Gayles Aabenraa - Sprachkurs fuer die Liebe
Sandro und ging zu ihm, setzte mich auf den freien Stuhl neben dem seinen. Noch waren wir die einzigen Kollegen im Saal, nur die Dänen schienen vollständig anwesend zu sein.
"Und - wie war's?"
Neugierig musterte Sandro mich, während er sich eine Gabel Rührei in den Mund schob. Hatte ich schon erwähnt, dass das dänische Essen wesentlich besser war, als sein Ruf? Eigentlich dachten wir doch immer an Hot dogs in Verbindung mit diesem Land, aber es hatte kulinarisch viel mehr zu bieten.
"Ätzend."
"Habt ihr euch gestritten?"
Sandro runzelte die Stirn und betrachtete ein graues Ding, das auf seinem Teller lag.
"Das nicht."
"Sag mal, was heißt ‚frog log' auf Deutsch?"
"Froschschenkel. Weißt du, der Kerl hat sich doch tatsächlich..."
"Ist hier noch frei?"
Ich verkniff mir meinen Bericht, als sich Andreas mir gegenüber niederließ. Stattdessen musterte ich Sandro, der erschreckend bleich geworden war.
"Alles klar?"
"Mir ist schlecht."
Sich die Hand vor den Mund haltend rannte er aus dem Saal. Nachdenklich betrachtete ich seinen Teller, auf dem noch das gebratene Bein einer Amphibie lag. Sah doch eigentlich ganz lecker aus.
"Hat dir meine Vorstellung gefallen?"
Ich wandte meine Aufmerksamkeit Andreas zu, der sich über den Tisch gebeugt hatte und mich mit einem spöttischen Lächeln ansah.
"Nein, es war - ekelhaft."
"Ach", seine Augenbrauen hoben sich, "aber du hast mir doch das gleiche Spektakel geliefert."
Jetzt war es an der Zeit, stilvoll zu erröten. Zum Glück sah man das bei meiner ohnehin dunklen Hautfarbe nicht so gut, aber heiß wurde mir trotzdem. Also hatte Andreas mir auch beim Wichsen zugesehen, wie peinlich.
"Nicht freiwillig."
Das Frühstück erforderte nun meine ganze Aufmerksamkeit. Kurz überlegte ich sogar, ob ich den Froschschenkel von Sandros Teller stibitzen sollte. Aber mir war eh schon schlecht, also begnügte ich mich mit Brötchen und Rührei. Andreas hatte sich unterdessen den Teller ein zweites Mal befüllt, machte sich mit offensichtlichem Heißhunger über sein Essen her. Auch er hatte diese grauen Dinger vor sich liegen. Mit plötzlichem Interesse beobachtete ich, wie er sich eines dieser Teile in den Mund schob und kaute.
"Magst du Froschschenkel?"
Andreas Gesicht wurde bleich, sein Kiefer hörte auf zu mahlen. Allein dieser Anblick entschädigte mich für die erlittene Schmach. Mit großer Genugtuung sah ich ihn den Saal mit raschen Schritten verlassen. Wozu kulinarische Vielfalt doch gut war, überlegte ich vergnügt. Inzwischen war Sandro zurückgekehrt und nahm neben mir Platz. Er wirkte immer noch bleich und schob seinen Teller von sich weg.
"Also, was wolltest du mir erzählen, bevor Andreas auftauchte?"
"Er hat sich vor meinen Augen einen runtergeholt."
"Unglaublich."
"Ja, und es sah geil aus."
"Echt?"
"Ja", ich seufzte leise, "der Typ sieht aus wie ein Gott, hat einen riesigen Schwanz und megadicke Eier."
"Und er ist ein riesiges Arschloch", ergänzte Sandro trocken.
Tja, da hatte er leider Recht. Endlich erschienen unsere anderen Kollegen im Saal, und die Gespräche wurden lebhafter. Es dauerte eine Weile, bis auch Andreas zurückkehrte. Er sah bleich aus und warf mir einen bösen Blick zu, den ich mit einem spöttischen Grinsen erwiderte.
"Wie du mir, so ich dir", murmelte ich.
Während der nächsten halben Stunde plauderte ich mit meinen Kollegen links und rechts, während Andreas mürrisch seinen Kaffee schlürfte. Er wurde nicht angesprochen, wir ließen ihn einfach links liegen. Besser gesagt: gegenüber sitzen. Trotzdem konnte ich seine Anwesenheit nicht ignorieren, spürte sie mit all meinen Sinnen. Es schien, als seien alle meine Antennen auf ihn ausgerichtet.
"Liebe Gäste", ergriff Preben das Wort, als alle Teilnehmer gesättigt vor ihren Kaffeetassen saßen, "wir werden uns jetzt in Gruppen aufteilen und kleine Rollenspiele machen. Dabei spielen jeweils zwei Deutsche mit zwei Dänen."
Andreas kräuselte verächtlich seine Lippen. Vereinzelt erklangen ablehnende Bemerkungen. Auch ich stöhnte vernehmlich bei dem Gedanken an Rollenspielchen. Zwar hatten die Kollegen der letzten Tranche von den Lehrmethoden berichtet, aber es gehörte einfach zum Schülerleben dazu, sich verächtlich über dieselben zu äußern.
"Ich gehe davon aus, dass die Geräuschkulisse eure Begeisterung ausdrücken soll", sagte Preben mit einem feinen Lächeln.
Auch er spielte seine Lehrerrolle gut. Gehorsam verließen wir also den Saal und begaben uns in die Seminarräume. Getreu dem Motto,
Weitere Kostenlose Bücher