Gaunts Geister - Band 1-3
machte einen langen Schritt über die Schweinerei
hinweg, während er sich mühte, das Gleichgewicht zu halten. Er stach mit dem
Messer nach ihr, sie schrie auf, wälzte sich herum und schnitt sich den Arm an
den Glasscherben auf. Sie rappelte sich hoch und rechnete damit, jeden
Augenblick sein Messer im Rücken zu spüren.
Als sie herumfuhr, sah sie den
Süchtigen in einem festen Würgegriff von hinten keuchen. Dorden, der Stabsarzt
der Tanither, hatte ihm den linken Arm um den Hals gelegt, während seine Rechte
das Handgelenk des Messerarms umklammerte und weit weg von ihnen beiden hielt.
Der Süchtige gurgelte. Dorden war völlig gelassen.
Sein Griff war der eines
Experten, nur ein, zwei Millimeter von der Halsschlagader und nur einen
Zentimeter vom Ausrenken des Halses entfernt. Nur ein brillanter Arzt oder ein
Assassine des Imperiums konnte dermaßen präzise sein.
»Fallen lassen«, sagte Dorden
dem Arbeiter ins Ohr.
»N-n-nggnnh!«
»Fallen lassen!«, wiederholte
der Geist mit Nachdruck.
Dorden bohrte den Daumen in
einen Druckpunkt am Ansatz der Handfläche des Mannes, und der Süchtige ließ sein
Messer fallen.
Die verrostete Waffe klirrte
auf den Boden, und Curth trat sie beiseite.
Dorden verstärkte seinen
Würgegriff für einen Sekunden-bruchteil, sodass der Mann das Bewusstsein
verlor, und ließ ihn dann mit dem Gesicht nach unten auf ein leeres Bett
fallen. Pfleger kamen herbeigeeilt.
»Binden Sie ihn fest. Geben Sie
ihm das Lomitamol, aber binden Sie ihn trotzdem fest.«
Er wandte sich an Curth. »Das
ist jetzt ein Krieg, und das wissen Sie. Sie müssten Wachposten hier haben. Im Krieg
ist es gefährlich, auch hinter den Linien.«
Sie nickte. Sie zitterte. »Danke,
Dorden.«
»Freut mich, dass ich helfen
konnte. Ich hatte Sie gesucht. Kommen Sie mit.« Er hob einen Stapel Datentafeln
und Papier-blätter auf, die er hatte fallen lassen, um sich des Süchtigen
annehmen zu können, und jetzt führte er sie am Arm durch die Station zum
Ausgang.
In der Kühle des Flurs draußen
hielt sie inne und lehnte sich gegen die Steinmauer, wobei sie ein paarmal tief
Luft holte.
»Wie lange arbeiten Sie schon?
Sie müssen sich ausruhen«, sagte Dorden.
»Ist das ein ärztlicher Rat?«
»Nein, ein freundschaftlicher.«
Sie sah ihn an. Sie wurde immer
noch nicht schlau aus diesem Fremdweltler, aber sie mochte ihn. Und er und seine
tanithischen Feldärzte und Sanitäter waren das Rückrat der
Gefechts-Sichtungsstation Gewesen.
»Sie sind ebenso lange auf wie
ich. Ich habe Sie letzte Nacht um Mitternacht arbeiten sehen.«
»Ich döse.«
»Sie machen was?«
»Ich döse . Sehr
nützliche Fähigkeit. Ich würde sie etwas höher einschätzen als Nähen. Ich kenne
alle Entschuldigungen der Art, dass keine Zeit zum Schlafen ist. Habe ich
selbst oft benutzt. Du liebe Güte, ich bin schließlich schon viele Jahre Arzt.
Also habe ich gelernt zu dösen. Zehn Minuten hier, fünf da, in jeder kleinen
Pause. Das hält einen frisch.«
Sie schüttelte den Kopf und
lächelte.
»Wo dösen Sie denn?«, fragte
sie.
Er zuckte die Achseln. »Ich
habe festgestellt, dass es einen ganz besonders bequemen Wäscheschrank im
dritten Stock gibt. Den sollten Sie mal ausprobieren. Man wird dort nicht
gestört. Das Bettzeug wird hier ohnehin nicht gewechselt.«
Das brachte sie zum Lachen. »Ich
— danke Ihnen dafür.«
Er zuckte wieder die Achseln. »Nehmen
Sie Lehre an Doktor Curth. Nehmen Sie sich Zeit zu dösen. Trauen Sie Ihren
Freunden. Und kehren Sie einem Obscura Süchtigen mit einem rostigen Messer
niemals den Rücken.«
»Ich werde es mir merken«,
sagte sie übertrieben ernsthaft.
Sie gingen gemeinsam durch den
Flur und passierten dabei zwei Notfall-Mannschaften, die kritische Fälle für den
Operationssaal beförderten.
»Sie hatten mich gesucht?«
»Hm«, erinnerte er sich wieder
und blätterte durch die Dokumente, die er bei sich hatte. »Eigentlich ist es
nichts Großartiges. Sie werden es albern finden, aber ich habe etwas für
Details übrig. Noch eine Lehre, wenn Sie in der Stimmung für mehr sind. Achten
Sie auf die Details, sonst kommen sie und beißen Sie in den Arsch.«
Er blieb stehen, sah sie an und
errötete. »Ich bitte um Entschuldigung. Ich habe zu viel Zeit in Gesellschaft
unflätiger Soldaten verbracht.«
»Akzeptiert. Erzählen Sie mir
von diesem Detail.«
»Ich war auf der
Intensivstation 471/k und habe mir ein Bild von der Situation gemacht. Da
liegen fast ausschließlich
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