Gauts Geister 4 - Ehrengarde
auf der Höhe. Auf diesem Kriegsschauplatz hatte sich bemerkenswert
wenig Ruhmreiches ereignet. Natürlich hatten sich seine Männer gut geschlagen,
und es freute ihn, dass die Tanither auch mit den verghastitischen Neulingen
selbstsicher und tüchtig arbeiteten.
Aber es war nicht so gelaufen,
wie es ihm lieb gewesen wäre.
Vielleicht hätte es mehr Zeit
und mehr Männer gekostet, aber er konnte sich nur schwer damit abfinden, dass
Lugo ihm nicht gestattet hatte, die Altstadt zu säubern und anständige Arbeit
abzuliefern. Die Pardus waren beispielhafte Soldaten und hatten diese Nuss
geknackt. Die Stadt indessen hatte unnötig gelitten.
Er stand eine Weile allein auf
einem Gebetsplatz und beobachtete die Votivbanner und -fähnchen, wie sie im Wind
flatterten. Der Platz war mit Buntglassplittern übersät, da Panzergranaten
einen nicht weit entfernten Schrein zerstört hatten.
Dies war die Welt der
geheiligten Beati, die Welt der heiligen Sabbat. Aus Achtung vor ihr hätte er
sie lieber heil und ganz eingenommen, anstatt sie in Schutt und Asche zu legen,
um den Feind zu zerschmettern.
Der sich verdunkelnde
Abendhimmel war voller rußigem Rauch.
Dank Lugo und seiner Gier nach
einem Sieg hatten sie ein Drittel von einer der heiligsten Stätten im Imperium
zerstört. Ihm ging auf, dass er dies sein Leben lang bereuen würde. Hätte Lugo
ihn in Ruhe gelassen, hätte er Doctrinopolis befreien und dabei unversehrt
lassen können.
Macaroth würde davon erfahren.
Gaunt betrat die kalte Stille
der Ruinen des Schreins und nahm die Mütze ab, bevor er den Weg zum Tempel betrat.
Glasscherben knirschten bei jedem Schritt unter seinen Stulpenstiefeln. Er
erreichte den Altar und kniete nieder.
Sabbatmärtyrer!
Gaunt erschrak und schaute sich
um. Das Flüstern war direkt hinter ihm gewesen, in seinem Ohr.
Es war niemand zu sehen.
Seine Phantasie ...
Er sank auf ein Knie. Er wollte
an diesem heiligen Ort seinen Frieden mit der Heiligen machen und sehen, ob er Buße
tun konnte für die übertriebene Art und Weise, wie sie die Ungläubigen verjagt
hatten. Und da war auch noch die Sache mit Corbec, ein Verlust, den er wirklich
spüren würde.
Doch sein Mund war trocken. Die
Worte des imperialen Katechismus wollten sich nicht formen. Er versuchte sich
zu entspannen, und sein Verstand suchte nach den Worten der Barmherzigkeit des
Throns, ein Gebet, das er als Kind in der Schola Progenium auf Ignatius
Cardinal gelernt hatte.
Selbst dieses simple,
elementare Gebet wollte ihm nicht über die Lippen kommen.
Gaunt räusperte sich. Der Wind
ächzte durch die leeren Fensteröffnungen.
Er neigte den Kopf und ...
Sabbatmärtyrer!
Wieder dieses Zischen, direkt
neben ihm. Er sprang auf, zog seine Boltpistole und hielt sie auf Armeslänge vor
sich.
»Wer ist da? Komm raus! Zeig
dich!«
Nichts rührte sich. Gaunt ließ
die Pistole ruckartig wandern, nach links, nach rechts, wieder nach links.
Langsam ließ er die schwere
Handwaffe in das Lederhalfter gleiten. Wiederum wandte er sich dem Altar zu und
kniete erneut nieder. Er stieß einen tiefen Seufzer aus und versuchte noch
einmal zu beten.
»Kommissar! Kommissar!«
Kom-Soldat Beltayn kam hektisch
durch die Tempeltüren gerannt. Sein Kom-Gerät fiel ihm von der Schulter, schwang
an seinem Halteriemen hin und her und schlug gegen eine Bankreihe.
»Kommissar!«
»Was ist denn los, Beltayn?«
»Sie müssen sich das anhören,
Kommissar! Irgendwas ist da oben faul!«
Faul. Beltayns Lieblingswort,
das er immer als Krone der Untertreibung gebrauchte. »Die angreifenden Orks haben
alle getötet, Kommissar! Da ist etwas faul!« — »Seit dem Auftauchen der
Symbionten ist etwas faul, Kommissar ...!«
»Was denn?«
Beltayn hielt seinem
Kommandanten den Kopfhörer hin.
»Hören Sie selbst!«
Major Szabos Breviater drangen
in die Zitadelle ein und schwärmten mit vorgehaltener Waffe aus. Die hoch
aufragenden Schreine waren still und leer, rosa Gestein, das im Licht der
untergehenden Sonne leuchtete.
Als sie aus dem Sonnenlicht in
die Schatten der Tempelsäulen traten, verspürte Szabo eine Kälte, wie er sie nicht
einmal in den Winterkriegen auf Aex Elf erlebt hatte.
Die Männer hatten sich beim
Vormarsch auf den Zitadellenhügel ungehemmt und zuversichtlich miteinander unterhalten.
Jetzt waren keine Stimmen mehr zu hören, als seien sie ihnen von der Stille
dieser uralten Gräber und leeren Tempel geraubt worden.
Da war nichts, ging Szabo auf.
Keine Priester, keine Infardi,
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