Gauts Geister 6 - Tödliche Mission
durchgeschnittenen
Drähte mit seinen behandschuhten Händen beiseite.
»Folgt mir«, flüsterte Criid.
Kaum fünfzig Meter links von Criid führte Soric seinen
Trupp vorwärts. Trotz der Nähe konnte er nichts von Criids Haufen sehen, auch
nicht von Obels, der angeblich links von ihm vorrückte.
Agun Soric schwitzte unter seiner Haube. Er hasste die
Arbeit damit. Er war blind und taub, da seine ohnehin eingeschränkte Sicht zu
einem jämmerlichen Ausschnitt reduziert wurde.
Der Matsch war die Hölle. Weich, nass und tief. Er saugte
sich an den Stiefeln fest und zog die Füße bei jedem Schritt nach unten, als
sei die Erde hungrig. Soric musste innehalten, um auf Soldat Hefron zu warten,
der seine Stiefel nicht gut genug gesichert und infolgedessen einen im Matsch
verloren hatte.
»Ziehen Sie Ihren verdammten Stiefel wieder an!«, blaffte
Soric in der feuchten Dunkelheit unter seiner Haube.
»Tut mir Leid, Sergeant. Tut mir echt Leid ...«, wiederholte
Hefron ständig. »Halten Sie die Klappe und binden Sie ihn zu!« Soric wartete
und versuchte dabei vernünftig zu atmen und seine Lunge zu füllen. Er
schmeckte nur feuchte, heiße Luft. Der Schweiß lief ihm in das gesunde Auge. Er
konnte ihn nicht wegwischen.
»Gak!«
Hefron erhob sich wieder, und Soric gab ihm eine Kopfnuss
mit auf den Weg. Er hatte selbst erst ein oder zwei Schritte gemacht, als er
über etwas Hartes im Schlamm stolperte und sich lang hinlegte.
Flüssiger Matsch verklebte die Plastiklinsen der Haube. Er
konnte nichts mehr sehen. Er schmeckte schmutziges Wasser, das durch den
Gazefilter einsickerte.
Hände packten ihn und zogen ihn hoch.
»Sergeant? Alles in Ordnung?«
Das war Vivvo im Helmkom.
»Ja.«
»Sind Sie getroffen?«
»Nein, ich bin gefallen.«
»Gak, ich dachte, Sie wären getroffen.«
»Wischen Sie die verdammten Linsen ab, um Himmels willen«,
sagte Soric.
Es quietschte, und er sah wieder etwas. Mit den Fingern
wischte Vivvo den Matsch von den Linsen in Sorics Haube.
»Sind Sie verletzt?«, fragte er.
»Nein. Doch, hab mir das Bein angestoßen. Bin auf irgendwas
gefallen.« Das Atmen fiel ihm jetzt noch schwerer. Soric hatte noch nie solche
Atemprobleme gehabt. Diese verdammte Haube ...
»Geben Sie mir einen Moment, Vivvo. Gehen Sie weiter.
Halten Sie den Trupp zusammen, sonst marschieren sie zu weit voraus.«
Soric ging ein paar Schritt und tastete an seinem Bein
nach der Stelle, wo er sich gestoßen hatte. Irgendwas hatte sich bei seinem
Sturz hineingebohrt.
Er hatte irgendwas in der Tasche. Blind zog er es heraus
und hielt es in die Höhe. Es war der Nachrichtenzylinder aus Messing.
Sorics Herz schlug noch schneller. Er war sicher, das
verdammte Ding in seinem Unterstand zurückgelassen zu haben.
Mit seinen schlammverschmierten, behandschuhten Händen
schraubte er unbeholfen den Deckel ab. Da steckte das gefaltete blaue Blatt
Papier, mit dem er gerechnet hatte.
Durch das verschmierte Visier seiner Haube konnte er die
Schrift kaum lesen. Die Nachricht lautete: »Die Luft ist sauber. Hauben sind
unnötig. Zehn vor der Mühle warnen.« Darunter stand noch etwas, das er nicht
entziffern konnte.
Soric öffnete die Schnallen und nahm die Haube ab. Er
atmete die kalte Luft gierig ein. Sie roch durchdringend nach Brennstoff,
Schlamm und Wasser.
Aber nicht nach Gas.
Er zog die Handschuhe aus, fuhr sich über sein gesundes
Auge und strich den Schweiß in die Haare zurück. »Signalmann! Signalmann!«,
rief er. Mohr, sein Kom-Soldat, stolperte durch den Schlamm zu ihm und starrte
ihn an, als er Soric ohne Haube sah.
»Feth, Sergeant! Der Befehl lautete, Hauben tragen!«
»Die Luft ist sauber«, sagte Soric zu ihm. »Sie können es
über Kom verbreiten. Die Luft ist sauber, und Sie haben mein Wort darauf.«
Mohr kniete in einem Granatloch nieder, stellte sein
Kom-Gerät ein und setzte dabei die Haube ab. Sein junges Gesicht war gerötet
und verschwitzt.
»Geben Sie mir das Sprechgerät«, sagte Soric. »Hier
zwanzig, zwanzig an alle. Die Luft ist sauber, wiederhole, sauber. Ihr könnt
die Hauben absetzen.«
Soric setzte sich, ohne das Sprechgerät wegzulegen. Er
drehte das Blatt Papier, bis so viel Licht darauf fiel, dass er es lesen
konnte.
»Zwanzig, einundneunzig.«
»Einundneunzig, zwanzig. Sind Sie sicher wegen der
Hauben?«
»Sicher. Vertrauen Sie mir, Tona.«
»Verstanden, zwanzig.«
»Zwanzig, einundneunzig. Ich glaube, Sie stoßen bald auf
eine Art Mühle. Jedenfalls ein
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