Gauts Geister 4 - Ehrengarde
Er nimmt sich, was er kriegen kann, und das ist ohnehin schon mehr
als genug.«
»Sie leben danach, oder?«,
fragte sie verdrossen, während sie eine weitere Salve unsteter, aber
enthusiastischer Schüsse abgab.
»Ja«, erwiderte er, als sei er
überrascht, dass sie überhaupt fragte.
Als sie das spürte, war sie
ebenfalls überrascht. Über sich selbst, über ihre eigene Dummheit. Es war
offensichtlich, und sie hätte es schon die ganze Zeit gewusst, wenn sie nur
darauf geachtet hätte.
Das war Gaunts Art. Gaunt, der
Held des Imperiums. Nichts hergeben. Niemals. Niemals in der Wachsamkeit
nachlassen, niemals dem Feind auch nur den kleinsten Vorteil gewähren. Fest
bleiben und sich nicht unterkriegen lassen. Nichts anderes war gut genug.
Es war nicht nur der Kommissar
in ihm. Es war der Krieger, ging Curth auf. Es war Gaunts fundamentale Philosophie.
Sie hatte ihn hierher gebracht und würde ihn weiterführen bis zu seinem Tod,
wie leicht oder grausam er ihm vom Schicksal beschieden sein mochte. Sie machte
ihn zu dem, was er war: zum unnachgiebigen Soldaten, zum gefeierten Anführer
und zum erschreckenden Kämpfer.
Sie war plötzlich unerträglich
traurig seinetwegen und gleichzeitig voller Ehrfurcht.
Ana Curth hatte von der Schande
gehört, die Gaunt am Ende dieser Mission erwartete. Das machte sie am
traurigsten. Ihr ging auf, dass er seinen Verpflichtungen und seiner Berufung
bis zum Ende absolut treu bleiben würde, ungeachtet des Schattens der Unehre,
der auf ihm lag. Er würde nicht schwanken.
Gaunt würde Gaunt sein, bis ihn
der Tod ereilte.
Fünfzig Meter weiter fiel
Hauptmann Herodas aus einem brennenden Salamander, ein paar Augenblicke bevor eine
zweite Panzerabwehrrakete zwischen den Bäumen am Straßenrand hindurchraste und
ihn hochgehen ließ.
Unmittelbar darauf traf ihn
eine Kugel ins linke Knie und warf ihn in den Staub. Einen Moment verlor er vor
Schmerzen das Bewusstsein, dann kämpfte er sich in den Wachzustand zurück und
versuchte zu kriechen. Der Pardus-Soldat neben ihm lag mit dem Gesicht in einer
Blutlache.
»Lezink! Lezink!«
Herodas versuchte den Mann
umzudrehen, aber seine Glieder waren schlaff, der Körper hohl und leer. Herodas
schaute nach unten und sah das zerfetzte Gewebe und die Knochensplitter, die
von seinem eigenen Knie noch übrig waren. Laserstrahlen zuckten über seinen
Kopf hinweg. Er griff nach seiner Pistole, aber sein Halfter war geöffnet und
leer.
Tränen standen ihm in den
Augen. Der dumpfe Schmerz drohte ihn zu überwältigen. Von überall her war der Lärm
von Geschrei, Schüssen und Töten zu hören.
Der Boden erbebte. Herodas
schaute ungläubig auf eine Chelonkuh, die von der gefangenen, verschreckten Herde
durchging und auf ihn zurannte. Sie hatte kaum ein Drittel der Größe eines
ausgewachsenen Bullen, wog aber immer noch über zwei Tonnen. Er schloss ganz fest
die Augen und bereitete sich auf den knochenzermalmenden Tritt vor, der ihn
jeden Augenblick treffen musste.
Ein dünner Strahl glühend roter
Energie zuckte über die Straße und traf das galoppierende Tier mit solcher Wucht,
dass es seitwärts geschleudert wurde. Der Schuss bohrte ein riesiges Loch in
das Chelon und ließ eine schwelende Hülle zurück, aus der ein fettiger Brei
tropfte.
Plasmafeuer!, dachte Herodas.
Dreimal verfluchte Götter! Das war Plasmafeuer!
Er sah die untersetzte Gestalt
von Kommissar Hark dunkel im wallenden Staub und Abendlicht und mit wehendem
Mantel die Straße entlangmarschieren. Hark rief Befehle und zeigte hierhin und
dorthin, da er die Einheiten rennender tanithischer Infanterie über die Straße in
die Flanke des Feindes schickte. Er hielt eine uralte Plasmapistole in der
rechten Hand.
Hark blieb stehen und schickte
drei weitere Einheiten an sich vorbei, die er breit gefächert in den
Straßengraben ausschwärmen ließ. Er drehte sich um und winkte mit raschen,
selbstsicheren Gesten zwei Pardus-Eroberer von der Straße.
Dann fuhr er abrupt herum, riss
seine Waffe hoch und äscherte einen Infardi ein, der sich mit einer Waffe im
Anschlag aus dem Schilf neben der Straße erhoben hatte.
Hark kam zu Herodas.
»Bleiben Sie still liegen,
Hilfe ist unterwegs.«
»Helfen Sie mir auf, dann
kämpfe ich!«, beklagte sich Herodas.
Hark lächelte. »Ihre Tapferkeit
in allen Ehren, Hauptmann, aber glauben Sie mir, wenn ich sage, dass Sie
nirgendwohin gehen außer in ein Krankenbett. Ihr Bein ist ziemlich hinüber.
Bleiben Sie ruhig liegen.«
Er drehte sich um
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