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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Seite eine. Zangenbewegung oder wie man das nennt – Hämmerten auf ihre Schilde. Die verdammten Köter bellten – Furcht einflößend, verflucht – Wir konnten nirgendwohin. Nur untergehen – genau wie letzte Woche in Silverwood. Das gleiche Spiel – Keine Verhaftungen. Nur Angriffe – Dufflecoats. Anoraks. Parkas. Hüte und Schals. Reitstiefel. Doc Martens. Normale Stiefel und Schuhe. Mehr haben wir nicht – nichts, was uns schützen kann vor denen – Ein Kumpel hinter mir geht zu Boden. Wie ein gefällter Baum – hat ein Plexiglasschild direkt in den Nacken bekommen. Einen Knüppel über den Schädel. Ich höre noch, wie der Schädel bricht – Höre ihn schreien, stöhnen – er fällt zu Boden. Bleibt liegen – ich höre das Echo, höre ihn flüstern, hilf mir. Hilf mir – Keith und ich heben ihn hoch. Eine Gesichtshälfte verklebt von Schmutz und Dreck und seinem eigenen Blut – Blut auf unseren Dufflecoats, Anoraks, Parkas, auf Hüten und Schals, Reitstiefeln, Doc Martens, Schuhen. Keith und ich und noch ein paar Kumpel verknoten Taschentücher, um ihm den Kopf zu verbinden. Ich blicke auf. Die Polizisten stehen einfach da und beobachten uns hinter ihren Schilden – Er braucht einen Sanitäter, sage ich. Sie schauen nur auf den Jungen herab, der da in einer Lache seines Blutes liegt. Sie spucken auf ihn. Sie lachen sich schlapp – Hoffentlich krepiert der Penner, sagen sie. Hoffentlich krepiert er – Das werden sie nicht noch mal sagen. Nicht zu Martin Daly. Doch dann marschieren sie einfach davon – um sich neu zu formieren. Um sich für das Dorf bereit zu machen – mit uns sind sie fertig. Jetzt stürzen sie sich aufs Dorf – für den Augenblick sind sie fertig mit uns. Pete legt den Burschen auf den Rücksitz eines Wagens, dazu kommen noch zwei Männer – einer mit einem gebrochenen Arm, der andere mit drei gebrochenen Fingern – Pete erzählt, sie hätten Kevin Barron vermöbelt – Parlamentsabgeordneter für Rother Valley. Unser Abgeordneter – Pete schickt sie alle zum Badsley Moor Hospital. Auf der Heimfahrt sagt keiner ein Wort. Keith schaltet das Radio ein. Da spricht ein verdammter Tory, ein Vertreter der Polizeivereinigung, er sagt der ganzen Welt, die Polizei müsse das Recht erhalten, mit Plastikmunition auf die Streikenden zu schießen – Sein Name lautet Eldon Griffith. Parlamentsabgeordneter und ein Arschloch, das in der Hölle schmoren wird – Keith tritt auf die Bremse, hält an und reißt das Radio aus dem Armaturenbrett. Er steigt aus – wirft das Radio zu Boden. Er springt mitten auf der Straße auf dem Radio herum – Keith Lewis, Bergmann, Vater von zwei Kindern –
Die Erde ist kalt. Die Wunden sind alt
– Das Telefon weckt mich um zwei Uhr früh. Tag 205 . Ich kann nur noch angerufen werden. Was für ein Lärm das Telefon im leeren Haus schlägt – damit könnte man Tote wecken, verdammt. Könnte Cath sein, kann man ja nie wissen – Es ist Keith.
Klick-klick
. Tausende von Polizisten stehen an der Zeche, sagt er. Tausende.
Krk-krk
. Tausende?, frage ich. Machst du Witze? Wär mir lieber, sagt Keith.

NEUNUNDZWANZIGSTE WOCHE
    Montag, 17. September – Sonntag, 23. September 1984
    Der Jude steht in seiner Suite im Claridge’s am Fußende des Betts. Er trägt noch den seidenen Morgenmantel und die Hausschuhe und übt seinen Golfschwung. Der Jude und der Vorsitzende haben das Wochenende in Sir Huberts Haus in Wiltshire verbracht. Die Premierministerin und ihr Gatte sind Samstagabend zum Essen gekommen –
    Sir Hubert hat dem Juden einen Scheck über 250.000 Pfund überreicht –
    Der Jude bedankte sich im Namen des NWMC –
    Der Vorsitzende bedankte sich im Namen des NCB –
    Die Premierministerin bedankte sich im Namen der Nation.
    Der Jude ist noch ganz aufgeregt.
    »Denis ist so trocken wie Zunder«, sagt der Jude. »Sie würden ihn bewundern, Neil. Bewundern.«
    Neil Fontaine lächelt und nickt.
    »Wir haben uns gerade über unsere Freunde in South Yorkshire und den Stalin von Sheffield unterhalten, als Denis, der in aller Stille am Kamin stand und seinen Golfschwung übte, meinte, wir sollten den ganzen Haufen doch einfach einsperren«, sagt der Jude lachend. »Die verfluchten Bergleute einfach einsperren!«
    Neil lächelt und nickt wieder.
    »Und der Vorsitzende«, fährt der Jude mit Tränen in den Augen fort, »der reibt sich übers Kinn, schaut die Premierministerin über den Tisch hinweg an und meint: ›Gar nicht mal so eine schlechte Idee …‹

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