Gauts Geister 4 - Ehrengarde
Schließlich waren wir
alle ziemlich betrunken, auch Slaydo. Dann wurde er ... er wurde ernst, ihn
befiel diese bittere Traurigkeit, die manche Männer überkommt, wenn sie ein
Glas zu viel getrunken haben. Wir fragten ihn, was los sei, und er sagte, er
habe Angst. Wir lachten! Der große Kriegsmeister Slaydo und Angst? Er erhob
sich unsicher. Damals war er hundertfünfzig Jahre alt, und die Jahre waren
nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Er erzählte uns, er habe Angst zu sterben,
bevor er sein Werk vollenden könne. Angst, nicht lange genug zu leben, um für
die vollständige und endgültige Befreiung der Welten der Beati sorgen zu
können. Dies sei seine einzige verzehrende Ambition, und er habe Angst, es
nicht zu schaffen. Wir alle protestierten ... dass er uns alle überleben würde!
Er schüttelte den Kopf und beharrte darauf, dass es nur einen Weg gebe, wie er
den Erfolg seiner heiligen Mission gewährleisten könne, der einzige Weg,
Unsterblichkeit zu erreichen und seine Pflicht der Heiligen gegenüber zu
erfüllen, sei durch uns. Er verlangte einen Eid. Einen Bluteid. Wir benutzten
Bajonette und sogar Tischmesser, um uns in die Handballen zu schneiden, bis
Blut floss. Einer nach dem anderen schüttelten wir seine blutende Hand und
schworen. Bei unserem Leben, Rawne, bei unserem Leben. Wir würden seine Arbeit
beenden. Wir würden diesen Kreuzzug zu Ende führen. Und wir würden die Heilige
vor allen schützen, die ihr schaden wollten!«
Gaunt streckte die rechte Hand
aus, die Innenseite nach oben. Im bläulichen Dämmerlicht konnte Rawne immer
noch die alte blasse Narbe erkennen.
»Slaydo fiel auf Balhaut in der
Schlacht aller Schlachten, wie er befürchtet hatte. Aber sein Eid lebt fort und
in ihm auch Slaydo.«
»Lugo hat Sie dazu gebracht,
Ihren Eid zu brechen.«
»Lugo hat mich dazu gebracht,
rücksichtslos durch die Doctrinopolis der Heiligen zu fahren und ihre alten
Tempel in Schutt und Asche zu legen. Jetzt will Lugo, dass ich die letzte Ruhe
der Beati störe. Ich entschuldige mich, wenn es den Anschein hatte, als sei ich
damit nicht so gut zurechtgekommen, aber jetzt verstehen Sie vielleicht,
warum.«
Rawne nickte zögernd.
»Sie sollten es wohl besser den
anderen sagen.«
Gaunt schritt in die Mitte des
überfüllten Vorraums, lehnte ein Getränk ab, das ihm ein Esholi anbot, und
räusperte sich. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, und Stille kehrte ein.
»Im Licht der Entwicklungen im
Felde und im Hinblick auf ... andere Erwägungen setzte ich Sie hiermit davon in
Kenntnis, dass ich eine Änderung an unseren Befehlen vornehme.«
Es wurde gemurmelt.
»Wir werden nicht den
Anweisungen Marschall Lugos entsprechend verfahren. Wir werden die Reliquien
der Schreinfeste nicht mitnehmen. Mit sofortiger Wirkung lauten meine Befehle,
dass die Ehrengarde sich hier verschanzt und die Schreinfeste verteidigt, bis
eine Verbesserung unserer Lage eintritt.«
Im Raum wurde es laut. Hark
blieb stumm.
»Aber die Befehle des
Marschalls, Gaunt ...«, begann Kleopas, indem er sich erhob.
»Sind nicht mehr gültig und
auch nicht mehr angemessen. Als Feldkommandeur, der die Lage beurteilt, wie sie
sich vor Ort präsentiert, liegt das im Rahmen meiner Befugnisse.«
Intendant Elthan erhob sich
zornbebend. »Aber wir werden getötet! Wir müssen dem Zeitplan entsprechend zu
den Landefeldern von Doctrinopolis zurückkehren, sonst werden wir nicht
evakuiert! Sie wissen, was kommt, Kommissar-Oberst! Wie können Sie es wagen, so
einen Vorschlag zu machen!«
»Setzen Sie sich, Elthan. Wenn
es Ihnen hilft, sage ich Ihnen, es tut mir Leid, dass Zivilisten wie Sie und
Ihre Fahrer in diese Sache verwickelt wurden. Aber Sie sind Diener des
Imperators. Manchmal ist Ihre Pflicht ebenso schwer wie unsere. Sie werden
gehorchen. Der Imperator beschützt.«
Einige Offiziere und alle
Ayatani wiederholten die Litanei.
»Herr Kommissar-Oberst, Sie
können nicht einfach die Befehle missachten.« Leutnant Pauks Stimme war voll
tiefer Beunruhigung.
Kleopas nickte bei den Worten
seines jungen Offiziers nachdrücklich. »Uns allen droht strengste Bestrafung. Marschall
Lugos Befehle waren unmissverständlich und präzise. Wir können diese Befehle
nicht einfach verweigern!«
»Haben Sie gesehen, was hinter
uns durch den Pass kommt, Pauk?« Alle drehten sich um. Hauptmann LeGuin stand
ganz hinten im Raum an die Wand gelehnt. »Ich würde sagen, dass die
Entscheidung des Kommissars allein schon aus Gründen der
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