GB84: Roman (German Edition)
an und fahre nach Thurcroft. Gehe in den Welfare Club. Sie suchen nach Leuten, die für ein paar Tage nach Nottingham gehen. Ich genehmige mir ein paar Drinks und schreibe mich ein. Tag 50 . Harworth. Um halb zehn sind wir ausgehungert. In der Menge gibt’s eine Lücke. Ich verschwinde mit Little John und Keith durch eine Seitengasse. Wir betreten einen Zeitungsladen, der auch Sandwiches und Pasteten verkauft. Ich hab ein paar Wurstbrötchen und eine Dose Limo in der Hand, da kommen Bullen rein – Drei. Weiße Hemden. Keine Nummern. Aus der Stadt.
Krk-krk
. Was zum Teufel machen Sie hier? Brötchen und Limo kaufen. Nein, tun Sie nicht. Raus hier. Ich hab noch nicht bezahlt. Sie haben kein Geld, Sie Penner. Raus hier. Aber – Sind Sie taub und blöd? Raus, verdammt. Der Typ hinter der Theke steht da und hält Maulaffen feil. Wir legen das Zeug zurück. Keith dreht sich zu dem Typen um. Entschuldigung, sagt er. Schnauze und raus hier, sagt der Bulle. Wir gehen hinaus – Sie schubsen uns. Über die Straße. Los, sagen sie. Beine in die Hand. Wir überqueren die Straße zu der Weide, wo alle eingepfercht sind. Polizei ringsherum, drei Reihen tief. Meilenweit von den Streikbrechern und dem Zufahrtstor entfernt. Wir sind fast da, als ein Mordsgeschrei losgeht. Die Kumpel stürmen mit einem Kricket-Sichtschutz vor sich auf die Bullen zu. Die Polizei geht zum Gegenangriff über. Der Sichtschutz donnert direkt in ein halbes Dutzend Polizisten. Die Kumpel rennen auseinander, überwinden den Zaun. Hundert Polizisten jagen hinter ihnen her. Die anderen Kumpel stürmen heran – Zäune werden umgerissen, manche schnappen sich Holzlatten – Wir stehen auf der Straße hinter der Polizeisperre. Von hinten rollen Polizeifahrzeuge an. Kipper für die Zeche. Streikbrecher. Gedränge. Steine fliegen – Scheiß drauf, sagt Little John. Wir verschwinden wieder in der Seitengasse. Drehen uns um. Niemand verfolgt uns. Wir betreten wieder den Laden. Nehmen uns jeder ein Wurstbrötchen und eine Limo. Zahlen. Gehen raus und marschieren auf die Zeche zu – eine verdammte Schlacht. Zehntausend Mann, die sich gegenseitig die Scheiße aus dem Leib prügeln – das reinste Mittelalter. Tiefstes Mittelalter. Wir drei stehen nur da – essen unsere Brötchen. Machen uns fast in die Hosen. Tag 51 . Als Erstes rufe ich Pete an. Ich sage ihm, ich bin nicht mit dabei. Bin nicht scharf drauf, ehrlich gesagt. Nicht nach gestern. Ich schalte das Frühstücksfernsehen ein – Man redet wieder mal davon, die Armee zu mobilisieren, um Kohle zu transportieren. Cath kommt nach unten. Steht hinter dem Sofa. Sagt kein Wort. Ich schalte die Glotze aus. Sie geht in die Küche. Ich folge ihr. Lege ihr die Hände um die Taille. Tut mir leid, sage ich. Sie nickt. Ich gebe ihr einen Kuss auf die Haare. Lass uns am Wochenende nach Whitby fahren, sage ich. Sie schüttelt den Kopf und weint. Können wir uns nicht leisten, sagt sie. Ich drehe sie herum und sage, nicht zu fahren können wir uns auch nicht leisten. Dann essen wir eben im Auto, wenn’s sein muss. Sie lächelt. Zum ersten Mal seit Langem. Tag 52 . Pete rief nachts an und fragte, ob ich heute dabei sei. Hab ihm gesagt, ich würde mich immer noch nicht gut fühlen. Konnte an seiner Stimme erkennen, dass er mir nicht glaubt – ist mir aber egal. Hab praktisch jeden Tag mitgemacht, seit wir angefangen haben. Meine Nerven sind am Ende. Ich schalte nicht mal mehr die Glotze an. Da verbringe ich den Tag lieber im Garten. So ist wenigstens Cath glücklich. Hab das Abendessen fertig, als sie nach Hause kommt. Würstchen und Stampfkartoffeln. Lecker. Früh ins Bett, damit wir für morgen ausgeschlafen sind. Als ich oben bin, klingelt das Telefon. Egal, denke ich. Soll’s doch klingeln. Aber Cath geht runter. Martin, sagt sie, ist für dich. Ich gehe zu ihr. Wer ist denn dran?, frage ich. Sie hat eine Hand über dem Hörer. Mr. Moore aus der Zeche, antwortet sie. Ich nehme das Telefon. Martin Daley, sage ich. Cath rührt sich nicht. Sie steht da und beobachtet mich. Ich höre zu. Keine Ahnung, wer Ihnen das gesagt hat, antworte ich schließlich. Sie steht da und beobachtet mich. Die haben sich geirrt, sage ich. Steht da – Ja, sage ich. Ich weiß, wo Sie sind. Gute Nacht. Beobachtet mich.
Ihr warft uns in eine Grube
. Ich lege auf. Tag 53 . Wir fahren früh los. Richtung York. Umfahren Ferrybridge, Drax, die ganze Gegend. Kommen durch Malton. Pickering, die North York Moors. Schön. Nettes Mittagessen im Pub.
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