Gaunts Geister - Band 1-3
des
Schutzwalls wogten.
Kowles Truppen kamen hinzu und
töteten die letzten Zoicaner auf den Wehrgängen.
Um zwei Uhr morgens, kurz nach
Beginn des dreißigsten Tags, wurde der Angriff gestoppt, und die Zoicaner zogen
sich in die rauchenden Schatten der Außenhabs zurück. Flachkrebse rollten
rückwärts in den Rauch, reihenweise von zoicanischen Panzern und Legionen
ockerfarbener Soldaten flankiert. Eine imperiale Siegeshymne wurde gespielt,
die in voller Lautstärke aus jedem Lautsprecher in der Makropole schallte.
Die Vervunmakropole hatte 34000
Soldaten, zwanzig Raketen-stellungen, fünfzig Geschützstellungen und zehn schwere
Artilleriesilos verloren. Der Schutzwall war vernarbt und angeschlagen und an
mehreren Stellen sogar geborsten.
Aber der Erste Ansturm war
abgewehrt worden.
ACHT
Der Lauf der Gefahr
»Der
erste Trick, den ein politischer Offizier des Kommissariats lernt, ist: Lerne
zu lügen. Der zweite ist: Traue niemandem. Der dritte: Halte dich aus der
Lokalpolitik heraus.«
— Kommissar-General Delane Oktar,
aus seinen Episteln an die Hyrkaner
Prozessionen von
Ministorum-Priestern, den Strenggläubigen des Imperiumskults, zogen durch die
Steingewölbe der Innenhab-Sammelkrankenanstalt 67/mv. Sie trugen dünne
Wachskerzen und Räucherfässchen und sangen Litaneien der Erlösung und des
Segens für die Verwundeten und Sterbenden, die das Krankenhaus jetzt
überfluteten. Lange, brüchige Pergamentstreifen, die mit den Reden des
Imperators beschriftet waren, wehten hinter ihnen her wie abgestreifte
Schlangenhäute und baumelten von den Gebetskästen, die sie trugen.
Doktor Ana Curth nickte den
Klerikern jedes Mal respektvoll zu, wenn sie ihnen in den Stationen und
Korridoren der medizinischen Einrichtung begegnete, aber insgeheim verfluchte
sie sie. Sie waren im Weg und verängstigten einige der Schwächeren und schwerer
Verwundeten, die in ihnen Seelenfänger sahen, welche gekommen waren, sie aus
dem Leben zu reißen. Das Seelenheil war schön und gut, aber hier hatten sie es
mit Krisen des Leibs zu tun, und eine gesunde Person war hier nützlicher, wenn
sie sich um den Körper anstatt um die Seele kümmerte.
Der Angriff der Zoicaner hatte
Kolonnen neuer Opfer in alle Krankenanstalten der Makropole geschwemmt, die bereits
Mühe hatten, der Heere kranker und verwundeter Flüchtlinge aus der ersten Phase
des Konflikts Herr zu werden. Militärische Feldlazarette und medizinische
Stationen wurden eingerichtet, um zu helfen, und die Stabsärzte und Sanitäter,
die mit den Truppen der Imperialen Armee eingetroffen waren, erwiesen sich als
unschätzbare Hilfe. Curth und ihre Kollegen waren Zivilärzte mit einer Menge
Erfahrung in allen Lebenslagen — außer mit Kriegsverletzungen.
Es war der Abend des
dreißigsten Tags, und Curth hatte seit fast zwanzig Stunden Dienst. Nach dem
Albtraum des Sturmangriffs in der vergangenen Nacht waren die Kampfhandlungen
so gut wie zum Erliegen gekommnen: Hin und wieder flogen noch ein paar Granaten
von beiden Seiten über das Durcheinander der zoicanischen Toten vor dem Wall
hinweg, das war alles.
Oder jedenfalls hatte Curth das
von vorbeigehenden Soldaten und Funktionären des Administratums gehört. Im Zuge
ihrer endlosen Arbeit hatte sie kaum Zeit gehabt, den Kopf zu heben. Sie hielt
inne, um sich die Hände in einem Wasserbad zu waschen, teils, um sie zu
säubern, aber hauptsächlich, um die erfrischend kalte Flüssigkeit auf den
Fingern zu spüren. Als sie aufschaute, sah sie Gruppen verdreckter
Vervunwehrsoldaten ein Dutzend oder noch mehr ihrer verwundeten Kameraden auf
fahrbaren Messingbahren durch den Korridor schieben. Einige der Verwundeten
wimmerten vor Schmerzen.
»Nein! Nicht!«, rief sie.
»Die Weststationen sind alle
voll! Nicht da entlang!«
Mehrere Soldaten protestierten.
»Hat man Ihnen an der Pforte
denn keine Anweisungen gegeben? Zeigen Sie mir Ihren Papierkram!«
Sie prüfte die zerknitterten,
dreck- und blutverschmierten Aufnahmepapiere, die ihr ein Soldat gab.
»Nein, hier sind Sie falsch«,
murmelte sie kopfschüttelnd beim Lesen. »Sie haben die falschen Kästchen
angekreuzt. Sie müssen zur Hauptsichtungsstation zurück.«
Weitere Proteste. Sie holte
ihren Griffel heraus, überschrieb die Aufnahmepapiere., unterschrieb sie und
brannte mit einem kurzen Aufflackern ihres Siegelrings ihr Zeichen auf das
Papier.
»Zurück«, sagte sie mit
geballter
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