Gauts Geister 4 - Ehrengarde
Votivbanner
flatterten an dem Turm. Die Gebäude und Wälle der Schreinfeste bestanden aus
rosa Basalt.
Fensterläden und Türen waren
leuchtend rot gestrichen, die Rahmen weiß. Jenseits der Wälle und des Turms am
Rande der vorspringenden Nadel stand eine massive Steinsäule aus schwarzem
Korund, auf der das ewige Licht des Signalfeuers brannte.
Gaunt ließ die Kolonne auf der
Straße vor dem Tor halten und näherte sich zu Fuß mit Kleopas, Hark, Zweil, Rawne
und einer Eskorte von sechs Geistern. Sergeant Mkolls Schätzung entsprechend
hatte die Fahrt acht Tage gedauert. Sie mussten sich hier sehr beeilen, wenn
sie es in den zehn bis zum Ende der Evakuierung noch verbleibenden Tagen zurück
nach Doctrinopolis schaffen wollten. Gaunt mochte gar nicht daran denken, wie
schwierig diese Rückfahrt würde. Die Infardi waren ihnen in großer Zahl auf den
Fersen, und soviel er wusste, gab es keinen anderen Weg, der von den Heiligen
Bergen zurück ins Tal führte.
Die gigantischen roten Türen
unter dem grimmigen, in das Wächterhaus gemeißelten Imperiumsadler schwangen
bei ihrer Ankunft lautlos auf, und sie schritten die Treppe empor. Sechs blau
gewandete Ayatani-Brüder verbeugten sich vor ihnen, sagten aber nichts. Sie
wurden über eine breite Steintreppe, die vom Schnee geräumt worden war, zum Tor
im Innenwall geführt und dann weiter in eine hohe Eingangshalle.
Die Halle war rauchbraun und
finster, das Licht, welches durch hohe Fenster fiel, kalt und rein. Gaunt hörte
Sprechgesänge und das sporadische Läuten von Glocken oder Gongs. Es roch nach
Räucherwerk.
Er nahm seine Mütze ab und sah
sich um. Die Wände waren mit bunten, leuchtenden Mosaiken verziert, welche die
Heilige an verschiedenen Stellen ihres geheiligten Lebens darstellten. Kleine
holografische Porträts in beleuchteten Nischen an einer Wand zeigten die großen
Generäle, Kommandanten und Astartes, die in ihrem Kreuzzug gedient hatten. Die
große Standarte der heiligen Sabbat, eine alte, abgenutzte Stoffbahn, hing von
der gewölbten Decke herab.
Ayatani aus dem Tempelum
Ayatani Shrinus betraten die Halle durch die Türen auf der anderen Seite,
näherten sich dem imperialen Gefolge und verbeugten sich. Es waren zwanzig,
allesamt alte Männer mit gelassener Miene und straffer, runzliger Haut, die von
Wind, Höhe und Kälte gezeichnet war.
Gaunt salutierte.
»Kommissar-Oberst Ibram Gaunt, Kommandant des Ersten Tanith, Imperiale
Kreuzzugs-Befreiungsarmee. Das sind meine ranghöchsten Offiziere, Major Rawne,
Major Kleopas und Kommissar Hark. Ich bin auf Befehl von Marschall Lugo hier.«
»Sie sind in der Schreinfeste
willkommen, Kommissar-Oberst Gaunt«, sagte der Anführer der Brüder, dessen blaue
Gewänder einen etwas violetteren Farbton hatten. Sein Gesicht war ebenso
wettergegerbt wie das seiner Mitbrüder, und er hatte künstliche Augen, sodass
sein Blick milchig und leer war, als habe er den grauen Star. »Ich heiße
Cortona. Ich bin der Ayatani-Ayt dieses Tempels und Klosters. Wir heißen Sie
alle im Schrein willkommen und preisen den Fleiß, da Sie die in dieser
Jahreszeit sehr anstrengende Reise hierher unternommen haben. Vielleicht
möchten Sie einige Erfrischungen mit uns zu sich nehmen? Natürlich steht es
Ihnen auch frei, dem Schrein die Ehre zu erweisen.«
»Vielen Dank, Ayatani-Ayt.
Erfrischungen wären uns will-kommen, aber ich will nicht verhehlen, dass ich
aufgrund der Dringlichkeit meines Auftrags keine Zeit zu verlieren habe, nicht
einmal für fromme Bräuche.«
Die Imperialen wurden in ein
Vorzimmer geführt, wo mit Natron gebackenes Fladenbrot, Trockenobst und Krüge
mit einem warmen, süßen Aufgussgetränk auf niedrigen bemalten Tischen warteten.
Sie setzten sich: Gaunt und seine Männer auf schlichte Hocker, die Ayatani
einschließlich Zweil auf Fußbodenmatten. Die Erfrischungen wurden von jungen
Esholi in weißen Gewändern herumgereicht.
»Ich bin gerührt, dass Ihr
Marschall es für nötig erachtet hat, sich um unser Wohlergehen zu sorgen«, fuhr
Cortona fort, »aber ich fürchte, Ihre Reise hierher war verschwendete Zeit und
Mühe. Wir wissen von den feindlichen Streitkräften, die diese Welt überrennen
wollen, aber wir brauchen uns nicht zu verteidigen. Wenn der Feind kommt, kommt
der Feind, und das ist dann der Lauf der Dinge. Unsere Heilige hat sehr an ein
natürliches Schicksal geglaubt. Wenn das Schicksal bestimmt hat, dass diese
Schreinfeste an den Feind fallen und unser Leben verwirkt sein soll, dann
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