Gayheimnisse reloaded (German Edition)
tatsächlich ein nettes Plätzchen, welches ich aufsuchen musste. Doch mich durften die Häuser und Kirchen der kleinen, norwegischen Orte im Norden nicht interessieren.
Kurz nach meiner Ankunft trieb es mich direkt in die Wildnis, wo das satte Grün herrschte und kräftige Bäche rauschten.
Die kleine Hütte, die Steven für mich angemietet hatte, lag einen Tag Fußmarsch voraus. Das hieß, ich musste die erste Nacht in der Einöde zelten. Ich mochte gar nicht darüber nachdenken. Schon das Hantieren mit den Zeltheringen brachte mich ins Schwitzen.
Worauf hatte ich mich eigentlich eingelassen?
Seufzend blickte ich mich um. Ich war nicht gerade der sportlichste Typ, doch am Tag hatte ich wenigstens schon die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Weit unten sah ich die kleinen Häuser und weiter rauf blickte ich auf hohe Berge .
In der ersten Nacht fand ich kaum Schlaf. Zu ungewohnt waren die Geräusche der Wildnis, und ich fror, trotz meines Schlafsacks und der dicken Isomatte.
Es war zwar Sommer, doch die Nächte im bergigen Teil von Norwegen blieben kühl.
Somit war ich froh, als ich die erste Nacht unbeschadet überstanden hatte und mir am Morgen mit meinem kleinen Gaskocher einen starken Kaffee aufbrühte und mich auf den neuen Tag vorbereitete.
Als ich am Nachmittag an der kleinen Hütte ankam und mir etwas Warmes zu essen machte, schien die Welt doch nicht so grausam, wie zuerst angenommen.
Bei der näheren Erkundung der Umgebung vergaß ich fast, warum ich hier war. Nochmals sah ich mir die Fotos an. Darauf hätte man mit etwas Fantasie sonst was erkennen können: ein Tier, einen Menschen, vielleicht sogar beides. Was es wirklich war, konnte man nur erahnen.
Doch je mehr ich auf die Fotos starrte und mir bewusst wurde, dass ich hier in der Wildnis fremd und allein, eventuell auf diese Kreatur treffen würde, stellte sich doch ein eigenartiges Gefühl in mir ein.
Dennoch durfte ich keine Angst haben. Angst konnte man riechen, und ich wollte unbedingt eine plötzliche Begegnung mit dem Wesen vermeiden.
Vielmehr wollte ich ihm auflauern, es aufspüren, ganz vorsichtig, am liebsten unbemerkt meine Studien machen.
So baute ich mir nach der zweiten Nacht ohne Vorkommnisse einen Hochsitz weit weg von meiner Hütte. Dort verbrachte ich den ganzen Tag …
Ich war mir sicher: Das Wesen würde sich nicht freiwillig in die Nähe meiner Unterkunft begeben, vielmehr musste ich auf seine Fährte gelangen.
Trotzdem muss ich zugeben: Wirklich glauben, dass es dieses Geschöpf gab, konnte ich nicht. Und so fielen mir auch am späten Abend die Augen fast zu, als ich endlich ein verdächtiges Geräusch hörte. Es dämmerte bereits, aber da es selbst im Spätsommer in Norwegen nie richtig dunkel wurde, konnte ich auch schon bald erkennen, woher dieses Geräusch kam.
Ich sah es in der Dämmerung, braun und haarig. Es brummte und schmatzte, schnüffelte laut.
Meine Kamera hatte das Wesen längst im Visier, trotzdem verdeckten Büsche und Bäume die Sicht. Ich konnte nur schemenhaft erkennen, wie sich das »Tier« auf meinen Hochsitz zubewegte. Hatte es mich gewittert? Mir stockte der Atem. Dennoch machte ich ein paar Aufnahmen. Die Geräusche meiner Kamera wurden durch das Schnaufen der Kreatur überdeckt. Raschelnd schob sich das Laub zur Seite, während sie einen Schritt vor den anderen setzte. Ich beugte mich vor, lehnte mich weit hinaus. Mein Fehler!
Ich fiel vom Hochsitz, dem »Ding« genau vor die Füße. Ich hörte nur noch, wie meine Kamera weiterknipste, dann wurde alles schwarz.
Erst eine ganze Weile später kam ich wieder zu mir. Mein Kopf schmerzte, meine Schulter ebenso wie mein linkes Bein. Als ich die Augen aufschlug, starrte ich an eine steinige Decke, an ein Gewölbe. Ich bemerkte loderndes Licht, den Geruch von Feuer. Schnell wurde mir bewusst: Ich befand mich in einer Höhle.
Ein großer Schreck erfasste meinen Leib. Hatte mich dieses Ungeheuer etwa gefangen?
War ich sein Opfer geworden? Verdammter Mist, wo war ich hineingeraten?
Mühsam drehte ich meinen Kopf. Auch mein Nacken schmerzte. Ob etwas gebrochen war?
Ich erinnerte mich an den Sturz …
Abermals suchte ein Schrecken meinen Körper heim, denn neben mir saß keine Kreatur, sondern ein Mann, fast nackt, und starrte mich an.
Und ich war mir sicher, dass ich nicht träumte.
»Wer bist du?«, fragte ich sofort. »Wo bin ich hier?«
Ich erhielt keine Antwort. Der Versuch, aufzustehen, scheiterte an meinen Schmerzen. Ich verkrampfte
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