Gaunts Geister - Band 1-3
Autorität.
»Diesen Weg zurück, und dann
kümmert man sich um Sie.«
Die Soldaten zogen sich zurück.
Curth drehte sich um und hörte jetzt laute, erregte Stimmen aus Station 12/g ganz
in der Nähe.
Station 12/g war mit
Flüchtlingen aus den Außenhabs belegt. Die meisten litten an Fieber oder
Unterernährung. Fieber-Impfungen und einige Tage mit vernünftiger Ernährung
hatte die Lage allgemein verbessert, und sie hoffte, in den nächsten ein, zwei
Tagen sehr viele in die Flüchtlingslager entlassen zu können. Das würde
wertvollen Platz schaffen.
Sie betrat die Station mit dem
gewölbten Dach: eine lange, grün gestrichene Steinkammer mit siebenhundert
Betten. Einige standen hinter Schirmen. Andere Betten waren von den Familien
der Patienten umlagert, die sich geweigert hatten, ihre Verwandten allein zu
lassen. Ein warmer, erstickender Geruch nach Leibern und Schmutz lag in der
Luft.
Das Geschrei kam von einem Bett
in der Mitte der Station. Zwei von ihren Pflegern, die sich durch ihre roten Gewänder
von den schmuddeligen Patienten unterschieden, versuchten einen
Außenhab-Arbeiter zu beruhigen, während Scharen anderer Außenhabber zusahen.
Der Arbeiter war groß und hatte keine offensichtlichen Wunden oder
Verletzungen, sah aber ausgemergelt und bleich aus. Er brüllte und reagierte
mit nervösen, drohenden Gesten auf die Pfleger.
Curth seufzte. Dies war nicht
der erste derartige Zwischenfall.
Wie viel zu viele Angehörige
der verarmten Unterschicht war dieser Arbeiter ein Obscura-Süchtiger, der nicht
mehr von dem Opiat loskam, weil es sein erbärmliches Schichtarbeitsleben
erträglicher machte. Obscura war Dröhnung für Dröhnung billiger als Alkohol.
Wahrscheinlich nahm er es mit einer Wasserpfeife oder vielleicht einem
Inhalator ein. Zu Beginn der Invasion waren die Arbeiter in die Makropole
geflohen. Jetzt bereuten viele, dass sie in ihrer Verzweiflung ihre
Obscura-Vorräte zurückgelassen hatten. Sie hatte neunzig oder noch mehr Patienten
mit Magenkrämpfen behandelt, bei denen sich nach ein paar Tagen der Behandlung
und der regelmäßigen Ernährung diese Symptome als Entzugserscheinungen erwiesen
hatten.
Auf Entzug verlangten manche
Süchtige medizinische Präparate, um ihre Beschwerden zu lindern. Andere überstanden
die Phase des Entzugs. Wieder andere wurden gewalttätig und unvernünftig.
Einigen wenigen— den
chronischen Langzeitabhängigen — hatte sie gezwungenermaßen lindernde
Beruhigungsmittel verschreiben müsse Curth trat zwischen ihre Pfleger und dem
Mann gegen über, die Hände zu einer beruhigenden Geste erhoben.
»Ich bin hier die Chefärztin«,
sagte sie leise. »Wie heißen Sie?«
Der Arbeiter knurrte etwas
Unverständliches, und Schaum befleckte sein Kinn, da sein Kiefer arbeitete. In
seinen Augen war zu viel Weiß zu sehen.
»Ihr Name? Wie heißen Sie?«
»N-Norand.«
»Wie lange nehmen Sie schon
Obscura, Norand?«
Eine weitere Folge von
Nicht-Wörtern. Ein Gestammel.
»Wie lange? Es ist wichtig.«
»S-seit ich Geselle bin ...«
Also seit mindestens zwanzig
Jahren. Ein lebenslanger Süchtiger.
Hier konnte man keine Vernunft
erwarten. Curth bezweifelte, dass der Arbeiter jemals in der Lage sein würde, die
Droge aufzugeben, die sein Gehirn zerstörte.
»Ich hole Ihnen jetzt etwas,
das Ihnen helfen wird, Norand. Sie müssen nur ruhig bleiben. Schaffen Sie das?«
»Medikamente?«, murmelte er,
während er auf seinen Lippen kaute.
Sie nickte. »Können Sie sich
jetzt beruhigen?«
Der Arbeiter wackelte mit dem
Kopf und setzte sich auf sein Bett, um mit den Fingern über das Laken zu
kratzen.
Curth wandte sich an ihre
Pfleger. »Holen Sie zwei Einheiten Lomitamol. Bewegung!« Einer der Pfleger lief
los. Den anderen forderte sie auf, die umstehenden Patienten wieder zu ihren
Betten zu führen.
Die Hintergrundgeräusche in der
Station verstummten nur für einen Moment. Curth hatte dem Arbeiter den Rücken
zugedreht und erkannte ihren Anfängerfehler. Als sie herumfuhr, sah sie gerade
noch, wie er sie ansprang, die verfaulten Zähne gebleckt und ein verrostetes
Klappmesser in einer Hand.
Während sie sich albernerweise
fragte, wie im Namen des Imperators er die Waffe unbemerkt in die Station hatte
schmuggeln können, gelang ihr eine rasche Drehung zur Seite.
Der Arbeiter stieß halb gegen
sie, und sie kippte hintenüber und warf einen Wasserkarren um. Die Glasflaschen
zerschellten auf den Bodenfliesen. Der Arbeiter stieß einen schrillen,
winselnden Laut aus und
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