Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
einzig Wahre. Er
oder Mkoll. Das sind die Allerbesten. Ich dachte, das wäre die Sache. Der ganz
große Schritt nach vorne. Aber er scheint sich nur für Jajjo zu interessieren.«
»Jajjo ist in Ordnung.«
»Sicher. Aber Jajjo kriegt die ganze Aufmerksamkeit. Wen
hat Ven gerade bei sich? Mich? Ich glaube nicht. Habe ich irgendwas falsch
gemacht? Oder mache ich mir irgendwas vor? Oder hat Ven ein Problem?«
»Ein Problem?
»Mit Frauen.«
Larkin senkte seine Waffe und zwinkerte ihr zu. »Wir haben
alle ein Problem mit Frauen.«
Muril lachte. »Nein, im Ernst...«
Larkin hob wieder seine Waffe.
In der Ferne, zwischen den Bäumen, konnte er die
Mitglieder der Abteilung Neunzehn sehen, die gerade den nächsten, mit Fichten
bewachsenen Abhang erklommen.
»Ist dir mal der Gedanke gekommen«, sagte er leise, »dass
Ven sich so viel Zeit mit Jajjo nimmt, weil Jajjo es wirklich nötig hat?«
»Gak!«, sagte sie. Ein strahlendes Grinsen breitete sich
auf ihrem schmalen Gesicht aus. »Da wäre ich nie drauf gekommen, die Sache so
zu sehen.«
»Man muss jeden Blickwinkel berücksichtigen ...«, sagte
Larkin.
Seine Stimme hatte sich zu einem Flüstern gesenkt. Er
ließ das Gewehr in seinen Händen schweben, das Ziel ganz flüssig. Er schwenkte
die Mündung herum. Er blinzelte nicht. Durch das Zielrohr sah er die entfernten
Gestalten, die zwischen den Bäumen auftauchten und wieder verschwanden. Er
wartete auf den Kontakt des Zielrohrs. Die Anzeige leuchtete vor seinem Auge
auf. Ziel erfasst. Vierhundertzweiundsiebzig Meter. Feygors Hinterkopf.
Schwenk. Ziel erfasst. Vier-neunundsiebzig und ein halber.
Brostins Prometheumtanks. Schwenk.
Vier-einundachtzig. Ziel erfasst. Lijah Cuu. Kopfseite.
Korrektur für Seitenwind. Dranbleiben.
»Was machst du da?«, fragte Muril.
Larkin hatte aufgehört zu atmen. Das Gewehr fühlte sich
gewichtslos an. Die Ziel-erfasst-Rune leuchtete jetzt stetig. Sein rechter
Zeigefinger krümmte sich langsam um den Abzug. Lijah Cuu blieb stehen und
wandte sich Gutes zu, um etwas zu ihm zu sagen. Die waagerechte Linie von
Larkins Fadenkreuz zog einen Strich über Cuus Augen. Die senkrechte folgte
beinah genau seinem Markenzeichen, der Gesichtsnarbe. Gleich hier. Gleich
jetzt. Fangschuss.
Larkin nahm das Gewehr herunter, atmete aus und sicherte
die Waffe. »Nur ein paar Zielübungen«, sagte er.
Heqta Jajjo konnte das verdammte Blatt nicht falten. Jedes
Mal wenn er es versuchte, sprang es wieder zurück, und als er schließlich den
Stiel durch das Blatt stieß, riss das ganze Blatt ein.
»Problem?«, sagte eine Stimme.
Jajjo schaute auf. Mkvenner stand vor ihm.
»Gak, Sie haben mich erschreckt.«
»Das ist gut, weil ich ein Späher bin. Und es ist
schlecht, weil Sie auch einer werden wollen.«
»Tut mir Leid.«
»Es braucht Ihnen nicht Leid zu tun. Werden Sie einfach besser.
Was haben Sie für ein Problem?«
»Sie haben mir aufgetragen, das Zeichen hier zurückzulassen.
Ich kriege das Blatt nicht so gebogen.«
Ven ging in die Hocke und riss ein frisches Blatt von
einem Weißdornbusch. »Sie strengen sich zu sehr an. Es ist nur eine Schlaufe.
Es muss ganz beiläufig aussehen.«
Mkvenner produzierte eine perfekte Schlaufe und legte sie
auf einen weißen Felsen.
Jajjo seufzte.
»Sie kommen schon noch dahinter«, sagte Mkvenner, beinah
aufmunternd. »Sie glauben, wir verschwenden unsere Zeit, nicht wahr?«, sagte
Jajjo.
»Warum?«
»Weil wir ungeeignet sind. Ungeeignet für das Spähen.«
Jajjo brauchte das »wir« nicht näher auszuführen. Sie wussten beide, dass er
»Verghastiten« meinte. »Wenn Sie das glauben, verschwende ich lediglich meine
Bemühungen. Übernehmen Sie die Führung.«
»Nur wenn...«
»Übernehmen Sie die Führung, Jajjo. Zeigen Sie mir, dass
Sie sich im Gelände zurechtfinden.«
Jajjo nahm sein Gewehr und pirschte mit gesenktem Kopf
los. Sie hatten ein langes gewundenes Tal voller Pinien mit einer extrem
steilen Schräglage erreicht, auf dessen Boden eine dicke Schicht Nadeln vom
letzten Jahr lag. Der Wind hatte aufgefrischt, und die Bäume schwankten und
rauschten über ihm.
Es war kühl. Die Sonne war nicht mehr zu sehen, und der
Waldboden lag in düsterem Dämmerlicht. Jajjo versuchte, so leise wie möglich
zu sein. Sein Fuß ließ ein Stück morsche Baumrinde knacken, und er drehte sich
schuldbewusst zu der Stelle um, wo er Mkvenner zurückgelassen hatte.
Der Späher war verschwunden. Wie zum Gak machte er das?
Jajjo arbeitete sich zu einer
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