Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
GB84: Roman (German Edition)

GB84: Roman (German Edition)

Titel: GB84: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
Vom Netzwerk:
sagte ich. Du weißt ja, manche haben dich für einen Streikbrecher gehalten – Ich weiß, erwiderte er. Ich hab ja gesehen, was sie mit dem Haus angerichtet haben – Tut mir leid, sagte ich. Er lachte. Ist doch nicht mehr mein Haus, meinte er. Ich stand auf und fragte, bist du morgen auch noch hier? Er nickte. Tut mir leid, Pete, wiederholte er noch mal –
Nur ein Mann. Aber nicht Martin
– Die letzte Anstrengung. Die letzten Tage – Das NCB wollte seine 50 Prozent. Das NCB wollte uns besiegen – Die Entscheidung lautete, nach Wath zu gehen. Gegen den Willen des Bezirks. Aber jeden interessierte es nun einen Dreck, was der andere davon hielt – Das Ganze war jetzt eine sehr persönliche Angelegenheit, und wenn du noch immer auf Streik warst, dann aus eigener Entscheidung – nicht weil es dir jemand gesagt hatte. Nicht weil dich jemand eingeschüchtert hatte – Ein paar Aufmärsche standen noch aus. Aber der hier wirkte wie das letzte Aufgebot. Gleich von Anfang an – Die Polizei war in Unterzahl und musste Nachschub anfordern.
Krk-krk
. Kaum waren die Polizisten aus ihren Mannschaftswagen raus, da stürzten sie sich auch schon auf uns. Sie waren hier aus der Gegend – aus dem beschissenen South Yorkshire. Gesetzeshüter, für die wir mit unserem eigenen Lohn bezahlten – Die hatten noch eine Rechnung zu begleichen, wie es aussah, die waren schlimmer als alle anderen während des ganzen Streiks – Aber ich war wie taub alldem gegenüber – Ich sah, wie sie sich einen Kumpel griffen und zu Boden schlugen. Sie sprangen auf ihm herum. Mit dicken schwarzen Stiefeln auf seiner Brust. Auf und ab. Auf und ab. Wie Tiere – von der Regierung von der Leine gelassen. Sie durften tun, was immer ihnen in den Sinn kam – bisher waren sie mit allem durchgekommen. Jetzt gab es kein Zurück mehr – Der einfache Mann hatte keinerlei Rechte. Nicht in diesem Augenblick – Sobald wir konnten, eilten wir zu unseren Wagen zurück – Keith, Martin, Chris und ich. Die meisten anderen auch – Wir fuhren von Wath zum Welfare Club . Dort warteten nur noch mehr Gerüchte und Sorgen auf uns – Gerede darüber, dass jetzt schon vierhundert Kumpel zur Arbeit gingen. Und mehr bräuchten sie auch nicht – Die jüngeren Streikbrecher hatten wieder mal das Gerücht gestreut. Zum Kotzen – Die letzten zweihundert würden gefeuert – ausgemustert. Jeder, der länger streikte als ein Jahr, sollte automatisch entlassen werden – Die neuen Arbeitsverträge sähen kein Streikrecht mehr vor. Den Streikenden würden die Kündigungsrechte entzogen – Jeder, der länger als zwölf Monate draußen war, müsste sich einer ärztlichen Untersuchung unterziehen. Das war ein Gerücht, das die Leute wirklich aufbrachte – Ich werde meine Arbeit verlieren, sagte Billy. Ich hab mein ganzes Leben da unten verbracht, einen Termin beim Amtsarzt überstehe ich nicht. Nicht mit meiner Lunge. Aber ich bin doch nicht die ganze Zeit im Ausstand geblieben, damit die Lady und ihre Arschkriecher mir aus Gesundheitsgründen die Arbeit wegnehmen. Die Gesundheit haben sie mir doch selbst genommen – Das stimmt doch alles nicht, beruhigte ich ihn. Das ist nur ein Gerücht – Das sagt du, entgegnete Billy. Aber du weißt genauso viel wie wir, und es tut mir leid, aber wenn wir wieder arbeiten gehen, kannst du uns eh nicht mehr helfen. Nicht bei der Position, in der die Gewerkschaft gerade ist. Er hatte recht. Ich konnte ihm nichts mehr sagen – nichts, was das Ganze besser machte. Nichts, was es wieder so werden ließ, wie es vorher gewesen war – Bei diesem Tempo waren die Streikbrecher bald in der Mehrheit. Den Unity Club hatten sie schon übernommen, und nun verbreiteten sie das Gerücht, dass ihr Einsatzkommando bald mit den letzten Streikenden aufräumen würde – Sie hatten schon ein paar jüngere Kumpel so lange bedrängt, bis die wieder arbeiten gingen. Die Kinder von anderen Kumpeln bedrohen – so waren die drauf. Trotzdem brauchten sie noch immer einen vergitterten Bus, um zur Arbeit zu fahren. Einmal waren sie zu Fuß reingekommen, aber nur mit gesenktem Blick – Billy, sagte ich, heute Morgen habe ich zwei Scabs meine Straße entlanggehen sehen. Und weißt du, woher ich wusste, dass es Scabs waren? Der eine ging vorwärts, der andere rückwärts. Das warst du, nicht, Billy? Du gehst rückwärts eine dunkle Straße entlang, weil du dich so sehr für das schämst, was du getan hast. Weil du solche Angst hast davor, was die Leute sagen oder tun

Weitere Kostenlose Bücher