1-3

Gaunts Geister - Band 1-3

Titel: Gaunts Geister - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Abnett , Christian Jentzsch
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des
Kommissars.
    Gaunt hatte ihnen erzählt,
bevor sich die Klauen des Chaos auf den Stadtstaat gelegt hätten, sei dieser
von zweiunddreißig Adelsfamilien regiert worden, den Nachkommen der
Handelsdynastien, die diese Siedlung gegründet hatten. Die strahlenden Banner
mit den Wappen der zweiunddreißig königlichen Häuser hingen an den Mauem,
Fetzen üppigen Stoffs, die von riesigen Holzmarkisen herabhingen. Diese
gewaltigen Markisen waren jetzt zusätzlich mit den gekreuzigten Leichnamen der
Anführer dieser Adelsfamilien dekoriert.
    Das war Nokads erste
Amtshandlung gewesen. Nokad der Verderbliche, Nokad der Lächelnde, der
charismatische Kult-Führer, dessen schändliche Truppen sich erhoben hatten, um
Bucephalon von innen zu erobern und eine der ehrenwertesten der Sabbatwelten
für das Chaos zu gewinnen. In seiner großen Befreiungsrede zu Beginn des
Kreuzzugs hatte Kriegsmeister Slaydo persönlich Bucephalon eine der Welten
genannt, die er am dringendsten retten wollte.
    Granaten explodierten draußen
vor den Fenstern, und Larkin duckte sich in Deckung. Glas splitterte und
klirrte auf den Steinboden. Die Blitze hinter seinen Augen wurden schlimmer,
und sein Speichel hatte einen metallischen Geschmack. In seinem Ohr war ein
Stöhnen, ein mattes, schmerzendes Ächzen. Das war ein besonders schlechtes Zeichen.
Er hatte das bis jetzt erst ein- oder zweimal erlebt, kurz vor den
allerschlimmsten Anfällen. Sein Blickfeld war nicht stabil. Alles in der
Kapelle kam ihm lang gezogen und gestreckt vor Wie im Spiegelzelt auf dem Jahrmarkt
von Attica. Stellenweise wölbte und verzerrte sich das Bild vor seinen Augen,
Gegenstände verschwammen und wurden wieder scharf, schwebten näher und dann
wieder weg. Er schauderte ganz tief in den Knochen.
    Der Engel zündete Kerzen in dem
schmiedeeisernen Offertorium an. Ihre Bewegungen waren langsam und lieblich,
die reine Grazie.
    Sie fragte: »Warum glaubst du
nicht an Engel?«
    »Oh, ich glaube an sie.« Larkin
seufzte.
    »Nur nicht gerade jetzt.
Früher. Ein Freund von mir, Cluggan, ein Sergeant, hat sich ein wenig mit Militärgeschichte
befasst. Er sagte, in der Schlacht von Sarolo wären kurz vor Morgengrauen Engel
über den Linien erschienen und hätten die Imperiumstruppen zum Sieg
inspiriert.«
    »Waren sie Visionen — was
meinst du? Massenhalluzinationen, herbeigeführt durch Erschöpfung und Furcht?«
    »Woher soll ich das wissen?«,
erwiderte Larkin, während der Engel das Anzünden der Kerzen beendete und das
lange Zündstäbchen ausblies. »Ich bin verrückt. Visionen und Phantome
erscheinen mir praktisch täglich, und die meisten sind auf Fehlfunktionen
meines Verstands zurückzuführen. Ich bin gewiss nicht in der Lage zu sagen, was
wirklich ist und was nicht.«
    »Deine Meinung ist nicht
weniger stichhaltig als irgendeine andere. Haben sie Engel vor Sarolo gesehen?«
    »Ich ...«
    »Sag, was du glaubst.«
    »Ich glaube es.«
    »Und was waren diese Engel?«
    »Manifestationen des Willens
des Imperators, die gekommen sind, um seinen treu ergebenen Truppen neue
Zuversicht einzuhauchen.«
    »Glaubst du das?«
    »Das möchte ich gern glauben.«
    »Und die Alternative?«
    »Kollektiver Wahnsinn! Das
Wirken irgendwelcher Psioniker! Lügen, die von erleichterten Männern nach der
Schlacht verbreitet wurden! Was du gesagt hast ... Massenhalluzinationen.«
    »Und wenn es eins davon oder
auch alles zusammen war, wird es dadurch weniger bedeutsam? Was sie auch gesehen
haben oder zu sehen geglaubt haben, es hat sie zum Sieg bei Sarolo inspiriert.
Wenn ein Engel in Wirklichkeit kein Engel ist, aber die inspiratorische Wirkung
eines Engels hat, macht ihn das dann wertlos?« Larkin schüttelte den Kopf und
lächelte.
    »Warum sollte ich dir überhaupt
zuhören? Einer Halluzination, die mir Fragen über Halluzinationen stellt!«
    Sie nahm seine Hände in ihre.
Er erschrak, denn das Gefühl war entsetzlich fremd, aber ihre Berührung hatte etwas
unendlich Beruhigendes, Besänftigendes an sich. Wärme kroch in seine Finger,
Handflächen, Unterarme, in sein Herz. Er seufzte wieder, tiefer, und schaute
hoch in ihr schattenhaftes Gesicht.
    »Bin ich wirklich, Hlaine
Larkin?«
    »Ich würde sagen, ja. Aber
schließlich — bin ich auch verrückt.«
    Sie lachten gemeinsam, die
Hände ineinander verschränkt, seine schmutzigen, rauen Finger in ihren glatten
weißen Handflächen.
    Von Angesicht zu Angesicht
lachten sie, und sein keuchendes Gackern vermischte sich mit ihren

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