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GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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Gewerkschaft beklagen. Aber ich gehe am Montag wieder arbeiten. Komme, was da wolle – Kev, sagte ich, was soll ich darauf erwidern? Soll ich dir eine Art Absolution erteilen? – Ich habe meinen Einsatz gebracht, erklärte er. Ich habe auf mehr Streikposten gestanden als so mancher andere. Ich nickte. Das hast du. Und jetzt wirfst du das alles weg und bist für den Rest deines Lebens als Scab gebrandmarkt. Er sah weg – zum ersten Mal, seit er sich hingesetzt hatte. Sein Blick wich meinem aus – Es wird ein Ende haben, sagte ich. Es wird nicht mehr lange dauern. Vielleicht ist es sogar am Dienstag schon vorbei, dann hast du nach elf Monaten einen Tag lang den Streik gebrochen. Er blickte auf. Ich schüttelte den Kopf. Vierundzwanzig Stunden lang Streikbrecher, sagte ich. Aber den Rest deines Lebens kennt dich jeder als Kev, den Scab. Und deine Kinder als die Blagen von Kev, dem Scab. Wieder schaute er weg. Zu Boden. Willst du denn so enden wie diese Alten, die höchstens in Sheffield noch ein Bier kriegen? An Orten, wo niemand weiß, dass sie vor sechzig Jahren Streikbrecher gewesen sind. Du kennst doch den Kerl, der oben bei jedem Wetter an der Bushaltestelle steht? Kev nickte. Und du weißt, dass er ein Scab war? Wieder nickte Kev. Weißt du auch, wie viele Tage er damals den Streik gebrochen hat? Kev schüttelte den Kopf und sah mich an. Ich auch nicht. Aber genau das meine ich – egal, ob er nun den ganzen Streik über Scab war oder nur am letzten gottverdammten Tag – er war damals ein Streikbrecher und ist es noch heute. Kev hatte die Augen geschlossen. Er nickte – ich beugte mich vor und legte

NEUNUNDVIERZIGSTE WOCHE
    Montag, 4. Februar – Sonntag, 10. Februar 1985
    Ein Großteil des Landes war überflutet. Das Pfund war weiter gefallen. Es gab ungemeldete Stromsperren, inkompetente Leute. Aber der Fette Mann war zurückgekehrt –
    Vom Tee mit dem Minister im Savoy und vom Dinner mit dem NCB im Ritz

    Um die Lage zu retten –
    Nur Terrys persönliche Lage nicht

    Der Zwangsverwalter verfügte über fünf Millionen Pfund, Gewerkschaftsgeld. Und er hatte seine Finger auch auf dem Geld in Dublin. Er hatte all ihre Strafen bezahlt, er wollte die alleinige Kontrolle übernehmen –
    Terrys Tage waren gezählt. Die Minuten verrannen. Die des Präsidenten ebenfalls –
    »Wir betteln nicht um eine Wiederaufnahme der Verhandlungen und kommen auch nicht zu Kreuze gekrochen«, rief er. »Es hat ganz den Anschein, als wollte man uns zwingen, zu akzeptieren, dass Zechen aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden können, noch bevor wir überhaupt am Tisch sitzen …«
    Aber der Fette Mann nickte nur mit seinem fetten Kopf. Er war nicht gewillt, aufzugeben. Er überredete das Nationale Exekutivkomitee, noch weitere 24 Stunden in der Hauptstadt zu bleiben –
    Den dritten verfluchten Tag
.
    »Ich werde der Suche nach Verhandlungen nicht einfach den Rücken kehren«, erklärte er. »Das Problem ist zu groß, um es anderen zu überlassen.«
    Mist, Mist, Mist

    Terry musste raus hier. Weg. Nach Hause. Er brauchte ein Telefon –
    Terry telefonierte und kehrte in die Zentrale des TUC zurück –
    »Es gibt überhaupt keine Chance, dass die Gewerkschaft jemals solche Bedingungen akzeptiert«, wiederholte der Präsident. »Kein Gewerkschaftsführer, der etwas taugt, würde bei dergleichen mitmachen.
Niemals …
«
    Es klopfte an der Tür. Man reichte dem Präsidenten eine Notiz –
    Er las sie und sah Terry an –
    Terry blinzelte und lächelte. »Was gibt’s denn, Genosse Präsident?«
    »Deine Frau«, antwortete der Präsident. »Ich fürchte, es hat einen Unfall gegeben.«
    Der Jude nimmt an der Enthüllung eines Denkmals für Yvonne Fletcher am St. James’s Square teil. Er trägt einen dunklen Anzug und einen dunklen Mantel und wird von Neil Fontaine beschirmt –
    »Ohne die Polizei«, mahnt die Premierministerin, »gibt es kein Recht und keine Freiheit …«
    Der Jude nickt –
    Seine Augen weichen nicht von ihrem Gesicht; sein Herz ist voller Hoffnung

    Doch sie geht ohne ein Wort des Abschieds, ohne ihn eines Blickes zu würdigen –
    »Wegen ihrer Courage, ihrer Standfestigkeit«, beeilt sich der Jude im Wagen, zu Neil zu sagen, »vergisst man allzu leicht, dass hinter der Maske der Eisernen Lady eine Mutter und eine echte Frau stecken.«
    Neil nickt und fährt den Juden zurück zum Hobart House, wo schon das NWMC auf sie wartet.
    »Wir haben noch viel zu tun, Neil«, sagt der Jude. »In

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