GB84: Roman (German Edition)
»Hast du irgendwelche Angehörigen, Joyce?«
Sie starrt ihn weiter an
.
»Wen?« fragt der Mechaniker
.
»Meinen Sohn«, antwortet sie
.
»Wie alt ist er?«
»Neun.«
»Und wo ist er gerade?«
»In der Schule.«
»Wo ist die?«
»Worcester.«
Der Mechaniker schaut auf die Uhr am Armaturenbrett. »Wann ist die Schule aus?« fragt er
.
»Viertel vor vier.«
»Wer holt ihn ab?«
»Ich oder sein Dad.«
»Sein Dad?« fragt der Mechaniker. »Wer ist sein Dad?«
»Vince«, antwortet Joyce. »Vince ist sein Dad.«
Der Mechaniker lehnt sich zurück. Er sieht ein junges Pärchen aus dem
Little Chef
kommen. Er schaut zu, wie sie durch den Regen zu ihrem Wagen eilen
.
Joyce presst ihre Hände zwischen den Beinen zusammen. »Was soll ich denn jetzt machen?« fragt sie
.
»Geh und hol dein Auto«, sagt der Mechaniker. »Die Polizei wird schon auf dich warten.«
»Haben die ihn schon gefunden?«
»Nein«, antwortet er. »Aber ich habe das Büro in Brand gesteckt.«
Joyce fängt an zu weinen und zu zittern
.
»Denk an deinen Sohn«, sagt er. »Denk an ihn, und du wirst es schaffen.«
Sie wischt sich die Augen mit einer Hand trocken, nickt und fragt: »Was soll ich denn sagen?«
»Du hast Vince seit letzter Woche nicht gesehen. Er war wegen seiner Ehe ganz niedergeschlagen. Du bist heute Morgen ins Büro gegangen. Vince war nicht da. Dann hast du ihn gesucht. Es gab keinerlei Hinweise. Du bist ins Büro zurückgekommen. Feuer.«
Sie fängt wieder an zu weinen. »Ich bin voller Blut. Die glauben mir doch kein Wort. Die werden denken, ich hab Feuer gelegt. Ihn umgebracht.«
»An dir ist kein Blut, Kleine«, sagt der Mechaniker. »Kein Tropfen.«
An einem Tag gewannen sie. Am nächsten verloren sie –
Der Richter erklärte, der Präsident habe nicht im besten Interesse der 350.000 Leistungsempfänger der Rentenkasse gehandelt. Er urteilte, der Präsident habe seine rechtlichen Pflichten verletzt, und ordnete an, dass der Präsident das Embargo von Auslandsinvestitionen aufhob. Der Richter drohte damit, den Präsidenten aus dem geschäftsführenden Vorstand der Rentenkasse zu entfernen, falls er sich dieser Anordnung widersetzte.
Terry Winters hielt vor dem High Court ein Taxi an. Fünf Mann quetschten sich hinein, der Präsident auf der Rückbank in der Mitte. Er tobte. Terry sah auf die Uhr. Sie würden den Zug um 16 Uhr nicht mehr erreichen. Der Präsident wischte sich das Gesicht mit dem Taschentuch ab. Er hasste London und den Süden. Terry drehte sich um und sah über die Schulter des Taxifahrers hinweg nach draußen. Nichts rührte sich. Der Präsident fuhr sich sanft übers Haar. »So sieht britische Justiz aus«, sagte er.
Alle nickten.
Terry Winters sah wieder auf die Uhr. Er musste sich eine Ausrede einfallen lassen. Der Präsident richtete sich die Krawatte. Sein Kragen war durchgeweicht. Terry kurbelte das Fenster herunter. Aus dem Radio in dem Wagen neben ihnen dröhnte laut Popmusik. Der Präsident streckte die Hand aus und kurbelte das Fenster wieder hoch. Er lehnte sich zurück, fuhr sich übers Haar und sagte: »Ich bin enttäuscht, nicht überrascht.«
Alle nickten.
Terry Winters legte sich die Aktentasche auf die Knie. Er öffnete sie und suchte darin herum. Der Präsident schaute zu. Terry sah auf die Uhr. Wieder suchte er etwas in seiner Aktentasche. Der Präsident beugte sich vor. »Was ist denn, Genosse?«
Alle nickten.
Wieder sah Terry auf die Uhr und durchsuchte noch einmal seine Aktentasche. »Ich glaube, ich habe eine der Akten im Gericht liegen gelassen. Ihr werdet mich absetzen müssen.«
Alle nickten.
Terry hielt das Taxi an und stieg aus. Er gab Joan das Taxigeld und die Fahrkarten. »Macht euch um mich keine Sorgen«, sagte er. »Und wartet nicht.«
Alle nickten –
Außer Paul. Paul schüttelte den Kopf und schaute ihm nach, bis er verschwunden war.
Er kauft Hundefutter, einen Dosenöffner, Brot, Wasser. Er fährt auf einen Rastplatz, füttert die Hunde und lässt sie frei herumlaufen. Er sitzt bei offener Tür im Wagen, isst und trinkt. Er nimmt die drei Akten heraus, liest sie und verbrennt sie neben dem Straßenrand. Er pfeift. Die Hunde gehorchen und springen hinten in den Wagen. Er legt den Dosenöffner ins Handschuhfach, schließt die Tür und startet den Motor
–
Der Mechaniker weiß, wo Julius Schaub ist
.
MARTIN
Garde. Die Aushilfstruppe von Labour und Gewerkschaft – das sind wir. Dreitausend Polizisten aus dem ganzen Land.
Krk-krk
. Die haben sie
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