Gayheimnisse reloaded (German Edition)
mich, und die Angst kam von allein. Immer noch sah mich der Mann an. Er hatte lange, verfilzte Haare, eine leicht gebräunte Hautfarbe, einen kurzen Bart am Kinn.
»Was willst du von mir?«
Wieder erhielt ich keine Antwort. Stattdessen griff der Mann nach mir, zog die lederne Decke von meinem Körper und begann mich mit warmem Wasser zu reinigen. Ich war, wie er, bis auf die Unterhose nackt, doch er trug eine Art Lendenschurz ebenfalls aus Leder.
Ein Neandertaler? – Nein, dafür war er viel zu hübsch.
Mein Gott, wie absurd meine Gedanken waren.
Ich ließ die Prozedur über mich ergehen. Ich war zu müde, um mich wehren zu können. Auch als er mir eine übel schmeckende Tinktur einflößte, vielleicht Medizin, wehrte ich mich nicht großartig.
Irgendwann schlief ich wieder ein.
Ich träumte unruhig. Ich träumte von Dunkelheit, Schmerzen, die ich mit Sicherheit hatte. Als ich wieder erwachte, lag ich noch immer in der Höhle.
»Oh, nein!«, fluchte ich. Es klang verzweifelt. »Ich will zurück! Lass mich gehen!«
Der fremde Mann antwortete wieder nicht. Er saß neben mir, als würde er Wache halten.
Beiläufig reichte er mir eine Schale mit Suppe. Sie schmeckte ebenfalls ekelerregend, doch ich schlürfte das heiße Getränk gierig. Ich hatte Durst und Hunger. Ich musste hier weg!
Als die Nacht hereingebrochen war, wagte ich einen Fluchtversuch. Der Fremde hatte sich zur Ruhe gelegt, ganz dicht neben mich. Er hatte noch immer kein Wort mit mir gesprochen, und ich hatte die Hoffnung auf eine anständige Konversation längst aufgegeben.
Unter Schmerzen schälte ich mich aus der ledernen Decke, humpelte durch das Gewölbe, auf der Suche nach meiner Kleidung.
Zu meinem größten Leidwesen fand ich sie triefnass auf langen, dünnen Ästen baumelnd. Der Fremde hatte sie gewaschen und zum Trocknen netterweise aufgehängt. Sie waren offensichtlich durch den Sturz vom Hochsitz beschmutzt und auch beschädigt worden.
Doch das hinderte mein Vorhaben nicht. Ich stolperte aus der Höhle, hinein in die Dunkelheit.
Sterne leuchteten am Himmel, doch viel zu schwach, um mir den Weg weisen zu können.
Ich schleppte mich einige Meter davon. Wohin? Ich wusste es nicht.
Umringt von hohen Hügeln, sah ich trotz der relativ hellen Nacht keinen wirklichen Weg. Ich wusste nicht, wo es zu meiner Hütte ging. Es war eine verzweifelte Aktion, die ich geplant hatte, das wurde mir schnell bewusst. Und nach weiteren schrecklichen Metern sank ich darnieder. Mich fröstelte es, mein Bein pochte schmerzhaft.
Verzweifelt schloss ich die Augen. Der Schmerz machte mich ganz benommen.
Plötzlich hörte ich ein Knacken im Unterholz, das mich zusammenfahren ließ. Sofort musste ich an diese Kreatur denken, das Monster, das ich jagte. Ich vergaß fast das Atmen, als ich im Dunklen eine Fackel erkannte, die zielstrebig auf mich zukam.
Als ich den fremden Mann als Fackelträger identifizierte, war ich ehrlich gesagt ein wenig erleichtert. Vor mir machte er Halt.
»Eine Flucht würde ich bei Tageslicht planen. So …« Er deutete auf meine spärliche Bekleidung, »… kommst du nachts nicht weit.«
Er half mir wieder auf die Beine. Mein Erstaunen konnte ich nicht verbergen.
»Du sprichst meine Sprache?«, fragte ich verblüfft. »Wieso hast du nicht schon eher was gesagt?«
Im Schein der Fackel blitzten mich seine Augen unzufrieden an.
»Ich hatte mir eigentlich geschworen, nie mehr zu reden. Mit niemandem!«
Er half mir, stützte mich. Ohne Worte ließ ich mich zurück in die Höhle leiten. Dort fiel ich hundemüde auf das Schlafgemach und ließ mich von ihm zudecken.
Am Morgen nahm meine Neugier allerdings überhand. Mit großen Augen fixierte ich ihn, als er uns einen dieser übelriechenden Kräutertees mixte.
»Wieso wolltest du nicht reden? Wie lange lebst du schon hier?«
»Drei Sommer lang.« Mit einem sanften Lächeln reichte er mir die kleine Tonschale gefüllt mit Tee. Es gab Beeren zum Frühstück und eine undefinierbare Masse von gebackenem Teig. Ich schätzte, dass er die Zutaten selbst gesammelt, verarbeitet und zubereitet hatte.
Eine ganze Weile musterte ich seinen Körper. Er war schlank, sehnig, hatte früher sicher mehr gewogen. Seine Haut war ledern, leicht gebräunt, mit einem dünnen Film von Staub überzogen. Aber er wirkte nicht schmutzig auf mich, eher natürlich und rein.
» Du hast der zivilisierten Welt den Rücken zugewandt?«
Er nickte.
»Jahrelang keinen Kontakt?«
Er schüttelte den
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