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Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Gauß: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Gauß: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Mania
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elektrische Telegraphenstation verantwortlich ist. Sie übermittelt den Lokomotivführern die Signale für die Freigabe der Strecke, Informationen über Hindernisse oder über die Risiken einer Tunnelpassage. Die Übertragung erfolgt durch an Masten befestigte Kupferdrähte, die parallel zu den Gleisen durch die Luft schwingen. Auch Telegraphenstationen für den privaten Nachrichtenverkehr gibt es schon seit einigen Jahren. In Göttingen aber ist dieser revolutionäre Kommunikationsdienst erst vor einem Vierteljahr eingerichtet worden. Was eigentlich nur ein Treppenwitz der Technikgeschichte sein kann. Denn haben nicht Gauß und Weber ausgerechnet in diesem Provinzstädtchen mit seinen 10 000 Einwohnern und 1000 Studenten bereits zwanzig Jahre zuvor die erste funktionierende Telegraphenstrecke der Welt in Betrieb genommen? Sie sind – lange bevor Samuel Morse auf den Zug aufspringt – weltweit die Ersten gewesen, die mit Hilfe des elektrischen Stroms Informationen von einem Ort zu einem anderen übermittelt haben.
    Nur scheitert die zündende Vermarktungsidee letztlich an der mangelnden finanziellen Risikobereitschaft der Leipzig-Dresdner Eisenbahngesellschaft, den Gauß-Weber-Telegraphen in großem Maßstab anzuwenden. Nun aber geschieht das Erstaunliche: Die beiden Freunde bieten ihren kommunizierenden Draht nicht etwa einer der vielen anderen deutschen Eisenbahngesellschaften an, die jetzt überall gegründet werden, sondern begnügen sich mit ihrer Privatkommunikation über den schlichten heißen Draht zwischen Physik-Institut und Sternwarte. «Gauß und Weber waren in ihren vornehm zurückhaltenden Naturen Prioritätsstreitigkeiten so sehr abgeneigt, dass sie sich ihre Ideen und Erfahrungen nicht schützen ließen, sie vielmehr bereitwillig zu allgemeinem Nutzen zur Verfügung stellten» [Fey: 57]. So fordern sie ihren Münchener Kollegen und Konkurrenten Carl August Steinheil ausdrücklich dazu auf, von ihren Erfahrungen Gebrauch zu machen.
    Gauß scheint also mit dem Erreichten zufrieden zu sein. Man hat’s probiert. Es funktioniert. Sollen nun doch andere für die Umsetzung der Idee in alltagstaugliche und profitträchtige Anwendungen ruhig das bisschen Gewinn einstreichen. «Die Wissenschaft soll die Freundin der Praxis sein, nicht ihre Sklavin. Sie soll ihr schenken, aber nicht ihr dienen», wird er in diesem Zusammenhang zitiert [Ahr: 214]. Bedenkt man aber, dass beispielsweise Samuel Morse mit seiner patentrechtlich heftig umstrittenen Weiterentwicklung des elektrischen Telegraphen einen sagenhaften Reichtum angehäuft hat, wird auch die finanzielle Dimension deutlich, auf die die Idealisten Gauß und Weber womöglich verzichtet haben. Und denkt der zahlensichere Greis an diesem Festtag der Einweihung des Göttinger Bahnhofs nicht vielleicht auch mit ein wenig Wehmut und Zweifel an die damalige Entscheidung zurück, wenn er die nicht enden wollenden Telegraphenmasten entlang der Geleise sieht?
    Für Gauß ist es der letzte Auftritt in der Öffentlichkeit, sein Abschied von der Welt, denn in den 207 Tagen, die ihm noch bleiben, wird er nicht mehr die Kraft haben, seine Wohnung zu verlassen.

13. Magnetische Resonanzen
    Als Gauß am 23. Februar 1855 stirbt, hinterlässt er rund fünfzig mathematische Verfahren, Begriffe und Theoreme, die seinen Namen tragen, wie die Gauß’sche Zahlenebene, das Gauß’sche Fehlerintegral oder das Gauß’sche Prinzip des kleinsten Zwangs. In jedem professionellen Computergraphikprogramm gibt es einen Filter namens «Gauß’scher Weichzeichner». Und immer, wenn Sie online Geld überweisen, werden Ihre persönlichen Daten nach einem Prinzip verschlüsselt, das auf den mathematischen Einsichten des neunzehnjährigen Studenten Carl Friedrich Gauß beruht. Über allem aber thront die «Gauß’sche Normalverteilung», die berühmte Glockenkurve. Sie stellt in allen denkbaren Lebensbereichen und Prozessen, die sich statistisch erfassen lassen, die Abweichungen vom Normalwert dar: von der Dosis-Wirkungs-Kurve eines Medikaments bis zur Intelligenzverteilung in einer Bevölkerung.

    1864, neun Jahre nach seinem Tod, machte der schottische Physiker James Clerk Maxwell eine der wichtigsten Entdeckungen der Menschheitsgeschichte. Es ist eine Erleuchtung im wahrsten Sinne des Wortes, denn Maxwell erkennt als Erster, dass sowohl Licht als auch Elektrizität und Magnetismus elektromagnetische Wellen sind. Auf dieser Erkenntnis ist unsere heutige Zivilisation aufgebaut: elektrische

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