Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
Vom Netzwerk:
ein. Sie müssen. Wisst ihr, was mir letzte Woche ein Kumpel gesagt hat?, fragte ich. Er sagte, Pete, ich hab diese verdammten Scabs in Nottingham aus tiefstem Herzen gehasst. Aber weißt du was? Wenn ich nicht gegen die hätte streiken können, hätte ich gar kein Geld gehabt. Ich hätte hungern müssen – Kein Streik. Kein Geld. Keine Scabs. Nix zu beißen – Ohne die hätten wir richtig hungern müssen. Hört mal, meinte Dave. Das klingt, als wären dies die letzten verdammten Tage des beschissenen Dritten Reichs. Es ist aber noch nicht vorbei – Doch keiner sagte etwas. Wir standen auf und kehrten nach Hause zurück, um den Kumpeln zu sagen, dass sie nicht mal mehr ihre eigene Zeche bestreiken konnten, nur noch sechs Mann –
Ich sehe einen Mann hinter mir. Das Wasser hat ihn fast erreicht
– Er hockte vor unserer Haustür . Durchgeweicht – wie eine ertrunkene Ratte. Zitternd – Am liebsten hätte ich ihm eine reingezimmert. Wo zum Henker bist du die ganze Zeit gewesen? Ich hab mir Sorgen um dich gemacht – Tut mir leid, sagte er. Cath ist weg. Das Haus ist futsch. Ich hab das nicht mehr ausgehalten – Du Dreckskerl, sagte ich. Ich hab dich schon am Grund des Rückhaltebeckens vermutet – Tut mir leid, wiederholte er. Ich weiß nicht, wohin sonst – Ich schloss die Haustür auf. Machte das Flurlicht an. Er sah fürchterlich aus. Wo bist du denn gewesen, Mann? Hab Maurerarbeiten in London gemacht. Dann war ich in Southampton – Warum hast du denn nichts gesagt?, fragte ich. Die Leute haben sich riesige Sorgen um dich gemacht – Tut mir leid, wiederholte er. Ich wollte nichts sagen, ich wollte kein Mitleid – Ist doch kein Mitleid, wenn es von deinen Freunden kommt, oder? Ich machte im Vorderzimmer den Kamin an und holte ihm ein paar saubere Klamotten. Danke, sagte er. Am besten, du bleibst hier, meinte ich. Bis du wieder klar siehst – Mary hat doch bestimmt was dagegen, oder? Vielleicht, antwortete ich. Aber sie wird dich nicht auf die Straße setzen, oder? Ich ging, damit er sich umziehen konnte, machte ihm Tee

FÜNFZIGSTE WOCHE
    Montag, 11. Februar – Sonntag, 17. Februar 1985
    Neil Fontaine träumt von ihrem Schädel. Ein endloser Albtraum.
Ihr Schädel und seine Kerze
. Er schreit in dem Zimmer im County Hotel. Das Licht brennt. Immer. Er kniet neben dem Bett. Alle Notizbücher sind fort. Er nimmt die Stunden auseinander, die Tage, die Monate und Jahre. Ihre Leben und ihre Tode, er schleudert die Stücke gegen die Wand, reißt die Vorhänge herunter, wirft sie aufs Bett. Das Bett ist leer, die Laken sind alt und fleckig –
    Sie wollen, dass manche Dinge scheitern und manche erfolgreich sind
.
    Neil steht am Fenster. Totes Licht, elektrisches Licht –
    Sie haben manche Dinge erfolgreich werden lassen und manche zum Scheitern gebracht

    Ständig solche Augenblicke. Es gibt nur noch solche

    Aber wie lange noch?
    Klick-klick.
    Er hatte aus den Schatten angerufen (wo immer Nacht war)

    »Malcolm«, hatte er gesagt, »hast du zu tun?«
    »Warum?«
    »Ich würde mir gern für eine Weile deine Ohren leihen, falls sie zur Verfügung stehen.«
    »Irgendwas Hübsches?«
    »Shrewsbury«, hatte er gesagt. »Wenn dir das gefällt.«
    »Wenn der Preis stimmt.«
    »Zweieinhalb plus Spesen.«
    »Du weißt ja, wo ich bin.«
    »Ja«, hatte Neil Fontaine gesagt. »Ich weiß, wo du bist.«
    In den Schatten (wo immer Nacht war, verdammte, endlose Nacht)

    Klick –
    Das war an einem Freitag gewesen, 9. März 1984
.
    Der Jude ist wieder unten am Meer, in Bournemouth, mit den Jungen Konservativen, die die ersten glorreichen zehn Jahre feiern. Ein großer Sprung nach vorn für die Lady. Der Jude hat extra eine Karte gekauft –
    »Valentine«
, hat er mit der Hand auf dem Herzen gesungen,
»won’t you be my Valentine?«
    Auch Neil hat einen Platz in seinem Herzen. Und er hat ihm eine Menge Aufträge zurückgelassen –
    »Müßiggang«, hat er gesagt. »Sie wissen ja, was man über Müßiggang sagt, oder, Neil?«
    Neil hat genickt und seinen Stift gezückt –
    »Es gibt noch so viel zu tun«, sagte der Jude. »Charakter formen, Herzen gewinnen.«
    Die Rückkehrerzahlen beobachten. Piers & Co assistieren. Den Vorsitzenden chauffieren

    Non-Stop-Neil, das ist er jetzt. Von A nach B und wieder zurück –
    Vom Hobart House zum Eaton Square, von dort zum Congress House. Zurück zum Eaton Square, von dort zum Thames House. Zurück zum Eaton Square, von dort zum Ritz, dann zum Congress House. Zurück

Weitere Kostenlose Bücher