Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
Aber es ist nicht da.«
»Doch, doch«, sagte Chayker. »Ich habe es gesehen. Es ist
in dem Unterstand hinter der Fabrik aufgestapelt.«
»Ja, da hinten sind reichlich Kisten gestapelt, Chayks«,
sagte Curth. »Und sie sind auch alle mit tanithischen und krassischen Symbolen
gekennzeichnet. Aber sie enthalten nur verdreckte Baumwolle und Stroh. Die
Feldärzte der Krassier wollen ihre Männer impfen, aber sie haben keinen
Impfstoff und behaupten, wir hätten ihn uns unter den Nagel gerissen ...«
»Schon gut, schon gut ...«, sagte Gaunt. »Was haben wir?«
»Ungefähr dreißig Kästen mit Einmal-Impfen gegen
Sumpffieber und ungefähr dasselbe an Antitoxin-Pillen«, sagte Lesp. »Alles, was
wir selbst hergebracht haben, Herr Kommissar.«
»Geben Sie das den Krassiern.«
»Gaunt!«, begann Curth.
»Tun Sie's. Bei guten Verbündeten wie den Krassiern tut es
mir nicht Leid. Ich finde unser Material und auch das Material der Krassier.
Bis dahin müssen wir uns behelfen.«
»Immer schön diplomatisch, was, Ibram?«, grinste Dorden.
»Ich habe mal eine Einladung bekommen, mich dem Imperialen
Diplomatischen Offizium anzuschließen«, sagte Gaunt. »Ich habe ihnen gesagt,
sie könnten mich mal.«
Aus der alten Wollfabrik drang Gelächter. Sein Fahrer hatte
ihm berichtet, dieser Ort sei für die Lazarett-Einheiten der Imperialen Garde
reserviert. In dieser Umgebung klang Gelächter merkwürdig. Er stieg aus und
betrat eine große Halle, wo acht Männer und eine Frau standen und lachten.
Anscheinend hatte der Offizier gerade einen wirklich guten Witz erzählt. Vier
der Männer und die Frau waren Ärzte und Sanitäter. Die anderen waren, abgesehen
von dem Offizier mit seiner strengen Mütze, schwarz gewandete Soldaten und
sämtlich verwundet.
Er räusperte sich, und das Gelächter verstummte. Alle
drehten sich um. »Ich glaube, Sie wollten mich sprechen«, sagte er. »Ich bin
Graf Iaco Bousar Fep Golke.«
Graf Golke war ein ruhiger, silberhaariger Aexegarier in
einer dunkelgrünen Uniform, die abgesehen von den Insignien Aexegarys am
Kragen und auf den Schulterklappen sowie dem goldenen Aquila-Orden am Hals
keinerlei Schmuck oder Verzierungen aufwies. Er hinkte ein wenig, und Gaunt
sah, dass sein ordentlich gestutzter silberner Vollbart wohl auch den Zweck
hatte, alte Brandwunden an Wange und Hals zu verdecken. Er stellte sich als
Chef des Verbindungsstabs vor.
Sie gingen gemeinsam über den Platz vor der Fabrik.
»Wir sind uns bereits begegnet«, sagte Gaunt. »Im Vorübergehen.
Ich war einer der imperialen Offiziere, die Ihnen in jener Nacht im Palast des
Hohen Sezar vorgestellt wurden.«
»Das dachte ich mir«, erwiderte Golke. »Ich muss gestehen,
dass ich in jener Nacht ein wenig abwesend war. Verzeihen Sie, wenn ich
abgelenkt war. Die überraschende Ankunft der Imperiumstruppen, meine
unerwartete Dekorierung ...« Er tätschelte den Goldadler-Orden. Gaunt wusste,
dass Golke die Tatsache unerwähnt ließ, dass er auch von seinem Posten
entbunden worden war. Jene Nacht war das Ende von Golkes vierjähriger Amtszeit
als Oberkommandierender der Streitkräfte der Aexe-Allianz gewesen. Ein Schlag
für seinen Stolz, konnte Gaunt sich vorstellen. Noch ein aufgeblasener
aristokratischer General, der nicht aufgrund seiner Verdienste und
Fähigkeiten, sondern seines blauen Blutes wegen zu Rang und Ehren gekommen und
nun aus dem Amt entfernt worden war, um Platz für die Neuankömmlinge zu
machen. Gaunt erwartete Verbitterung und Ablehnung. Er war überrascht, als er
davon nichts spürte. Golke schien lediglich müde und desillusioniert zu sein.
»Meine neue Rolle«, sagte Golke, während er sich an einen
Torpfosten lehnte, um sein Bein zu entlasten, »jedenfalls wie ich sie
verstehe, besteht darin, die Verständigung zwischen der Allianz und dem
imperialen Expeditionsheer herbeizuführen. All das ist ziemlich formlos und
vage, also muss ich Ihnen danken.«
»Inwiefern?«
»Weil Sie mir etwas Anständiges zu tun geben, Kommissar-Oberst.
Etwas anderes als die sinnlosen Runden aus Willkommensfeierlichkeiten und
Händeschütteln. Sie haben Redjacq Ankre ziemlich aus der Fassung gebracht.«
»Wenn ich offen sprechen darf?«
Golke beschrieb eine einladende Geste mit der Hand.
»Oberst Ankre hat mir gegenüber eine echte Ignoranz zu
erkennen gegeben, was die Methoden moderner Kriegführung betrifft. Er trägt
Scheuklappen und klammert sich an altmodische und diskreditierte Prinzipien und
Strategien. Tatsächlich
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